Gewalt an Frauen: Hinschauen, handeln und Schutz bieten

16 Tage gegen Gewalt an Frauen

„Gewalt an Frauen ist eine der am weitesten verbreiteten Menschenrechtsverletzungen. Ein Thema, das uns alle angeht“, stellt Frauenlandesrätin Christine Baur anlässlich der morgen startenden „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ klar. In der Zeit zwischen dem 25. November – dem Internationalen Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen und Mädchen – und dem 10. Dezember – dem Internationalen Tag der Menschenrechte – soll das Thema Gewalt an Frauen verstärkt in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt werden.

„Bei Gewalt darf niemand wegschauen. Es braucht Zivilcourage, um aktiv dagegen aufzutreten und zu helfen. Wird man Zeugin oder Zeuge eines Übergriffs beispielsweise in einem Lokal, auf der Straße oder in der Nachbarwohnung so muss unverzüglich gehandelt werden“, ist LRin Baur überzeugt, denn: „Entscheidend ist, dass Menschen, die von Gewalt bedroht sind, nicht alleingelassen werden. Aktiv zu werden, für jemanden eintreten und zu helfen – dafür braucht es Mut und Zivilcourage“. Unter www.gewaltfrei-tirol.at sind Informationen und Tipps für das beste Verhalten für ZeugInnen von Gewaltsituationen zu finden. Damit die Homepage stärker publik und insbesondere über das Thema geredet und nachgedacht wird, wurden im Auftrag des Landes Tirol Döschen mit „Zivilcourage-Pillen“ produziert, die in den 16 Tagen gegen Gewalt an Frauen und in den mit dem Thema befassten Einrichtungen verteilt werden.

Sexualisierte Gewalt

Eine sehr weitverbreitete Form der Gewalt an Frauen und Mädchen ist die sexualisierte Gewalt. „Sexualisierte Gewalt hat viele Gesichter. Sexuelle Belästigung ist ganz klar eine Form davon“, weiß Katharina Hölbing vom Verein Frauen gegen VerGEWALTigung, die auf die 2016 eingeführte klare Regelung zur sexuellen Belästigung im Sexualstrafrecht verweist: „Sexuelle Belästigung wird strafrechtlich verfolgt. Es gibt aber auch grenzüberschreitende Handlungen, die nicht strafrechtlich verfolgbar sind. Und auch diese sind ernst zu nehmen“. Die Motivation für eine Grenzüberschreitung im sexuellen Bereich sei niemals Leidenschaft, Erotik oder gar Liebe. „Es geht dabei immer um die Ausübung von Macht. Sexuelle Übergriffe passieren in Situationen des alltäglichen Lebens, vor allem dann, wenn es unterschiedliche Machtpositionen gibt“, weiß Hölbing.

Neues Frauenhaus

Sind Frauen in ihren eigenen vier Wänden sicher, so sind Opferschutzeinrichtungen Zufluchtsstätten für von Gewalt betroffene Frauen und deren Kinder. „Im Jahr 2016 wurden insgesamt 6.206 von Gewalt betroffene Frauen in den vom Land Tirol unterstützten Einrichtungen – das Tiroler Frauenhaus, die Initiative Frauen helfen Frauen, der Vereines Dowas für Frauen, der Verein EVITA und das Osttiroler Frauenzentrum – beraten. Aktuell stehen in den Frauenhäusern und Wohngemeinschaften sowie Notwohnungen insgesamt 76 Plätze zur Verfügung, davon 32 für Frauen und 44 für Kinder. Im Rahmen des Betreuten Wohnens im Frauenbereich haben wir weitere 69 Plätze. Nachdem das bestehende Tiroler Frauenhaus weder räumlich noch baulich zeitgemäß ist, wird es aufgelassen und an einem anderen Ort neu errichtet. Mit dem Neubau werden weitere 14 Plätze für schutzsuchende Frauen und deren Kindern in Tirol geschaffen “, berichtet LRin Baur, die anlässlich der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen zum symbolischen Spatenstich für das neue Frauenhaus lädt. Da der Standort des Frauenhauses geheim bleibt, erfolgt dieser am Landhausplatz.

„Im Frauenhaus haben die von Gewalt betroffenen Frauen die Möglichkeit, in Ruhe und ohne Druck zu überlegen, wie es weitergehen soll. Die Frau entscheidet selbst, ob sie sich von ihrem Mann trennt oder nicht. Auch die Kinder bekommen adäquate Hilfe und Unterstützung“, berichtet Gabi Plattner, Geschäftsführerin des Tiroler Frauenhauses, das die Trägerschaft des neuen Frauenhauses übernimmt. Die Mitarbeiterinnen der Frauen- und Opferschutzeinrichtungen leisten unbürokratische Soforthilfe und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sie vertreten die Position der misshandelten Frau nach außen und helfen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Darüber hinaus leisten die Mitarbeiterinnen „Hilfe zur Selbsthilfe“, indem sie die betroffenen Frauen beim Aufbau einer selbstbestimmten und unabhängigen Existenz unterstützen.

Finanziert wird der Betrieb des Frauenhauses von Land Tirol und von den Tiroler Gemeinden über Tagsätze im Rahmen des Tiroler Mindestsicherungsgesetzes sowie auf Subventionsbasis. Auch der Bund ist an der Finanzierung beteiligt. Die Kosten des laufenden Betriebs verteilen sich auf 65 Prozent Land und zu je 35 Prozent auf die Gemeinden Tirols. „Gäbe es keine häusliche Gewalt, bräuchte es auch kein Tiroler Frauenhaus. Dies entspricht aber leider nicht der Realität und daher wird das neue Frauenhaus eine wichtige Opferschutzeinrichtung für Frauen aus ganz Tirol sein“, betont Bgm Arno Guggenbichler, Vorstandsmitglied des Tiroler Gemeindeverbandes. Auch Innsbrucks Stadtrat Franz X. Gruber sieht im neuen Frauenhaus eine wertvolle Ergänzung des bestehenden Angebots: „Jeder Mensch hat das Recht auf ein gewaltfreies Leben. Wenn dies nicht gewährleistet ist, müssen entsprechende Zufluchtsstätten vorhanden sein, wo von Gewalt betroffene Frauen Schutz, Beratung, Hilfe und Unterstützung vorfinden“.

Fokus Gewaltprävention

Das Land Tirol setzt zudem verstärkt auf Maßnahmen zur Gewaltprävention: „In dieser Legislaturperiode konnten wir mit ‚Gewaltprävention Tirol‘ einen neuen und eigenen Budgetposten inhaltlich und finanziell ausverhandeln. Waren es 2015 erstmals 200.000 Euro für die Gewaltprävention in Tirol, ist es gelungen, die finanziellen Mittel 2017 auf 256.000 Euro zu erhöhen. Damit können nun zahlreiche Beratungsstellen und Projekte unterstützt werden“, berichtet LRin Baur.