Pilotprojekt „Housing First – Wohnen zuerst“ in Tirol: Fünf Wohnplätze für Frauen geschaffen

Verein „DOWAS für Frauen“ stellt für wohnungslose Frauen Wohnungen zur Verfügung und bietet psychosozialen Unterstützungsbedarf an

  • Für „Housing First“-Ansatz hat eigenverantwortliches Wohnen oberste Priorität
  • MCI-Forschungsprojekt begleitet und evaluiert Vorhaben

„Housing First“ – „Wohnen zuerst“: Dabei handelt es sich um einen Ansatz, der das eigenständige Wohnen als Basis aller Maßnahmen betrachtet, um Menschen in sozialen Herausforderungen zu unterstützen. Der Verein DOWAS für Frauen setzt mit fünf Wohnplätzen das erste „Housing First“-Projekt in Tirol um. In Anspruch nehmen können dieses volljährige, alleinstehende Frauen, die von Wohnungslosigkeit betroffen sind und aufgrund instabiler oder psychosozial belastender Situationen – wie einer Trennung, einer Gewalterfahrung, einer psychischen Erkrankung oder Suchterkrankung sowie Arbeitslosigkeit – psychosozialen Unterstützungsbedarf aufweisen. Mit dem „Housing First“-Projekt sollen die Frauen dauerhaft mit leistbarem und inklusivem Wohnraum versorgt und eine wiederholte Wohnungslosigkeit beendet werden.

„Gerade angesichts der angespannten Lage am Wohnungsmarkt ist ein neuer und innovativer Ansatz wie jener des ‚Housing First‘ eine gute Möglichkeit, um Menschen vor Wohnungslosigkeit zu bewahren und ihnen eine leistbare Unterkunft zur Verfügung zur stellen. Jeder Mensch kann in die Situation geraten, das Dach über dem Kopf zu verlieren. Es ist wichtig, dass wir in diesen Fällen schnelle und zielgerichtete Hilfe leisten. Gerade für Frauen, die vielfach in finanzieller Abhängigkeit leben, muss es Angebote geben, die ein eigenständiges Leben ermöglichen. Grundsätzlich ist die Sicherheit der eigenen vier Wände ein Privileg, auf das alle Menschen einen Anspruch haben sollten“, betont Soziallandesrätin Gabriele Fischer und verweist auf die Problematik des überteuerten Wohnraums.

Wohnen als Menschenrecht

Bei seinem Pilotprojekt orientiert sich der Verein DOWAS für Frauen an den Grundpfeilern des wohnungs- und sozialpolitischen „Housing First“-Ansatzes, der in der weltweiten Wohnungslosenhilfe steigende Beachtung findet: Wohnen wird als ein grundlegendes Menschenrecht betrachtet und die Wahlfreiheit und Entscheidungsmöglichkeiten der Bewohnerinnen stehen im Zentrum. Im Rahmen des „Housing First“-Projekts werden die Frauen mit passendem und leistbarem Wohnraum versorgt und können, parallel dazu, individuell abgestimmte Unterstützungsleistungen über einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen. Neben einer nachhaltigen Stabilisierung der Wohnsituation liegt das Augenmerk auf sozialer Inklusion. So werden die Bewohnerinnen dabei unterstützt, soziale Kontakte in ihrem Umfeld aufzubauen. „Gerade Frauen sind oft verdeckt wohnungslos. Sie gehen beispielsweise Zweckbeziehungen ein, weil daran auch ein Wohnplatz geknüpft ist, oder sie kommen über lange Zeit ‚irgendwo‘ unter. Mit dem ,Housing First'-Projekt erweitern wir das Angebot für wohnungslose Frauen in Tirol und schaffen darüber hinaus einen wichtigen Mehrwert: Denn wir sind davon überzeugt, dass eine eigene Wohnung und die finanzielle Unabhängigkeit auch der Schlüssel sind, um sich aus gewaltvollen Beziehungen lösen zu können“, erklärt Julia Schratz, Geschäftsführerin von DOWAS für Frauen.

Wohnung als Ausgangspunkt für ein eigenständiges Leben

„Wer in einer ständigen existenziellen Bedrohung lebt, hat gar nicht die Möglichkeit, sich mit weiteren wichtigen Themen wie der eigenen Gesundheit, einer Suchterkrankung, der Arbeit oder der Teilhabe an der Gesellschaft zu beschäftigen. ‚Housing First‘ macht das Wohnen daher zu Priorität. Die Wohnung dient als Grundlage zur Stabilisierung und Perspektivenfindung. Hier finden die Frauen ein Zuhause, sie können zur Ruhe kommen und werden zugleich von sozialarbeiterisch und psychosozial unterstützt. Das ‚Housing First‘-Projekt von DOWAS für Frauen basiert auf Selbstbestimmung und einer Arbeit auf Augenhöhe. Wir möchten Frauen, die in der heutigen Gesellschaft nach wie vor benachteiligt sind, in ihrer Selbstständigkeit ‚empowern‘“, führt Sozialarbeiterin Susanne Schwärzler von DOWAS für Frauen aus.

Voraussetzung für die Teilnahme am „Housing First“-Projekt ist, dass die Frauen über ein Einkommen – aus Sozialleistungen oder einem Erwerbseinkommen – verfügen, welches die Finanzierung von Wohnkosten und Lebensbedarf ermöglicht. Durch individuelle, professionelle und qualitätsvolle Begleitung können die Bewohnerinnen selbstbestimmt Lösungsstrategien für unterschiedlichste Problemlagen finden und angehen.

Kooperation mit dem MCI

Durch eine Kooperation mit dem Management Center Innsbruck (MCI) wird das Pilotprojekt des Vereins DOWAS für Frauen wissenschaftlich begleitet. So setzen sich die Studierenden des Masterstudiengangs „Soziale Arbeit“ zwei Semester lang mit dem „Housing First“-Projekt auseinander und erarbeiten eine Evaluierung.

DOWAS für Frauen

Der Verein DOWAS für Frauen ist eine Einrichtung für wohnungs- und arbeitssuchende Frauen und ihre Kinder in Tirol. Jährlich werden über 1.000 Frauen von den Mitarbeiterinnen beraten und begleitet. Die Angebote umfassen eine Beratungsstelle, betreute Wohnmöglichkeiten, eine sozialpädagogische Wohngemeinschaft, den Mütter-Kinder-Bereich und die „Housing First“-Wohnplätze. Mehr Informationen finden sich unter www.dowas-fuer-frauen.at.