Newsletter: Sonderausgabe zum Internationalen Tag der Kinderrechte
Unser Weg zum Kinderschutzkonzept - Kinderschutz als pädagogische Grundhaltung
Der Kindergarten Kufstein Endach berichtet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit großer Freude möchte ich den Weg, den wir als Einrichtung gegangen sind, mit euch teilen. Als Leitung unseres Kindergartens in Kufstein Endach liegt es mir besonders am Herzen, euch zu ermutigen, stets das Wohl der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen und dabei voller Hingabe zu agieren.
Unsere Einrichtung war und ist ein Ort mit vielen Herausforderungen. Oft nahmen wir diese als Grund, warum wir mit Vorurteilen arbeiteten und unser pädagogisches Handeln rechtfertigten. Doch mit der Zeit wuchs in mir der starke Wunsch, diese alten Muster zu durchbrechen und einen Ort zu schaffen, an dem Kinder in ihrer Einzigartigkeit gefördert und gestärkt werden.
Vor 10 Jahren begann ich meine Arbeit hier, und bald wurde klar, dass tiefgreifende Veränderungen notwendig waren. Es war nicht leicht, sich von eingefahrenen Strukturen und festgefahrenen Erziehungsansätzen zu lösen, die lange als Standard galten. Viele dieser Methoden schienen auf den ersten Blick bewährt, doch sie entsprachen nicht dem, was ich mir für die Kinder wünschte: einen Ort, an dem sie frei, sicher und selbstbewusst lernen und wachsen können.
Als junge Pädagogin war ich oft unsicher und orientierte mich an bestehenden Strukturen und Leitlinien sowie an Vorbildern, die mich führten. Diese Haltungen übernahm ich oft, ohne sie zu hinterfragen. In meiner Rolle als Leitung wurde mir zunehmend bewusst, wie wichtig es ist, Verantwortung gegenüber jungen Kolleg*innen zu übernehmen und ihnen eine fundierte, reflektierte pädagogische Haltung vorzuleben. Es ist nicht immer leicht, alte Überzeugungen loszulassen, doch es ist notwendig, wenn wir das Beste für die Kinder wollen. Ich wollte alte Prägungen ablegen und wir entwickelten eine neue Vision für unsere Einrichtung, die von modernen, kindzentrierten Ansätzen geprägt ist.
Ein entscheidender Schritt war unsere Teilnahme an einem Lehrgang von Netzwerk Vielfalt. Wir erkannten, dass es nicht nur um äußere Bedingungen geht, sondern auch um unsere innere Haltung als Pädagog*innen. Kinderschutz bedeutet für uns nicht nur Prävention von Gewalt, sondern auch das Schaffen eines Raumes, in dem Kinder sich authentisch entwickeln und entfalten können.
Gemeinsam mit meiner Kollegin Tanja Thaler, die mir stets mit ihrer Expertise als inklusive Elementarpädagogin zur Seite stand, und dem gesamten Team haben wir uns auf diesen Transformationsprozess eingelassen. Es war eine Reise, die uns abverlangte uns von vertrauten, aber überholten pädagogischen Ansätzen zu verabschieden. Dieser Wandel verlangte Mut, Engagement und kontinuierliche Reflexion, doch er war entscheidend, um unseren Kindergarten zu einem Ort des Vertrauens, des gewaltfreien Miteinanders, der Wertschätzung und des gemeinsamen Wachstums zu entwickeln.
Diese Veränderung war ein intensiver Prozess der Auseinandersetzung mit unserer eigenen Biografie und unseren Prägungen. Viele von uns, mich eingeschlossen, mussten alte Überzeugungen und tief verwurzelte Ansichten hinterfragen und überwinden. Dies war nicht immer einfach, besonders, weil viele Kolleginnen seit Jahrzehnten klare Vorstellungen davon hatten, wie gute pädagogische Arbeit aussehen sollte.
Ein Höhepunkt unserer Entwicklung war die Einführung der „Mutmachbox“, die wir in Zusammenarbeit mit dem Soroptimistinnen Club Kufstein, FH Kufstein, Netzwerk Vielfalt und weiteren Partnern ins Leben gerufen haben. Diese Box, die bereits in 14 Kindergärten in Kufstein genutzt wird, ist mehr als nur ein praktisches Werkzeug. Sie entstand aus dem starken Wunsch, eine praxisnahe Unterstützung für Kinder und Fachpersonal zu bieten und den Kinderschutz in allen pädagogischen Einrichtungen schnell und effektiv umsetzbar zu machen.
Unsere Motivation war es, trotz der alltäglichen Herausforderungen, schnell einsetzbare Materialien bereitzustellen, die direkt in der Praxis genutzt werden können. Diese Materialien unterstützen Pädagog*innen dabei, Kinder zu stärken, Vielfalt und Empowerment zu fördern und präventiv zu arbeiten.
In pädagogischen Einrichtungen ist es entscheidend, dass das richtige Material zur Verfügung steht, um den vielfältigen Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Ebenso wichtig ist es, dass Kontakt- und Hilfestellen sowie weiterführende Ressourcen jederzeit griffbereit sind. Die Mutmachbox enthält deshalb nicht nur pädagogische Materialien, sondern auch Informationen zu externen Beratungsstellen und Notfallkontakten, die im Bedarfsfall schnell konsultiert werden können. Diese umfassende Sammlung ermöglicht es den Pädagog*innen, unmittelbar und effektiv auf die Bedürfnisse der Kinder einzugehen und sie in ihrer Entwicklung bestmöglich zu unterstützen.
Wir empfehlen, Bildungsmaterialien zur Förderung von Prävention, Empowerment, Diversität, Kinderrechte und ähnlichen Themen in jeder Einrichtung gezielt bereitzuhalten und regelmäßig in den pädagogischen Alltag zu integrieren. Die Verfügbarkeit dieser Ressourcen sowie die stets griffbereiten Notrufnummern und Hilfestellen sind von unschätzbarem Wert, um im Bedarfsfall schnell und effektiv reagieren zu können.
Am Ende dieses Artikels möchte ich die Chance nutzen, um mich von Herzen bei meinem Team zu bedanken. Eure Geduld, Hingabe und Unterstützung machen diesen Ort zu einem Haus für alle. Ihr tragt diese Vision und macht sie zur Wirklichkeit.
Heute bin ich dankbar, dass unser Kindergarten nun ein Ort ist, an dem Kinderschutz als grundlegende pädagogische Haltung gelebt wird und Kinder in ihrer Einzigartigkeit gesehen, wertgeschätzt und gestärkt werden.
Mit herzlichen Grüßen,
Lena Lechner