Land Tirol und Sozialpartner richten neue MINT-Koordinationsstelle Tirol (MKT) ein

Schulterschluss im Kampf gegen Fachkräftemangel

  • Neue Stabsstelle soll für Berufswege in Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) werben und alle Aktivitäten in diesem Bereich bündeln
  • Land Tirol, AK Tirol, WK Tirol, IV Tirol und ÖGB fördern diese Stelle von 2022 bis 2025 mit insgesamt 648.000 Euro
  • Ansiedlung der Koordinationsstelle bei Verein klasse!forschung

Mit aktuell 2,7 Prozent weist Tirol die niedrigste Arbeitslosenquote im Österreichvergleich auf, de facto herrscht Vollbeschäftigung. Gleichzeitig gibt es weiterhin einen Fachkräftemangel, insbesondere in technischen und naturwissenschaftlichen Bereichen. Um Berufswege in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) weiter zu forcieren, richtet das Land Tirol nun gemeinsam mit der Industriellenvereinigung Tirol, der Arbeiterkammer Tirol, der Wirtschaftskammer Tirol und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) Tirol eine zentrale MINT-Koordinationsstelle ein. Diese soll beim Verein klasse!forschung - Bildung trifft Forschung & Innovation angesiedelt werden. Das Ziel ist es, mithilfe dieser neuen Stelle – die im Oktober 2022 ihre Arbeit aufnimmt – alle bisherigen und künftigen MINT-Aktivitäten in Tirol zentral zu bündeln. Für die Finanzierung werden in den Jahren 2022 bis 2025 vom Land Tirol (375.000 Euro) und den Sozialpartnern (273.000 Euro) insgesamt 648.000 Euro zur Verfügung gestellt. Die Details präsentierte Wirtschaftslandesrat Anton Mattle gemeinsam mit Rainer Haag von der IV Tirol, AK Tirol-Präsident Erwin Zangerl, WK Tirol-Präsident Christoph Walser, dem ÖGB Tirol Vorsitzenden Philip Wohlgemuth und Elisabeth Lukasser-Vogl vom Verein klasse!forschung bei einer heutigen Pressekonferenz im FabLab (Fabrikationslabor) der Werkstätte Wattens.

„Der Tiroler Arbeitsmarkt steht derzeit sehr gut da, wir haben eine Arbeitslosenquote, die so niedrig ist wie vor 20 Jahren. Gleichwohl sind wir mit einem Fachkräftemangel konfrontiert, der vor allem naturwissenschaftlich-technische Bereiche betrifft. Trotz positiver Berufsaussichten werden die MINT-Ausbildungswege aus unterschiedlichsten Gründen noch zu wenig bestritten. Seit Jahren bemühen sich Interessenvertretungen und Initiativen in Tirol um eine größere Bedeutung von MINT in der Aus- und Weiterbildung. Hier gilt es, an weiteren Schrauben zu drehen und mit einer neuen, zentralen Stelle wollen wir jetzt alle Aktivitäten bündeln – vom MINT-Kindergarten bis zur Hochschule und weiteren MINT-Fortbildungsangeboten. Es geht auch darum, traditionelle Rollenbilder aufzubrechen und mehr Mädchen und Frauen für naturwissenschaftlich-technische Berufswege zu begeistern“, betont Wirtschaftslandesrat Mattle. Die Koordinationsstelle als neue Maßnahme gehe Hand in Hand mit anderen Initiativen gegen den Fachkräftemangel – von der Fachkräfteförderung für Mangelberufe, zahlreichen Maßnahmen zur Attraktivierung der Lehre, Aktionen wie dem Girls Day bis hin zu internationalen Bildungsangeboten an Schulen in Kufstein und künftig auch Innsbruck, um die Arbeit in Tirol für internationalen Fachkräften mit ihren Familien so attraktiv wie möglich zu machen. „Wir wollen möglichst alle Kräfte miteinander verknüpfen. Für eine erfolgreiche Entwicklung Tirols benötigt es Wissen und Fähigkeiten in MINT, die in der Bevölkerung noch viel breiter ankommen und etabliert werden müssen“, betont LR Mattle.

Umsetzung der MINT-Strategie für Tirol

Im Mai 2021 wurde auf Initiative der Task Force Industrie 4.0 der Industriellenvereinigung Tirol gemeinsam mit dem Land Tirol, der Bildungsdirektion, der WK-Tirol, der AK Tirol, der Standortagentur Tirol und dem ÖGB ein intensiver MINT-Strategieprozess gestartet. In fünf Arbeitsgruppen unter Mitwirkung von zahlreichen ExpertInnen wurde eine MINT-Strategie für Tirol erarbeitet (die gesamte Strategie findet sich hier). Ziel ist es, MINT auf allen Ebenen in Tirol zu stärken, das Bewusstsein für MINT in der Bevölkerung zu erhöhen und die MINT-Orientierung und -Qualifikation der Tiroler Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen konsequent zu verbessern. In Summe soll sich dies schlussendlich in einer höheren Anzahl an MINT-Fachkräften widerspiegeln. Alle Beteiligten verfolgen nun die rasche und konsequente Umsetzung der erarbeiteten MINT-Strategie durch eine zentrale MINT-Koordinationsstelle Tirol (MKT), die nach dem Vorbild anderer Regionen und Länder mit erfolgreichen MINT-Entwicklungen eingerichtet wird. Die IV Tirol, die WK Tirol, die AK Tirol und der ÖGB Tirol haben sich bereits im Vorfeld zur Arbeitsgemeinschaft (ARGE) MINT-Bildung Tirol zusammengeschlossen, um eine solche Stelle zu initiieren. Für die Unterstützung der MKT – insbesondere für die Erarbeitung von Zielen, Programmen und Maßnahmen – wird außerdem eine Steuerungsgruppe eingerichtet, die sich aus Vertretern der ARGE, des Landes Tirol und der Bildungsdirektion Tirol zusammensetzt.

„Ich darf mich herzlich bei den Sozialpartnern für die Mitarbeit und Mitfinanzierung bei diesem Projekt bedanken. Es ist mir ganz wichtig, dass wir alle gemeinsam an einem Strang ziehen und ich bin überzeugt, dass wir dadurch einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung unseres Wirtschafts- und Industriestandortes leisten“, so LR Mattle.

Aufgaben und Ziele der MINT-Koordinationsstelle

Die Hauptaufgabe der MINT-Koordinationsstelle ist das Bündeln, Strukturieren und Abstimmen aller MINT-Aktivitäten in Tirol sowie der Aufbau und die Pflege eines aktiven MINT-Netzwerks. Zu diesem Zweck soll auch eine übersichtliche, digitale Plattform für MINT-Bildungsangebote in Tirol aufgebaut und betreut werden. Zudem soll die MKT als kommunikative Schnittstelle zu nationalen und internationalen Bildungsinitiativen fungieren und eine Anlauf- und Ansprechstelle zur Beratung, Betreuung und Förderung von Bildungsangeboten und Schulprojekten sein. Weitere Aufgaben sind die Planung und Abstimmung bei der Finanzierung von schulischen und außerschulischen MINT-Projekten sowie die Qualitätssicherung und Weiterentwicklung von Bildungsangeboten.

Verein klasse!forschung begeistert die Jugend für MINT-Fächer

Der Verein klasse!forschung, bei dem die Koordinationsstelle angesiedelt wird, wurde 2014 mit dem Ziel gegründet, Kinder und Jugendliche für Naturwissenschaften und Technik, Forschung und Innovation in Tirol zu begeistern. Er verfolgt den Aufbau und die Pflege eines Netzwerks Bildung-Wissenschaft-Wirtschaft, das außerschulisches, praxisorientiertes und forschendes Lernen fördert und das Eintauchen in spannende MINT-Arbeitswelten ermöglicht. In Zusammenarbeit mit der Werkstätte Wattens, wo die heutige Pressekonferenz stattfand, organisierte der Verein klasse!forschung beispielsweise bereits Ausbildungen von Lehrpersonen zu Fablab-TutorInnen, gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule. „Derzeit besteht unser Verein aus 39 Mitgliedern aus Wissenschaft, Wirtschaft und engagierten Einzelpersonen und entwickelt mit diesen Partnern maßgeschneiderte Bildungsangebote zu Tiroler Forschungsschwerpunkten. In den letzten Jahren wurden über 700 Workshops mit mehr als 15.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern durchgeführt“, informiert Elisabeth Lukasser-Vogl, Geschäftsführerin des Vereins klasse!forschung. „Wir freuen uns nun auf die weiteren Aufgaben als künftige MINT-Koordinationsstelle und bedanken uns bei unseren Partnerorganisationen und Fördergebern für das Vertrauen.“

„Die Expertinnen und Experten von klasse!forschung kennen die Bedürfnisse der jungen Menschen, wie auch der Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft. Durch ihre breite Erfahrung und bestehende Strukturen sind sie in der Lage, die neue Stabsstelle zu betreuen und rasch und effizient für ein lebendiges und aktives MINT-Netzwerk in Tirol zu sorgen“, zeigt sich LR Mattle überzeugt.


Statements der Sozialpartner

 Rainer Haag, Vorsitzender der Task Force Industrie 4.0 der Industriellenvereinigung Tirol: „Es ist an der Zeit, gerade jüngere Generationen für die Bedeutung von MINT – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – zu sensibilisieren. In unserem Alltag spielt MINT in allen Bereichen der Wirtschaft und des gesellschaftlichen Zusammenlebens eine entscheidende Rolle. MINT-Kompetenzen sind ein wichtiger Bestandteil, um Themen wie demographischer Wandel, Gesundheit, Pandemie, Klimawandel, Automatisierung und Digitalisierung inklusive ‚New Work‘ oder E-Government zu lösen. Um das MINT-Bewusstsein zu stärken, sollte Bildung – vom Kindergarten über AHS, BHS, BMS und Lehre bis zur Aus- und Weiterbildung für Erwachsene – die richtigen Impulse setzen, um Talente und auch Interessen entsprechend zu fördern.“

Erwin Zangerl, Präsident der Arbeiterkammer Tirol: „Der Fachkräftemangel zeigt uns, dass wir gerade in den MINT-Fächern enormen Aufholungsbedarf haben – und um dem entgegenzuwirken bedarf es einer Sensibilisierung für dieses Thema, die bereits sehr früh erfolgen muss. Entscheidend ist zudem, dass wir vor allem bei Mädchen bzw. Frauen das Interesse für MINT-Berufe wecken können, egal ob sie sich für eine Lehr-Ausbildung oder eine weitere schulische bzw. universitäre Ausbildung entschließen. Das würde einen zusätzlichen Schub für den Tiroler Arbeitsmarkt und den Standort Tirol bringen, und vielen jungen Arbeitnehmerinnen Perspektiven für die Zukunft – etwas, das geraden angesichts der derzeitigen Situation enorm wichtig ist. Und es wäre ein Schritt um Frauen in solche Beschäftigungsverhältnisse zu bringen, die nicht nur ein adäquates Einkommen ermöglichen – selbst wenn es bei der Gleichbezahlung immer noch Probleme gibt – sondern die letztlich auch vor Altersarmut schützen.“

Christoph Walser, Präsident der Wirtschaftskammer Tirol: „Unsere Kinder dürfen ihre Träume, ihre Fantasie, die Freude am Experimentieren nicht verlieren. Unsere Aufgabe ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, dass sie ihren Forscherdrang auch in unseren Schulen ausleben können“, skizziert WK-Präsident Christoph Walser einen der Gründe für die gemeinsame MINT-Initiative. „Die Arbeitswelt von heute ist komplex und verlangt viel mehr Knowhow als früher und wir müssen unserer Jugend das beste Rüstzeug für das Abenteuer Leben und Wirtschaft mitgeben“, so Walser weiter, „aus diesem Grund unterstützen wir die neue MINT-Strategie zu 100 Prozent.“

Philip Wohlgemuth, Vorsitzender des ÖGB Tirol: „Mit einer Weiterentwicklung der MINT-Felder sorgen wir nicht nur für Krisenfestigkeit, sondern auch für Zukunftssicherung. Wir alle wissen um die fortschreitende Digitalisierung und Technologisierung. Ohne qualifizierte ArbeitnehmerInnen wird diese Entwicklung nicht funktionieren. Der MINT-Bereich steht für sichere, interessante, gut bezahlte und zukunftsfähige Beschäftigung. Ein Ausbau der bestehenden Strukturen birgt folglich wesentliche Chancen für Tirols ArbeitnehmerInnen. Schlussendlich wird ganz Tirol davon profitieren: Gut ausgebildete Fachkräfte stärken Tirol als Wirtschaftsstandort wesentlich, gut bezahlte Jobs sorgen für mehr Kaufkraft in unserem Land, ein guter Branchenmix für Krisensicherheit. Essentiell für den Ausbau ist eine Stabs- und Koordinierungsstelle, die diesen so wichtigen Bereich künftig weiter ausbauen wird. Ich freue mich, dass Politik und Sozialpartner hier an einem Strang ziehen und wir gemeinsam Tirol weiter nach vorne bringen.“