Waldstrategie 2030: Klimafitte Bergwälder und Interessenausgleich

LHStv Geisler: „Tirols Bergwald in all seinen Funktionen stärken"

  • Anpassung von 45.000 Hektar Wald unter 1.000 Meter Seehöhe an Klimawandel
  • Weiterentwicklung naturverträglicher Freizeitangebote und Lösung von regionalen Interessenkonflikten über Programm „Bergwelt Tirol – miteinander erleben“
  • Einkommenschancen durch steigenden Holzbedarf – zentrale Rolle der Waldaufseher in Logistik und Vermarktung

Der Umbau der Tiroler Wälder hin zu klimafitten Bergwäldern ist und bleibt eine Kernaufgabe des Landesforstdienstes in Tirol. Verstärkt Aufgaben erhält der Forstdienst im Naturraummanagement. Die Vermeidung von Konflikten und der Ausgleich der Interessen zwischen den verschiedenen NutzerInnen im Wirtschafts-, Natur- und Erholungsraum Wald stehen dabei im Vordergrund. Mit der Waldstrategie 2030 wurden die künftigen Schwerpunkte und Handlungsfelder des Landes Tirols im forstlichen Bereich definiert.

„Unser Ziel ist es, den Tiroler Bergwald in all seinen Funktionen zu stärken. Dazu ist es notwendig, dass die Wälder mit Unterstützung des Forstdienstes nachhaltig bewirtschaftet werden“, erläutert Forstreferent LHStv Josef Geisler. Für Landesforstdirektor Josef Fuchs ist die Waldstrategie 2030 Standortbestimmung, Leitlinie und Arbeitsauftrag: „Unsere Aufgabe als Tiroler Forstdienst ist es, den Bergwald als Einkommensquelle und Arbeitsplatz, als Schutzschild vor Naturgefahren, aber auch als Erholungs- und Naturraum zu erhalten und weiterzuentwickeln.“

45.000 Hektar Wald direkt von Klimawandel betroffen

In den nächsten zehn Jahren fortgeführt und verstärkt werden die Anstrengungen, Tirols Wälder in klimafitte Bergwälder, die Trockenheit, Hitze, Schädlingen und extremen Wetterereignissen besser standhalten, umzubauen. „45.000 Hektar Wald auf einer Seehöhe unter 1.000 Metern sind aufgrund der derzeitigen Baumartenzusammensetzung stark und unmittelbar von Klimaveränderungen betroffen. Auf diese Waldflächen werden wir uns in engster Zusammenarbeit mit den WaldbesitzerInnen konzentrieren“, so Geisler. In tieferen Lagen wird die Fichte zugunsten von Mischbaumarten wie Buche, Ahorn, Eiche oder Linde zurückgehen. In den höheren Lagen verschiebt sich das Verhältnis zugunsten von Lärche, Kiefer und Tanne.

Wald im Spannungsfeld zwischen Wirtschafts-, Natur- und Erholungsraum

Die Zahl jener, die Sommer wie Winter im Wald und am Berg Erholung und Ausgleich suchen, ist in den letzten Jahren massiv gestiegen. „Wir sind hier im Spannungsfeld verschiedener Ansprüche zwischen Forstwirtschaft, Jagd und Erholungssuchenden. Das führt besonders in sehr stark frequentierten Bereichen zur Interessenskonflikten – auch unter den BergsportlerInnen selbst“, weiß Geisler. Das 2014 von der Landesregierung gestartete und vom Forstdienst entwickelte Programm „Bergwelt Tirol – miteinander erleben“ wird ausgebaut. Ziel ist es, die verschiedenen Nutzungsansprüche im Bergwald zu kanalisieren und ein Miteinander auf Dauer zu gewährleisten. „Wir brauchen Respekt vor dem Eigentum und gegenseitige Rücksichtnahme. An diesen Leitlinien orientiert sich die Weiterentwicklung naturverträglicher Freizeitangebote“, macht LHStv Geisler deutlich. So müsse man im Mountainbikewegenetz etwa auf den E-Bike-Boom reagieren oder digitale Möglichkeiten für die Kommunikation von forstlichen Wegsperren oder Wildeinständen nutzen.

Bewirtschaftung durch Einkommen sichern

„Seine Funktion als Erholungsraum aber auch als Hoffnungsträger der Klimakrise und als Schutzschild vor Naturgefahren kann der Wald nur erfüllen, wenn er bewirtschaftet wird. Doch die Waldarbeit muss sich auch rechnen“, weiß Geisler. Die Erlöse aus der alpinen Forstwirtschaft verlaufen auch aufgrund der hohen Schadholzmengen der letzten Jahre sehr sprunghaft. Mittelfristig werden allerdings gute Einkommenschancen prognostiziert. Der weltweite Holzbedarf wird stark steigen, Holz als Baustoff und nachhaltiger, CO2-neutraler Energieträger gewinnt an Bedeutung. „Die guten Preisen müssen aber auch bei den Waldbäuerinnen und Waldbauern ankommen. Den Waldaufsehern kommt bei der Holzlogistik und zunehmend auch bei der Holzvermarktung eine zentrale Rolle zu“, ist sich Geisler bewusst. Er tritt auch für den Einsatz von Holz im mehrgeschossigen Wohnbau ein.

Holznutzung: Potenzial nicht ausgeschöpft

Die Waldstrategie 2030 ist eine Weiterentwicklung der aus dem Jahr 2011 stammenden Waldstrategie 2020. „In den vergangenen zehn Jahren ist viel gelungen, in einigen Bereichen sind unsere Prognosen aber nicht eingetreten“, bilanziert Landesforstdirektor Fuchs. Nicht erreicht werden konnte beispielsweise die angestrebte Steigerung des Holzeinschlags. „Wir haben ein nachhaltiges Holznutzungspotenzial von 1,7 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre haben wir etwas mehr als zwei Drittel des jährlichen Zuwachses genutzt. Deshalb müssen wir die Holznutzung weiter forcieren.“

Klimawandelanpassung im Plan

Gute Fortschritte gibt es bei der Anpassung des Tiroler Bergwaldes an die Klimaveränderung. „Der Anteil der Mischbaumarten bei Aufforstungen liegt aktuell bei mehr als 50 Prozent. Vor zehn Jahren waren wir bei einem Drittel“, berichtet Fuchs. Seit dem Jahr 2000 hat der Flächenanteil der weniger trocken- und hitzeresistenten Fichte im Ertragswald von 60 Prozent auf 54 Prozent abgenommen. Der Trend in Richtung Mischwald spiegelt sich auch in den Landesforstgärten wider. Jährlich zwei Millionen Forstpflanzen werden dort produziert. Der Anteil der Fichte in der Pflanzenproduktion ist innerhalb von fünf Jahren um zwölf Prozent auf 45 Prozent zurückgegangen.

Schutz vor Naturgefahren

Bewährt hat sich das Engagement des Forstdienstes im Naturgefahrenmanagement im Bereich der Wildbäche. Dieses Aufgabenfeld wurde dem Landesforstdienst vor zehn Jahren mit der Waldstrategie 2020 überantwortet. 10.000 Abflusshindernisse und 660 Schäden an Schutzbauten wurden seit der Einführung des gemeinsamen Systems mit Gemeinden, Wildbach- und Lawinenverbauung und Land Tirol dokumentiert und behoben.

Zahlreiche Initiativen hat der Landesforstdienst bei der Entwicklung und Umsetzung von naturverträglichen Freizeitangeboten im Wald gesetzt. Für 6.400 Kilometer Mountainbikerouten und 330 Kilometer Singletrails gibt es Verträge mit den Wegerhaltern. 69 Klettergärten und Bouldergebiete sowie 43 Klettersteige wurden ebenfalls in Abstimmung mit den GrundeigentümerInnen eingerichtet oder saniert.

Zahlen, Daten, Fakten

  • Tirol ist zu 41 Prozent mit Wald bedeckt.
  • Über 70 Prozent des Tiroler Waldes haben vorrangig Schutzfunktion.
  • Der Tiroler Wald wird von 35.000 WaldbesitzerInnen und 30.000 Nutzungsberechtigten bewirtschaftet.
  • 7 Prozent der jährlichen CO2-Emissionen Österreichs sind im Wald und in Holzprodukten gespeichert.
  • Der Produktionswert der Holzwirtschaft liegt bei rund einer Milliarde Euro pro Jahr.
  • 30 Prozent der Waldfläche können aufgrund der standörtlichen Gegebenheiten nicht regelmäßig genutzt werden und weisen einen hohen Natürlichkeitsgrad auf.