Vergaberecht - Rechtsschutz

Kurzbeschreibung

Allgemeine Informationen zur Erlangung von Rechtsschutz in Vergaberechtssachen in Tirol

Allgemeine Informationen

Seit dem Beitritt Österreichs zum europäischen Wirtschaftsraum im Jahre 1994 entwickelte sich das Vergaberecht zu einem wichtigen und teilweise eigenständigen Rechtsgebiet. 

Die drei für das Vergaberecht wesentlichen EU-Richtlinien (2014/23/EU, 2014/24/EU, 2014/25/EU) wurden in Österreich als wesentliche vergaberechtliche Bestimmungen im Bundesvergabegesetz 2018 (im Folgenden kurz BVergG 2018) und Bundesvergabegesetzkonzessionen 2018 (im Folgenden kurz BVergGKonz 2018) in nationales Recht umgesetzt. 

Vergaberechtsbestimmungen regeln eine Fülle von verschiedenen, teilweise sehr komplexen Vergabeverfahren, sowie die in diesen Verfahren für die jeweiligen Beschaffungsvorgänge anzuwendenden materiell-rechtlichen Bestimmungen.

Für die verschiedenen Bereiche (Bund, Länder), wird im Rahmen jeweils eigener Rechtsschutzgesetze Rechtsschutz gewährt. Für das Land Tirol sind diese Bestimmungen im Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2018 (im Folgenden kurz TVNG 2018) enthalten.

Im Vollzugsbereich des Landes Tirol wird in Vergaberechtssachen Rechtsschutz durch das Landesverwaltungsgericht Tirol im Rahmen des in § 1 TVNG 2018 festgelegten Geltungsbereiches gewährt. 

Die vom Landesverwaltungsgericht Tirol zu prüfenden materiell rechtlichen Bestimmungen für öffentliche Beschaffung finden sich im Wesentlichen im BVergG 2018 sowie im BVergGKonz 2018. 

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit für Unternehmer, die sich durch allfällige Verletzungen der Bestimmungen des materiellen Vergaberechtes beschwert erachten, entsprechende Rechtsschutzanträge beim Landesverwaltungsgericht Tirol zu stellen.

Voraussetzungen

Bis zur Erteilung des Zuschlages bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens kann ein Unternehmer einen Nachprüfungsantrag stellen, wenn er ein Interesse am Abschluss eines den vergaberechtlichen Bestimmungen unterliegenden Vertrages behauptet und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht. 

Ein Unternehmer, der ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich vergaberechtlicher Bestimmungen unterliegenden, bereits abgeschlossenen Vertrages hat, kann, sofern ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht, durch Antrag ein Feststellungsverfahren einleiten.

Weitere detaillierte Regelungen betreffend die Zulässigkeit von Nachprüfungs- und Feststellungsanträgen und die möglichen Rechtschutzanträge sind in den §§ 9 ff TVNG 2018 für das Nachprüfungsverfahren und in den §§ 18 ff TVNG 2018 für das Feststellungsverfahren geregelt.

Fristen

Die Fristen für die Einbringung von Rechtsschutzanträgen ist in den Bestimmungen des § 10 TVNG 2018 für Nachprüfungsverfahren, § 15 TVNG 2018 für einstweilige Verfügungen sowie § 19 TVNG 2018 für Feststellungsverfahren geregelt.


Erledigungsdauer:

Die Entscheidungsfristen bestimmen sich nach § 23 TVNG 2018.

Verfahrensablauf

Mit wenigen Ausnahmen (z.B. Erlassung einer einstweiligen Verfügung) werden Verfahren in Vergaberechtssachen vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol im Rahmen von mündlichen Verhandlungen geführt. Dies bedeutet, dass insbesondere das gesamte Vorbringen der Parteien, die Beweisaufnahme und eine allfällige Verkündung der Entscheidung in einer mündlichen Verhandlung (in Anwesenheit der Parteien) vor dem erkennenden Gericht erfolgt.

Grundsätzlich sind drei Rechtsschutzverfahren, das bis zur Zuschlagserteilung zulässige Nachprüfungsverfahren (§§ 3 bis 17 TVNG 2018), das Feststellungsverfahren für den Zeitraum nach Zuschlagserteilung (§§ 18 bis 22 TVNG 2018) und das Verfahren zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen (§§ 15 bis 17 TVNG 2018) zu unterscheiden.

In Nachprüfungsverfahren und Feststellungsverfahren sind der Antragsteller und der Auftraggeber Parteien des Verfahrens. Darüber hinaus kann ein allfälliger präsumtiver Zuschlagsempfänger in einem Nachprüfungsverfahren und ein allfälliger tatsächlicher Zuschlagsempfänger in einem Feststellungsverfahren Partei sein. Die Parteistellung der genannten Zuschlagsempfänger ist in beiden Verfahren an die Erhebung von Einwendungen gebunden. 

Alle drei genannten Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol werden nach dem TVNG 2018 und nach dem Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG in Verbindung mit dem AVG) durchgeführt. 

Die Parteien sind dazu berechtigt, zum Nachweis des jeweils erstatteten Vorbringens entsprechende Beweisanträge (z.B. Einvernahme von Zeugen, Einholung von Sachverständigengutachten, Vornahme von Lokalaugenscheinen, Vorlagen von Urkunden und Augenscheinsgegenständen sowie andere Beweismittel) zu stellen.

Lediglich im Bereich des Verfahrens zur Erlassung von einstweiligen Verfügungen wird ein vereinfachtes Beweisverfahren (durch Bescheinigungsmittel, welche parat sein müssen) angewendet.

Authentifizierung und Signatur

Für die Abwicklung des Verfahrens ist eine händische bzw. elektronische Unterschrift notwendig.

Erforderliche Unterlagen

Grundsätzlich haben Rechtsschutzanträge die jeweils als notwendigen Inhalt festgelegten Angaben zu enthalten. Näheres ist für das Nachprüfungsverfahren in § 11 TVNG 2018, für das Feststellungsverfahren in § 19 TVNG 2018 und für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung in § 15 TVNG 2018 festgelegt. 

Darüber hinaus sind alle für den Nachweis des jeweils vertretenen Standpunktes erforderlichen Beweismittel, insbesondere Urkunden, allenfalls Augenscheingegenstände, Sachverständigengutachten und dergleichen im Verfahren anzubieten bzw. vorzulegen.


Eingaben sind grundsätzlich elektronisch möglich. 

Kosten

Für die Inanspruchnahme des Landesverwaltungsgerichtes Tirol in Vergaberechtsschutzangelegenheiten sind nach der Tiroler Vergabegebührenverordnung 2018 bei Einbringung des Antrages Pauschalgebühren an das Landesverwaltungsgericht Tirol zu entrichten.


Die Gebühren sind wie folgt festgelegt:

Direktvergaben 300,- Euro

Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung – Bauaufträge 1.000,- Euro

Direktvergaben mit vorheriger Bekanntmachung – Liefer- und Dienstleistungsaufträge 700,- Euro

Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung – Bauaufträge im Unterschwellenbereich 500,- Euro

Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung – Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Unterschwellenbereich 400,- Euro

Nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung – Bauaufträge im Unterschwellenbereich 900,- Euro

Nicht offene Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung – Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Unterschwellenbereich 500,- Euro

Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Oberschwellenbereich 6.000,- Euro

Bau- und Dienstleistungskonzessionen im Unterschwellenbereich 3.000,- Euro

Sonstige Bauaufträge im Unterschwellenbereich 3.000,- Euro

Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Unterschwellenbereich 1.000,- Euro

Sonstige Bauaufträge im Oberschwellenbereich 6.000,- Euro

Sonstige Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie Wettbewerbe im Oberschwellenbereich 2.000,- Euro


Weiter sind noch Gebühren nach der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten (BuLVwG-Eingabengebührverordnung – BuLVwG-EGebV) in der Höhe von EUR 30,00 zu entrichten.

Aufgrund der Komplexität der vergaberechtlichen Bestimmungen wie auch der Vergaberechtsschutzbestimmungen erscheint es, auch wenn keine Vertretungsverpflichtung vorgeschrieben ist, ratsam, einen Parteienvertreter mit der Führung des Verfahrens zu beauftragen. Die Kosten für eine gewillkürte Vertretung (z.B. bei Beauftragung eines Rechtsanwaltes) sind vom Vertretenen selbst zu tragen. Im Falle des Obsiegens hat der Antragsteller Anspruch auf Ersatz der verauslagten Pauschalgebühr.

Für die Einbringung eines Feststellungsantrages besteht bei Vorliegen besonderer finanzieller Verhältnisse die Möglichkeit, einen Verfahrenshilfeantrag zu stellen (siehe § 4 TVNG 2018).


Die anfallenden Gebühren können elektronisch mittels Banküberweisungen bezahlt werden.

Zum Formular

Aufgrund der Vielfalt der Beschwerdegegenstände und der Komplexität der vergaberechtlichen Bestimmungen und Rechtsschutzbestimmungen ist es nicht möglich, ein allgemeines Formular für Anbringen in Vergaberechtsschutzsachen zur Verfügung zu stellen.

Für allgemeine Fragen und Informationen steht die Website des Landesverwaltungsgerichtes Tirol unter https://www.lvwg-tirol.gv.at zur Verfügung, wobei insbesondere auf den Bereich Fragen und Antworten (FAQ) hingewiesen wird.

Zuständige Stelle

  • Sonstige zuständige Stelle:

    Landesverwaltungsgericht Tirol, Michael-Gaismair Straße 1, 6020 Innsbruck, Tel: +43 512 9017 0, Fax: +43 512 9017 741705, E-Mail Adresse: post@lvwg-tirol.gv.at

Rechtsbehelfe

Gegen Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol ist grundsätzlich eine ordentliche Revision sowie eine außerordentliche Revision (mit Zulassungsbeschwerde) an den Verwaltungsgerichtshof zulässig. Revisionen sind binnen sechs Wochen nach Zustellung der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Tirol einzubringen.

Darüber hinaus kann gegen Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichtes Tirol auch eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof binnen sechs Wochen nach Zustellung erhoben werden. Im Rahmen dieser Beschwerde, welche direkt bei Verfassungsgerichtshof einzubringen ist, kann eine allfällige Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte aufgegriffen werden. Bereits für die Einbringung der Beschwerde besteht Anwaltszwang, sodass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist. 

Hilfs- und Problemlösungsdienste

Kein

Rechtsgrundlagen

EU-Vergaberichtlinie, Richtlinie 2014/23/EU

EU-Vergaberichtlinie, Richtlinie 2014/24/EU

EU-Vergaberichtlinie, Richtlinie 2014/25/EU,

Bundesvergabegesetz 2018, 

Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018, 

Tiroler Vergabenachprüfungsgesetz 2018, 

Tiroler Vergabegebührenverordnung 2018,

Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, AVG

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Letzte Aktualisierung

07.05.2024