LH Platter: „Bisherige Taktik schrittweiser Maßnahmen hat sich bewährt – wir wollen keinen Wettbewerb zwischen den Bundesländern in Sachen Lockerungen“

Im Tourismus startet Pilotphase für flächendeckende Corona-Testungen

Bei der heutigen Landespressekonferenz informierten LH Günther Platter, LHStvinIngrid Felipe und Günter Weiss, Direktor der Universitätsklinik für Innere Medizin, über die aktuellen Entwicklungen in Tirol im Zusammenhang mit dem Coronavirus. LH Platter betonte angesichts der sehr niedrigen Infektionszahlen, dass sich die Situation in Tirol seit längerem in eine sehr positive Richtung entwickle: „Wir haben aktuell 30 Personen, die aktiv mit dem Coronavirus infiziert sind. Elf Personen befinden sich in den Krankenanstalten, davon werden vier Personen intensivmedizinisch betreut. Wenn man sich die Entwicklung der Fallzahlen in den letzten Wochen ansieht, kann man feststellen, dass die bisher getroffenen Maßnahmen richtig waren und gegriffen haben. Die mit dem Bund abgestimmte Taktik der schrittweisen Lockerungen hat sich gut bewährt, ein erneuter Anstieg der Infektionen ist bis dato ausgeblieben.“

Der Diskussion über regional unterschiedliche Lockerungsmaßnahmen in den Bundesländern steht LH Platter reserviert gegenüber: „Tirol ist hier prinzipiell nicht dagegen, aber es bedarf ganz klarer Vorgaben und Regelungen. Was wir nicht wollen, ist ein Wettbewerb zwischen den Bundesländern, wer als erster die größten Lockerungen vornimmt – das wäre nicht zielführend. Das Wichtigste ist Planungssicherheit für die Bürgerinnen und Bürger und insbesondere für unsere Wirtschaft.“ Es sei vereinbart worden, dass vom oberösterreichischen Landeshauptmann Stelzer als derzeitigem Vorsitzenden der Landeshauptleutekonferenz gemeinsam mit Kärntens Landeshauptmann Kaiser Vorschläge erarbeitet und mit dem Gesundheitsministerium evaluiert werden. Dies warte man in Tirol ab. „Den Menschen geht es vor allem darum, Klarheit über die getroffenen Maßnahmen zu haben. Daher sollten wir vermeiden, Verwirrung mit zunehmend unterschiedlichen Regelungen zu stiften. Das sollte man in dieser Diskussion jedenfalls bedenken, sodass auch wieder mehr Planbarkeit gewährleistet werden kann“, ergänzt LHStvin Felipe.

Thema Grenzöffnung am Brenner

Derzeit gibt es eine Kontroverse um die Grenzöffnung am Brenner. „Als Präsident der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino wäre mir nichts lieber, als dass die Grenze morgen aufgehen würde. Ich habe in dieser Sache heute mit dem österreichischen Außenminister telefoniert. Der Knackpunkt in Sachen Grenzöffnung ist aktuell die Gesundheitssituation in der Region Lombardei mit rund 25.000 aktiv Infizierten, denn bei den Infektionszahlen stehen sowohl Südtirol als auch das Trentino gut da. Außenminister Schallenberg hat mir versichert, dass die Lage in den kommenden Tagen sehr genau beobachtet werden wird – eine Grenzöffnung ist aktuell aber nicht ohne Risiko möglich“, so LH Platter. Ein Stichtag werde der 15. Juni sein, an dem die Grenzen zu Deutschland und der Schweiz wieder wie vor der Coronakrise passierbar sein werden. Dann werde die österreichische Bundesregierung beurteilen können, ob und wann auch die Grenzregelungen mit Italien gelockert werden können.

Tourismus: Corona-Testungen in Tourismusregion Wilder Kaiser

Ab dem kommenden Freitag können Beherbergungsbetriebe wieder öffnen. „Wir wollen den Gästen aus dem In- und Ausland ein Maximum an Sicherheit bieten. Einerseits durch das Tragen von Mund-Nasen-Schutz seitens der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Betrieben, andererseits indem wir die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Beherbergungsbetrieben auf eine Corona-Erkrankung testen“, versichert Tourismusreferent LH Platter. In Österreich wird in den kommenden Tagen in einer ersten Phase mit Testungen in fünf Pilotregionen – darunter in Tirol in der Tourismusregion Wilder Kaiser – begonnen. Die Abwicklung dieser präventiven Corona-Testungen läuft über den Bund, die Kosten werden ebenfalls von diesem übernommen. Ziel seien jedenfalls flächendeckende Testungen im Tourismus. „Auch wenn die Rahmenbedingungen alles andere als einfach sind, bin ich optimistisch, dass Tirols Gastgeber das meistern werden“, so LH Platter.

Die Bevölkerung erwarte sich insbesondere auch schrittweise Lockerungen in den Bereichen Kunst, Kultur und Sport, die teilweise bereits geplant sind. Hier werde weiter mit Hochdruck und in Abstimmung mit dem Bund daran gearbeitet, praktikable Lösungen zu finden.

Späterer Schulbeginn würde Frühverkehr entzerren

Der öffentliche Verkehr habe sich in den letzten Wochen und Monaten als verlässlicher und robuster Systempartner für die Daseinsvorsorge der Bevölkerung bewährt. Mit den Lockerungen steige nun wieder das Bedürfnis nach Mobilität, sagt LHStvin Felipe: „Mit 18. Mai ist der Normalbetrieb bei den Öffis wieder angelaufen, bis dato erreichen uns hier Großteils positive Rückmeldungen. Für Verbesserungsvorschläge sind wir weiterhin sehr dankbar.“ Die Krise bietet aber auch Chancen für Neues. Man sei deshalb an die Schulen im Großraum Innsbruck mit dem Vorschlag herangetreten, ältere SchülerInnen erst ab der zweiten Unterrichtsstunde in die Schule zu bitten. „Damit könnten wir die Öffis noch effizienter einsetzen, die Hauptverkehrszeiten entlasten, den Stress in der Früh bei allen Pendlerinnen und Pendlern reduzieren und die Abstandsregeln noch besser einhalten. Dieses Angebot an die Schulen gilt ab der kommenden Woche und ebenso für das im September beginnende neue Schuljahr“, so LHStvin Felipe. Auch für den Bio- und Tagesrhythmus der jungen Erwachsenen könne das ein Gewinn sein.

Appell: Weiterhin an Regeln halten

Trotz der guten Entwicklungen in allen Bereichen ist das Virus nach wie vor in Tirol präsent. „Die unsichtbare Gefahr ist weiterhin da – wir fahren aktuell immer noch auf Sicht und bitten die Tirolerinnen und Tiroler, die vorgegebenen Hygiene- und Schutzmaßnahmen weiterhin bestmöglich einzuhalten“, appellieren LH Platter und LHStvin Felipe an die Bevölkerung. Am effektivsten bleibe laut Günter Weiss weiterhin das Abstandhalten. „Die Strategie von schrittweisen Lockerungen war bisher richtig. Man muss die Entwicklungen in den kommenden Wochen weiter beobachten. Aus Sicht der Medizin haben wir bereits mehr Erkenntnisse über das Virus gewonnen, wissen über verschiedene Verläufe und Symptome Bescheid und versuchen derzeit beispielswiese herauszufinden, ob es Langzeitfolgen gibt und wie eine effektive Therapie des Virus aussehen könnte.“ Die medizinische Forschung arbeite in Tirol und international mit Hochdruck an der Entwicklung eines Impfstoffs und der Anwendung von verschiedenen Medikamenten.


Kurzmeldungen aus der Regierungssitzung

Internationale humanitäre Hilfe aus Tirol: Bereits im April 2020 hat die Tiroler Landesregierung beschlossen, 500.000 Euro zur Eindämmung der weltweiten Coronakrise für besonders betroffene und bedürftige Weltregionen an anerkannte Hilfseinrichtungen zur Verfügung zu stellen – insbesondere für Kriegsgebiete und Flüchtlingslager. Dazu wurde nun seitens des Landes eine eigene Förderrichtlinie „Internationale humanitäre Hilfe“ ausgearbeitet, um die Hilfsgelder administrativ abzuwickeln und auch für die Zukunft ein effektives Vollzugsinstrument für den Fall anderer Katastrophen und humanitärer Krisen zur Verfügung zu haben. „Die Coronakrise hat uns in Tirol selbst hart getroffen – Bund und Land haben zahlreiche Unterstützungspakete für die heimische Bevölkerung geschnürt. Gleichzeitig wollen wir nicht darauf vergessen, über den Tellerrand hinauszublicken und einen internationalen Beitrag zu leisten, um in dieser weltweiten Krise auch Notleidenden in anderen Ländern eine Hilfestellung zu ermöglichen“, betont LH Günther Platter. „Unsere eigens erarbeitete Förderrichtlinie entspricht den Richtlinien der Austrian Development Agency sowie den von der Fachwelt definierten Grundsätzen und Anforderungen für eine moderne und effektive internationale Hilfe bei schweren Katastrophen und humanitären Krisen. Damit übernehmen wir in Tirol Verantwortung und tragen international dazu bei, Menschenleben zu schützen, Not und Leid zu lindern und die Unversehrtheit und Menschenwürde von Betroffenen zu wahren. Dadurch werden auch bestehende Projektpartnerschaften und Strukturen vor Ort, die besonders jetzt zusätzliche Hilfe benötigen, nicht im Stich gelassen“, ergänzt LHStvinIngrid Felipe. Die nötige Zustimmung des Tiroler Landtags zur Gewährung der Hilfszahlung soll im Juli eingeholt werden.

Forschungsprojekt zum Volkstanz in Tirol: Im Rahmen des Förderschwerpunktes „Erinnerungskultur 2019-2023“ fördert das Land Tirol auf Empfehlung eines unabhängigen Beirats das Forschungsprojekt „Im Takt? Wissen, Praktiken und Politiken von ‚Volkstanz‘ in Tirol“, das vom Institut für Geschichtswissenschaften und Europäische Ethnologie der Universität Innsbruck umgesetzt wird, mit 106.800 Euro. „Dabei geht es um eine kritische, wissenschaftliche Betrachtung der kulturellen Praktik des Volkstanzes in Tirol. Das Forschungsvorhaben umfasst sowohl die Zeit des Nationalsozialismus, als auch die Zwischen- und Nachkriegszeit bis hin zu den Entwicklungen in die 1980er-Jahre hinein. Es ist dies ein wichtiger Beitrag zur Tiroler Regionalgeschichte, zur Wissensgeschichte volkskundlicher Bestände sowie einer kritischen Auseinandersetzung mit der Vereins- und Verbandsgeschichte und der Konstruktion von Identität aus kulturwissenschaftlicher Sicht“, informiert Bildungs- und Kulturlandesrätin Beate Palfrader. Das Projekt ist auf zwei Jahre angelegt und startet mit September 2020.

 

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