Josef Schirmer
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Mein Name ist … Ich erzähle die Geschichte von Josef Schirmer, einem Anrainer im Landhausviertel. Unbeabsichtigt profitiert er von der Landhauserweiterung. Nach Kriegsende erweist sich der kurzzeitige Profit als immenser Verlust.
Josef Schirmer wird 1888 in Innsbruck geboren. Er wohnt mit seiner Schwester in der Meraner Straße 4. Im Parterre betreibt er ein Herrenmodengeschäft und eine Maßschneiderei. Schirmer steht der NSDAP nahe und tritt der Partei schon vor 1938 bei. Die Errichtung des Gauhauses stört ihn dennoch. Mitte April 1939, kurz vor Fertigstellung des Rohbaus, protestiert er vergeblich gegen die Höhe des Gebäudes.
- Schreiben
Der geltende Baulinienplan gibt ihm recht, doch die Verantwortlichen gehen auf seine Beschwerde nicht im Geringsten ein. Schon die Bauverhandlung ein halbes Jahr zuvor war eine reine Alibiaktion.
Ziel der Gauleitung ist es, um das Landhaus ein geschlossenes Areal zu schaffen. Ein Zentrum der Macht. Das Wohnhaus von Josef Schirmer liegt genau dort und die Gauleitung drängt den Besitzer zum Verkauf. Vor dem Hintergrund der Inflationserfahrungen der letzten Jahre will Schirmer aber nicht verkaufen. Erst durch die Verfolgung der jüdischen Bevölkerung kann die Gauleitung Schirmer ein attraktives Angebot unterbreiten, in das der Geschäftsmann einsteigt: Schirmer erhält als Tauschobjekt ein größeres Wohnhaus in der Museumstraße 8 – der geraubte Besitz der jüdischen Familie Graubart. Schirmer ergreift die Chance, verkauft das Haus in der Meraner Straße und erwirbt die Immobilie der enteigneten Familie.
- Schreiben, S. 111
Nach 1945 steht Schirmer vor den Trümmern seiner Existenz. Seine beiden Söhne sterben an der Front, sowohl sein Geschäftslokal als auch seine Wohnung sind durch Bombentreffer völlig zerstört. Das Graubart-Haus muss er zurückgeben. Der Versuch, im Gegenzug seine ehemalige Liegenschaft in der Meraner Straße zurückzubekommen, scheitert. Die Tiroler Landesregierung leugnet den Tauschvorgang, Schirmer erhält lediglich eine finanzielle Entschädigung.