25 Jahre Kinderschutzarbeit in Tirol

Von „Tangram“ bis Tiroler Kinder und Jugend GmbH: ein Rück- und Ausblick

Das Tiroler Kinderschutzzentrum blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Gegründet als autonomer Verein mit dem Titel „Tangram“ im Jahre 1992 leistete dieser Pionierarbeit in Sachen Kinderschutz. Das Land Tirol übernahm die Agenden im Jahr 2002 und führte die Kinderschutzarbeit unter dem Verein Tiroler Kinderschutz bis ins Jahr 2008 weiter. 2009 wurde dieser dann in die gemeinnützige Tiroler Kinderschutz GmbH umbenannt. „Da sich das Tätigkeitsfeld vergrößert hat, wurde der Name der GmbH erweitert und zwar auf Tiroler Kinder und Jugend GmbH. Mittlerweile vereint diese neben der ältesten Säule Kinderschutz auch die Säulen SCHUSO-Schulsozialarbeit und die Krisen-WG Turntable unter ihrem Dach. Damit deckt die Tiroler Kinder und Jugend GmbH ein breites Spektrum an Aufgabengebieten ab“, berichtet LRin Christine Baur, die in Tirol für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig ist.

„Der Kinderschutz als älteste Säule ist immer noch ein zentrales Aufgabengebiet“, betont Karin Hüttemann, Geschäftsführerin der Kinder und Jugend GmbH. „Die Kinderschutzarbeit wird von den bestehenden Kinderschutzzentren in Innsbruck, Imst, Lienz und Wörgl geleistet. Im Jänner 2018 wird in Pflach bei Reutte die fünfte Stelle des Tiroler Kinderschutzes eröffnet. Darüber freuen wir uns sehr“, so Hüttemann.

Sicherstellung des Kindeswohls

„Die Sicherstellung des Kindeswohls ist die prioritäre Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe. Dabei stellt der Kinderschutz einen der wichtigsten Bereiche dar“, stellt Silvia Rass-Schell, Vorständin der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe des Landes Tirol klar. Der Tiroler Kinderschutz sei bei sexuellen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen bzw. Missbrauchsverdacht die erste Anlaufstelle der Behörde. Wenn es zu einem Verdacht der Misshandlung oder anderen Gewaltformen gegen Kinder und Jugendliche im Familienverband kommt, so wird die Kinder- und Jugendhilfe tätig: „Im Jahr 2016 wurden insgesamt 3.184 Gefährdungsabklärungen durchgeführt“, informiert Silvia Rass-Schell. Diese Zahlen hätten sich verglichen mit den vergangenen Jahren nicht gravierend verändert.

Beratung, Prozessbegleitung und Psychotherapie

Kinderschutzarbeit ist dann notwendig, wenn es konkrete Hinweise auf sexuelle, körperliche oder psychische Gewalt an Kindern und Jugendlichen gibt, bzw. auch dann, wenn ein Verdacht besteht, dass Kinder oder Jugendliche nicht ausreichend geschützt sind. „Unsere Angebote reichen von Beratung und Prozessbegleitung bis hin zu Psychotherapie für betroffene Kinder und Jugendliche und deren Bezugssystem“, informiert Martin Schölzhorn, Fachbereichsleiter Kinderschutz in der Tiroler Kinder und Jugend GmbH, in dessen Aufgabengebiet auch Fortbildungen und Schulungen unterschiedlicher Berufsgruppen sowie Öffentlichkeitsarbeit fallen. „Unser Ziel ist es, Schutzmaßnahmen aufzubauen und die Lebensbedingungen für die Kinder und Jugendlichen so zu gestalten, dass deren Sicherheit gewährleistet ist. In der Praxis ist dies nur in einer engen Kooperation möglich: mit den Eltern, den nahen Bezugspersonen sowie mit der Kinder- und Jugendhilfe und anderen Einrichtungen. Auch mit der Schule oder dem Kindergarten sowie anderen Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, arbeiten wir zusammen“, betont Schölzhorn.

Kinderschutzarbeit – Quo Vadis? 

Das Spannungsfeld in der Kinderschutzarbeit zwischen der Hilfeorientierung, d.h. der psychosozialen Arbeit einerseits und der Strafverfolgung als Weg der Wahrheitsfindung sowie einer möglichen Verurteilung des Täters andererseits habe sich laut Schölzhorn in den vergangenen Jahren deutlich „zugespitzt“. „Ich erachte die Verrechtlichungstendenz im Umgang mit Sexualdelikten, die auch im Kinderschutz Einzug hält, als sehr problematisch. Durch die Täter-Opfer-Dynamik kommt es zu einer Polarisierung und es bilden sich Fronten. Dies schadet primär den betroffenen Kindern und Jugendlichen“, stellt Schölzhorn klar.

Auch die Sexualisierung und Pornografisierung – unter anderem in den sozialen Medien – sind Problemfelder, denen sich der Kinderschutz zu stellen hat. „Klar ist: Täterschaft und auch die Missbrauchsformen ändern sich. Die Folgen dieses Negativtrends sind noch nicht ganz absehbar“, so Schölzhorn.