Tag der Artenvielfalt im Gurgltal

Azurjungfern und Alpenskorpione

  •  Jubiläum in Tirol: 20. Tag der Artenvielfalt
  • Gesammelte naturwissenschaftliche Daten als wertvolle Grundlagen
  • Naturschutzlandesrat René Zumtobel besuchte die rund 50 freiwillig tätigen ExpertInnen

Insekten, Vögel, Pflanzen und Pilze – welche Arten wo in Tirol vorkommen, wird regelmäßig untersucht. Neben laufenden Erhebungen im Rahmen von Forschungsprojekten gibt es seit 2004 den „Tag der Artenvielfalt“. Unter der Leitung des eigens dafür gegründeten Vereins Artenvielfalt kommen zahlreiche ExpertInnen freiwillig zusammen – darunter NaturwissenschaftlerInnen, Studierende und fachkundige LaiInnen. Sie erfassen innerhalb von 24 Stunden in ausgewählten Untersuchungsräumen alle gesichteten Arten. Nach seinem ersten Besuch 2023 in Leutasch war Naturschutzlandesrat René Zumtobel gestern, Samstag, wieder beim „Tag der Artenvielfalt“ dabei. Dieses Jahr fand er im Großraum Gurgltal (Bezirk Imst) statt. „Die Tiroler Natur ist wirklich beeindruckend. Und wenn man ganz genau hinsieht, findet man auf jedem Quadratmeter Wiese oder Wald eine große Anzahl verschiedenster Arten. Ich freue mich sehr über das große Engagement aller Beteiligten am ‚Tag der Artenvielfalt‘. Ihre größtenteils freiwillige Arbeit bereichert unser Wissen über die Flora und Fauna in den Tiroler Regionen enorm“, so LR Zumtobel.


Sechs Flächen – hunderte Arten


Im Fokus der diesjährigen Erhebungen standen die Naturschutzgebiete Sinnesbrunn und Antelsberg, das Ruhegebiet Muttekopf sowie drei weitere ausgewählte Flächen zwischen Tarrenz und Nassereith. Bereits am Freitagabend waren Schmetterlings-, Insekten- und FledermausexpertInnen im Einsatz, um nacht- und dämmerungsaktive Tiere zu beobachten. Am Samstag ging die Suche bei Tageslicht weiter. Unter den heuer rund 50 Freiwilligen finden sich unter anderem SpezialistInnen für Pflanzen, Moose, Pilze und Flechten, Insekten, Säugetiere oder Vögel. LR Zumtobel war mit zwei Vorstandmitgliedern des Vereins Artenvielfalt, Christian Anich und Benjamin Schattanek-Wiesmair, sowie der Leiterin der Naturwissenschaftlichen Sammlung der Tiroler Landesmuseen, Evelyn Kustatscher unterwegs. 


Zuerst ging es nach Sinnesbrunn. „Das Gebiet ist geprägt durch vielfältige Landschafts- und Geländeformen und bildet ein reiches Mosaik aus verschiedenen Lebensräumen. Hier findet eine Vielzahl an Pflanzen, Tieren und Pilzen eine passende Nische. Darunter sind einige Arten die nach dem Tiroler Naturschutzgesetz oder der Fauna-Flora-Habitat-Richtline der EU geschützt sind. Mein persönlicher Favorit unter diesen ist das Firnisglänzende Krückstockmoos, das auf spezielle Standorte in Nieder- und Zwischenmooren über Kalkgestein angewiesen ist und nur isoliert in kleinen Beständen vorkommt“, erklärt Christian Anich. Anschließend blieb noch Zeit für einen Besuch am Antelsberg. Das Gebiet ist Heimat des seltenen Alpenskorpions, der in Tirol nur an wenigen wärmebegünstigten Hanglagen bekannt ist. Die für Menschen in der Regel ungefährlichen Tierchen werden nur zwei bis drei Zentimeter groß und sind nachtaktiv. „Wir freuen uns, dass sich heuer wieder so viele Freiwillige für den ,Tag der Artenvielfalt‘ gemeldet haben. Die Auswertung der gesammelten Daten wird uns in den kommenden Monaten beschäftigen und wir sind schon gespannt auf die Ergebnisse, die als wissenschaftlicher Artikel veröffentlicht werden“, so Anich.


Gezielter Naturschutz benötigt fachliche Grundlage 


„Möglichst aktuelle und genaue Daten über die heimische Flora und Fauna sind in vielerlei Hinsicht wesentlich – beispielsweise, um Schutzgebiete auszuweisen und gezielte Maßnahmen zum Schutz bedrohter Arten zu ergreifen. Aber auch in Genehmigungsverfahren ist die Kenntnis der lokalen Gegebenheiten ausschlaggebend, um die richtigen Entscheidungen im Sinne des Naturschutzes treffen zu können“, so Landesrat Zumtobel. „Projekte wie der ‚Tag der Artenvielfalt‘ liefern uns wertvolle Verbreitungsdaten zur Flora und Fauna Tirols, die in unsere Biodiversitätsdatenbank einfließen und so eine fundierte Grundlage für Forschung, Naturschutz und Umweltbildung schaffen“, bestätigt Evelyn Kustatscher.


Über den Verein Artenvielfalt


Der Verein Artenvielfalt wurde 2004 ins Leben gerufen, um die vom Magazin GEO initiierten „GEO-Tage der Artenvielfalt“ in Tirol durchzuführen. Lange Zeit bestand das Führungsteam aus Robert Mühlthaler, dem verstorbenen Geschäftsführer des Vereins natopia, Andreas Jedinger, dem inzwischen pensionierten Leiter der Naturwissenschaftlichen Sammlung der Tiroler Landesmuseen Peter Huemer sowie dem Biodiversitätsforscher und Botaniker Konrad Pagitz von der Universität Innsbruck. Nach dem überraschenden Tod von Andreas Jedinger folgte eine Phase der Neuorientierung und die Absage des Tages der Artenvielfalt im vergangenen Jahr. Nun haben Christian Anich (Naturwissenschaftliche Sammlung Tiroler Landesmuseen), Katrin Albrecht (Verein natopia) sowie Benjamin Schattanek-Wiesmair (Naturwissenschaftliche Sammlung Tiroler Landesmuseen) und Julia Seeber (Universität Innsbruck) die Führung des Vereins übernommen. Bereits seit 2018 findet der Aktionstag in Tirol unabhängig vom GEO-Magazin statt. Der Verein Artenvielfalt kann sich seit vielen Jahren auf die gute Zusammenarbeit und Unterstützung wesentlicher Partnerorganisationen in Tirol verlassen. Darunter sind neben der Universität Innsbruck, den Tiroler Landesmuseen und dem Land Tirol auch Naturschutzorganisationen und Alpenvereine. 
Weitere Informationen zum Verein und zur Aktion finden Sie unter www.arten-vielfalt.at.