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Seminar zur Zukunft der Bergwälder im Tirol-Büro in Brüssel

Alpenländer fordern mehr Engagement für den Bergwald

 Das Verbindungsbüro der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino lud vergangene Woche zu einem hochkarätig besetzten Seminar, bei dem die Zukunft der Bergwälder im Mittelpunkt stand. In Anwesenheit von VertreterInnen des Europaparlaments, des Bundes, des Freistaates Bayern und der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino wurde die „Agenda Bergwald“ an die Vertreterin der Europäischen Kommission übergeben.

In dieser gemeinsamen Bergwaldagenda fordern die Unterzeichner – das Land Tirol, die Provinzen Bozen-Südtirol und Trentino, der Freistaat Bayern und das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft - mehr Anstrengungen auf EU-Ebene für den europäischen Bergwald. Eine weitere Förderung von Maßnahmen zur Stabilisierung der Schutzwälder, aber auch mehr Gelder für Forschung, Entwicklung sowie für Aus- und Weiterbildung sollen forciert werden. Immerhin lebt gut ein Fünftel der Bevölkerung der Europäischen Union in bewaldeten Berggebieten und jeder Dritte in unmittelbar angrenzendem Flachland.

Leitbild für den EU Bergwald 

Der Südtiroler Landeshauptmann Luis Durnwalder erläuterte die in der Agenda festgeschriebenen Leitsätze, die die Multifunktionalität der Bergwälder aufzeigen. Der Bergwald sei das stabilisierende Rückgrat für den gesamten Siedlungs- und Wirtschaftsraum. Von Bedeutung seien nicht nur die Schutzfunktion und die Holzwirtschaft, sondern auch die charakteristische Bergwaldlandschaft als Erholungsraum, die es zu erhalten und zu pflegen gelte. „Die Bergwälder erfüllen aber auch wichtige ökologische Aufgaben. So wirken sie nicht nur auf den Wasserhaushalt ausgleichend, sondern tragen auch zur CO2-Minderung bei, was insbesondere im Bereich der Brennerautobahn von Bedeutung ist“, so Durnwalder.

Zwei Drittel Schutzwald

In Tirol ist der Wald und seine Bewirtschaftung seit jeher für das Leben und die Wirtschaft entscheidend. Aufgrund der Steilheit des Geländes ist der Schutz vor Naturgefahren schon immer das bestimmende Element bei der Waldwirtschaft gewesen. Mehr als 2000 Lawinen und fast ebenso viele Wildbäche stellen eine permanente Bedrohung für Siedlungen und Verkehrswege dar. Daher sind auch etwa zwei Drittel der Tiroler Wälder Schutzwald. „Aufgrund der zentralen Bedeutung der Bergwälder nicht nur in Tirol, sondern auch in vielen Regionen der Europäischen Union ist ein gezieltes Engagement für die Erhaltung dieser Wälder von höchster Wichtigkeit“, meint Landtagspräsident Herwig van Staa. Der Tiroler Europaparlamentarier Richard Seeber betont, dass gerade der Artenreichtum der Wälder in Zukunft noch weiter an Bedeutung gewinnen werde, da die Veränderung durch den Klimawandel die Waldbewirtschaftung vor neue Herausforderungen stelle. Artenreiche und standortgerechte Wälder könnten auf geänderte Umweltbedingungen besser reagieren und seien auch langfristig stabiler.

Keine EU-Kompetenz im Forstsektor

Der Südtiroler Europaabgeordnete Herbert Dorfmann unterstrich die bedeutende Rolle der Regionen im Bereich der Forstwirtschaft. Die zentrale Frage sei, ob eine gemeinsame Forstpolitik auf europäischer Ebene, vergleichbar mit der Gemeinsamen Agrarpolitik, überhaupt einen Mehrwert generieren könne. Eine spezifische Kompetenz der Europäischen Union im Forstsektor bestehe nämlich nicht. „Die Zuständigkeit für Forstpolitik liegt bei den Mitgliedstaaten“, so Hilkka Summa von der Europäischen Kommission. Die bestehenden Instrumente auf EU-Ebene basieren auf verschiedenen sektoriellen Politikbereichen wie beispielsweise ländliche Entwicklung, erneuerbare Energien oder Klimawandel. Mit dem im März 2010 veröffentlichten „Grünbuch Waldschutz“ der Europäischen Kommission wurde eine Debatte über neue Instrumente auf europäischer Ebene vor dem Hintergrund des Klimawandels lanciert. Der dazugehörige Bericht des Europäischen Parlaments wird im Frühjahr 2011 erwartet.

EU-Förderprogramme wesentlich 

„Die Kombination der vielen Ansprüche an den Wald und die schwierigen Geländeverhältnisse machen eine nachhaltige Waldbewirtschaftung schwierig und teuer. Die Erfolge der letzten Jahre bei der Bewirtschaftung der Tiroler Bergwälder sind ganz wesentlich auf das Engagement der Tiroler WaldbesitzerInnen und auf Förderprogramme, die von der EU kofinanziert werden, zurückzuführen“, schildert LTP van Staa die Situation in Tirol. Diese Förderprogramme hätten wesentlich dazu beigetragen, die Waldbewirtschaftung auch in extremen Schutzwäldern im Interesse der Öffentlichkeit am Leben zu erhalten. „Ein Förderkonzept, das alle Wirkungen der Bergwälder ausgewogen berücksichtigt, gehört daher zu den entscheidenden Rahmenbedingungen für die Erhaltung der Wälder und die Entwicklung unseres Landes“, ist van Staa überzeugt.