Studie über alkoholisierte Fahrzeuglenker
an der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck
Dr. Gabriele Sepp, Amtsärztin, BH Innsbruck
Alkoholisierung stellt im Straßenverkehr für die Verkehrssicherheit ein beträchtliches Gefahrenmoment dar.
In Österreich wurden im Jahre 2001 43.073 Unfälle registriert (1), davon 2559 (rund 6%) unter Alkoholeinfluss. Durch Unfälle unter Alkoholeinwirkung starben im Jahre 2001 69 Menschen (1).
Straßenverkehrsunfälle durch Trunkenheit am Steuer passieren vorwiegend in den Nachtstunden in der Zeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr, hier sind mehr als ein Viertel aller Unfälle auf übermäßigen Alkoholkonsum zurückzuführen (1).
In Österreich wurden im Jahre 2001 126.686 Alkoholtests im Rahmen der Verkehrsüberwachung durchgeführt. Die gesetzliche Einführung der 0.5 Promillegrenze führte in Österreich zu einem Rückgang der Alkoholunfälle um 25.9 %, der Unfälle insgesamt um 15.0 % (1).Nach wie vor gilt, daß alkoholisierte Unfallbeteiligte überwiegend 15 bis 34 Jahre alt ( 55 %) und männlich (91%) sind.
In Tirol wurden im Jahre 2001 in 6.1 % der Unfälle erhöhter Alkoholkonsum festgestellt (2). Dabei wurden 5 Personen getötet. Im österreichweiten Vergleich der bei Alkoholunfällen getöteten Personen liegt das Bundesland Tirol, mit 4.3% getöteten Personen durch Alkoholunfälle an 7. Stelle, weniger alkoholbedingte Unfälle weisen nur noch Vorarlberg und das Burgenland auf.
Die höchste Rate an alkoholisierten Unfallbeteiligten fand sich in der Altersgruppe 15 - 24, gefolgt von der Altersgruppe 25 - 34, mit überwiegend männlichen Kraftfahrzeuglenkern (2).
Im Bezirk Innsbruck-Land gab es 2001 929 Unfälle mit 1181 Verletzten und 15 getöteten Personen. Dabei war im Jahr 2001 bei 7 % der Unfälle im Bezirk Innsbruck Land Alkoholisierung festgestellt worden (Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Verkehr). Insgesamt fanden im Jahre 2001 65 Unfälle unter Alkoholeinfluss im Bezirk Innsbruck-Land mit 79 Verletzten und einer getöteten Person statt (2).
Ziel der Studie war, nachdem die Bezirkshauptmannschaft das gesetzliche Vollzugsorgan bei alkoholisierten Fahrzeuglenkern ist, im einwohnerreichsten Bezirk Tirols mit über 150.000 Einwohnern epidemiologische Daten von alkoholisierten Fahrzeuglenkern der Jahre 2000 und 2001 zu erheben.
Dadurch sollen einerseits Aufschlüsse über mögliche weitere präventive Verordnungen zur Bekämpfung des "Alkohols am Steuer" gefunden und andererseits die bisher getroffenen gesetzlichen, polizeilichen und gesundheitspolitischen Maßnahmen evaluiert werden.
Erfasster Personenkreis
Der durch diese Untersuchung erfasste Personenkreis betrifft österreichische Kraftfahrzeuglenker mit Wohnsitz Innsbruck-Land, die alkoholisiert mit 0.25mg Atemalkoholkonzentration bei der Führerscheingruppe 1, zusätzlich 0 - 0.25mg Atemalkoholkonzentration bei der Führerscheingruppe 2, ein zweispuriges Kraftfahrzeug gelenkt haben und in den Führerscheinakten der Jahre 2000 und 2001 der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck erfasst wurden.
Im Jahre 2000 und 2001 waren von solchen Personen mit österreichischer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz Innsbruck-Land (mit einer Einwohnerzahl von 155.201 laut Volkszählung 2001) 1489 Anzeigen an der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck anhängig.
1.1 Altersstruktur der alkoholisierten Lenker
Analysiert man die Altersstufen der angezeigten Lenker, so ergab sich, daß fast 2 Drittel der alkoholisierten Lenker sich in der Altersgruppe < 40 Jahren befanden (65.1 %).
In der Altersgruppe 21 - 30 Jahre und der Altersgruppe 31 - 40 Jahre befanden sich jeweils 30.4 % der alkoholisierten Lenker, während die Altersgruppe 41 - 50 Jahre nur noch 18.8 %, die Altersgruppe 51 - 60 Jahre 11.2 %, die Altersgruppe 61 - 70 Jahre 4,4 % und die Altersgruppe >70 Jahre nur noch 0.5 % ausmachte.
Der Großteil der alkoholisierten Lenker fanden sich in der Altersgruppe 20 - 40 Jahre (60.8 %).
1.2 Geschlecht der alkoholisierten Lenker
91 % der alkoholisierten Lenker waren Männer, nur 9 % der angezeigten Lenker waren Frauen.
1.3 Art des Berufes der alkoholisierten Lenker
Bei 277 Führerscheinakten fanden sich keine beruflichen Angaben. Daher konnten von den 1489 Akten der angezeigten alkoholisierten Lenker nur 1212 ausgewertet werden mit folgender Aufteilung:
599 (49.5 %) sind Angestellte,
243 (20.0 %) sind Arbeiter oder Hilfsarbeiter,
166 (13.7 %) sind Selbständige,
79 (6.5 %) sind Pensionisten,
34 (2.8 %) sind Akademiker,
30 (2.5 %) sind Lehrlinge, Studenten oder Schüler,
10 (0.8 %) sind Hausfrauen,
51 (4.2 %) sind arbeitslos.
Stellt man die Gesamtzahl der wegen Alkoholisierung anhängigen Führerscheinakten der Bezirkshauptmannschaft der Gesamtbevölkerung des Bezirkes laut letzter Volkszählung gegenüber, so ergibt sich, daß 0.96 % der Bevölkerung (alle Altersstufen) im Bezirk Innsbruck Land innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 2 Jahren (2000 und 2001) alkoholisiert ein Kraftfahrzeug lenkten und amtlich erfaßt wurden.
Art der Erfassung
2.1 Zeitpunkt der Erfassung der alkoholisierten Lenker
Rund 2 Drittel (71.4 %) der alkoholisierten Lenker wurden von der Polizei nach 22 Uhr aufgegriffen, rund 1 Drittel (28.6%) dagegen vor 22 Uhr.
2.2 Art und Weise der Erfassung der alkoholisierten Lenker
Fast die Hälfte der alkoholisierten Lenker (46 %) wurden durch eine gezielte Verkehrsüberwachung erfaßt, 33.8 % durch eine Polizeistreife.
Bei 13.8 % der alkoholisierten Lenker erfolgte die Alkoholmessung im Rahmen eines Unfalles, bei 6.3 % durch eine nicht-polizeiliche Anzeige.
Bei Auftreten eines Unfalls unter dem Einfluß von Alkohol war in 30 % ein Personenschaden zu beklagen, Sachschaden in nahezu 70 %.
2.3 Führerscheinkategorien der alkoholisierten Lenker
Führerscheinkategorie der Gruppe I besaßen 1421 alkoholisierte Lenker (95.4 % ), zusätzlich auch die Führerscheinkategorie der Gruppen II besaßen 313 alkoholisierte Lenker (21 %). Keinen Führerschein zum Zeitpunkt der polizeilichen Erhebung mitgeführt (entweder vergessen oder bereits entzogen) hatten 0.33% der alkoholisierten Lenker.
Alkoholisierungsgrad
3.1 Atemalkohol
Der durchschnittliche Atemalkoholgehalt betrug 0.61 mg Atemalkohol was einer Mindestalkoholkonzentration im Blut von 1.2 Promille entspricht!
21.6 % der alkoholisierten Lenker hatten einen Atemalkoholgehalt von 0.25 - 0.40 mg (entspricht 0.5 bis 0.8 Promille Blutalkohol), der Großteil der alkoholisierten Lenker, nämlich 53.6 % hatten einen Atemalkohol von 0.40 - 0.8 mg (entspricht 0.8 - 1.6 Promille Blutalkohol).
Über 0.8 mg Atemalkohol (> 1.6. Promille) hatten fast ein Viertel der Lenker
(22.7 % ).
2.1 % der Personen hatten einen Alkoholgehalt von 0.0 - 0.25 mg Atemalkohol (entspricht
0 - 0.5 Promille Blutalkohol), was als Alkoholisierung bei Kraftfahrzeuglenkern der Gruppe II gilt und daher aktenkundig wurde!
3.2 Alkoholisierte Lenker mit vorangegangener Alkoholisierung in der Vergangenheit
Von den 1489 angezeigten Kraftfahrzeuglenkern im Zeitraum 2000 und 2001 an der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, waren 194 (13.0 %) bereits schon einmal, 81 (5.4%) bereits zweimal, 27 (1.8 %) schon dreimal wegen Alkoholisierung beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in den vergangen Jahren angezeigt.
Rund 20 % der alkoholisierten Lenker hatte bereits in der Vergangenheit eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer.
3.3 Psychiatrische Erkrankung, Depressionen, Alkoholabhängigkeit
Bei nur 8 von 1485 alkoholisierten Lenker fanden sich Hinweise für eine psychiatrische Erkrankung, bei 4 davon wegen schwerer Depression mit Suizidabsichten. Eine medizinisch bekannte Alkoholabhängigkeit ging aus 9 Akten hervor, eine psychiatrische Untersuchung wurde bei 6 Personen durchgeführt.
3.4 Zusammenhang zwischen Alkoholisierungsgrad und Art der Entdeckung des alkoholisierten Lenkers
Auffällig ist, daß in der Gruppe mit Alkoholisierungsgrad Atemalkoholgehalt 0.4 - 0.79 mg (über 0,8 Promille), fast die Hälfte bei Unfällen (50.6 %) entdeckt werden.
Die Gruppe mit dem höchsten Alkoholisierungsgrad (Atemalkohol > 0.8 mg, Blutalkoholkonzentration über 1.6 Promille) verursacht weniger Unfälle (34.1 %).
Diese Gruppe wird durch Polizeistreife und Verkehrsüberwachung weniger oft entdeckt als die Gruppe mit Atemalkohol 0.4 mg - 0.79 mg, welche den größten Teil der entdeckten Fahrer ausmacht. Hier ist zu spekulieren, daß Ihr Fahrverhalten deutlicher auffällt als bei den anderen Gruppen.
Führerscheinentzug
4.1 Dauer des Führerscheinentzuges
Bei 22 % der alkoholisierten Fahrer kommt es zu keinem Führerscheinentzug.
Die meisten alkoholisierten Fahrer erhalten einen 3- (13.8 %), 4- (13.3 % ) bzw. einen 6-monatigen Führerscheinentzug (11.3%).
4.2 Permanenter Führerscheinentzug
Bei 11 von 1478 (0.7 %) der alkoholisierten Fahrer kam es im Beobachtungszeitraum zum Führerscheinentzug auf Dauer.
95 Fahrer weisen bereits mehr als zweimal (3 - 8 mal) einen Führerscheinentzug auf.
4.3 Korrelation Häufigkeit des Führerscheinentzuges und Alkoholisierungsgrad
Auch hier zeigt sich, daß Fahrer mit Alkoholisierungsgrad III (über 0.4 mg Atemalkoholkonzentration) das größte Risiko eines erneuten Führerscheinentzuges in der Zukunft tragen.
60.0% der Fahrer mit 2 fachem Führerscheinentzug entstammen dieser Gruppe.
Zusammenfassung
Stellt man die Gesamtzahl der wegen Alkoholisierung anhängigen Führerscheinakten der Bezirkshauptmannschaft der Gesamtbevölkerung des Bezirkes laut letzter Volkszählung gegenüber, so ergibt sich, daß 0.96 % der Bevölkerung (alle Altersstufen) im Bezirk Innsbruck Land innerhalb eines Beobachtungszeitraumes von 2 Jahren (2000 und 2001) alkoholisiert ein Kraftfahrzeug lenkten und amtlich erfaßt wurden.
Alkoholisierte Lenker werden vorwiegend nach 22 Uhr aufgegriffen, dies geschieht in fast 4 von 5 Fällen durch polizeiliche Überwachung, am effektivsten durch geplante Verkehrsüberwachung wie z.B. Aktionen wie "Planquadrat".
Der Großteil der aufgegriffenen alkoholisierten Kraftfahrzeuglenker weist eine Atemalkoholkonzentration zwischen 0.4 und 0.79 mg auf (entspricht einer Blutalkoholkonzentration über 0.8 Promille).
50.6% dieser Gruppe mit einer Blutalkoholkonzentration über 0.8 Promille verursachen einen Unfall! Rund 20 % der alkoholisierten Lenker hatte bereits in der Vergangenheit eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer.
Rund 13 % der alkoholisierten Lenker werden durch einen Unfall entdeckt, das größte Unfallrisiko tragen Lenker mit einem Atemalkoholgehalt von 0.4 mg bis 0.79 mg. Diese Gruppe weist auch die höchste Wiederholungsgefahr auf, muß aber nach den derzeit geltenden rechtlichen Bestimmungen nicht einmal zu einer amtsärztlichen Begutachtung!
Anfragen an
Dr. Gabriele Sepp
Amtsärztin der Berzirkshauptmannschaft Innsbruck
Tel: 0512 508 5193
e-mail: g.sepp@tirol.gv.at
Litaratur:
- Amt der Tiroler Landesregierung, Kuratorium für Verkehrssicherheit (2002). Unfallstatistik 2001, Verkehr in Tirol, Heft 4.
- Kuratorium für Verkehrssicherheit (2002). Unfallstatistik 2001, Reihe Verkehr in
Österreich, Heft 32