Newsletter 8.8.2024
Liebe Leserinnen und Leser!
Vielleicht haben Sie es gestern bereits erfahren: Die Rechtmäßigkeit des Fernpass-Pakets wird wieder diskutiert. Grund dafür ist ein Schreiben, das von der ehrenamtlichen Rechtsservicestelle der Alpenkonvention (siehe Infobox unten) erstellt wurde. Was Sie dazu wissen müssen: Namhafte Rechtsexperten der Universität Innsbruck sowie die zuständigen Fachexperten des Landes Tirol sehen das völlig anders. Die Rechtsservicestelle der Alpenkonvention geht bei ihren Überlegungen leider von praxisfernen Annahmen aus. Für Sie als Fernpass-Newsletter-EmpfängerIn haben wir die wesentlichen „Irrtümer“, auf Basis derer die ehrenamtliche Rechtsservicestelle zu ihrem Schluss kommt, zusammengefasst:
- Es wird behauptet, dass durch den Bau der zweiten Röhre des Lermooser Tunnel der Verkehr künftig vierspurig durch die Tunnelröhren (zwei Fahrspuren pro Richtung) geführt werden kann. DAS IST FALSCH.
RICHTIG IST: Der Verkehr im Lermooser Tunnel wird auch künftig in beiden Röhren einspurig geführt; im Ausnahmefall (z.B. Unfall in einer Röhre) kann der Verkehr in der anderen Röhre im Gegenverkehr geführt werden; davon profitiert die von Ausweich- und Umleitungsverkehr geplagte Bevölkerung im Ehrwalder Becken.
- Es wird behauptet, dass mit dem Fernpasstunnel insgesamt fünf Fahrstreifen zur Verfügung stehen. DAS IST FALSCH.
RICHTIG IST: Die Querschnittswahl des Fernpasstunnels – im Tunnel zwei Fahrstreifen bergwärts, ein Fahrstreifen talwärts – ergibt sich aus den technischen Richtlinien für den Bau des Fernpasstunnels, welche ab einer gewissen Längsneigung eine zweite Fahrspur bergwärts vorschreiben. Die bestehende Passstraße wird weiter instandgehalten (die Passhöhe bleibt erreichbar) und stellt ausschließlich im Bedarfsfall, wenn z.B. im Fernpasstunnel ein Unfall passiert, eine Ausweichroute dar. Damit wird die Strecke verlässlicher, weil der Verkehr in diesem Fall nicht komplett zum Erliegen kommt.
- Es wird behauptet, dass es sich bei der B 179 Fernpassstraße um eine „hochrangige Straße“ handelt. DAS IST FALSCH.
RICHTIG IST: Der bekannte Europa-Rechtsexperte Prof. Walter Obwexer aus Innsbruck hat aktuell erneut bestätigt: „Die Fernpassstraße ist keine ‚hochrangige Straße‘ im Sinne des Verkehrsprotokolls der Alpenkonvention und ist auf den inneralpinen Verkehr beschränkt.“
- Es wird behauptet, dass die zwei Tunnelprojekte einen unzulässigen Ausbau einer neuen hochrangigen Straße für den alpenquerenden Verkehr vorsieht. DAS IST FALSCH.
RICHTIG IST: Die Fernpassstraße wird auch nach dem Bau des Fernpasstunnels nach wie vor beinahe auf der gesamten Länge mit einem Fahrstreifen pro Richtung geführt. Durch die Umsetzung des Fernpass-Pakets ergibt sich also keine Kapazitäts- oder Leistungssteigerung auf der B 179 Fernpassstraße. Zudem bleiben auf der Strecke mehrfach Geschwindigkeitsbeschränkungen bestehen, da diese durch die Kurvenradien jedenfalls notwendig sind.Die Dosiersysteme bleiben selbstverständlich aufrecht – es wird sogar ihr nochmaliges Optimierungspotenzial aktuell geprüft.
Die Verkehrswirkung ist damit in keinem der relevanten Punkte ähnlich einer Autobahn, Schnellstraße oder vergleichbaren hochrangigen Straße. Es kommt zu keiner Kapazitäts- oder Leistungssteigerung an der Strecke.
Die Tiroler Landesregierung hält am Fernpass-Paket fest, um die sichere Anbindung des Außerferns an das Inntal zu gewährleisten und verkehrsberuhigende Maßnahmen für die verkehrsgeplagte Bevölkerung entlang der gesamten Strecke bis in Regionen südlich des Fernpasses umzusetzen – inklusive Fahrverbote für den Ausweichverkehr, Dosierungen, bauliche Maßnahmen für FußgängerInnen und RadfahrerInnen oder Lärmschutzbauten. All diese Maßnahmen sind Teil des Fernpass-Pakets und können bei Umsetzung des gesamten Fernpass-Pakets finanziert und realisiert werden.
- Was LHStv Josef Geisler, LR René Zumtobel sowie weitere Experten dazu sagen, finden Sie in der Pressemitteilung.
Übrigens: Schon mal darüber nachgedacht, wie durch zwei Tunnelprojekte die Kapazität einer Straße gesteigert werden soll, wenn beinahe die gesamte Strecke wie bisher weiterhin einspurig samt Geschwindigkeitsbeschränkungen geführt wird und es weiterhin Dosierungen und zusätzliche Verkehrsdämpfungen gibt? Richtig – es gibt keine Kapazitäts- bzw. Leistungssteigerung.
Infobox: Alpenkonvention und die Rechtsservicestelle
Die Alpenkonvention ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der auf eine nachhaltige Entwicklung und den Schutz der Alpen abzielt. Für ihre Umsetzung existieren spezifische Durchführungsprotokolle, darunter das Protokoll „Verkehr“, das in Österreich am 18. Dezember 2002 in Kraft trat. Unterzeichner der Alpenkonvention sind die Alpenstaaten Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, die Schweiz, Slowenien sowie die Europäische Union. Die Konvention strebt eine ganzheitliche Politik an, um ein umweltverträgliches Wirtschaften im Alpenraum zu gewährleisten.
Die Rechtsservicestelle der Alpenkonvention ist eine „großteils ehrenamtliche Vereinigung“, welche sich mit Fragen der rechtlichen Auslegung der Alpenkonvention auseinandersetzt. Konkret umfasst die Serviceleistung eine erste, unverbindliche und allgemeine Auskunft zur Auslegung bzw. Umsetzung der Alpenkonvention. Die Auskunft ersetzt jedoch keinesfalls behördliche Ermittlungsverfahren oder etwa Gutachten von Sachverständigen. Die Rechtsservicestelle Alpenkonvention beschäftigt sich ausschließlich mit Anfragen, die vor der verwaltungsbehördlichen Erledigung an sie herangetragen werden und hat keine formalrechtliche Stellung.