Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Essstörungen eröffnet

Einrichtung in ihrer Form einzigartig in Westösterreich

  • Wohnortnahe Begleitung für Kinder und Jugendliche mit Essstörungen stärkt Versorgungsangebot
  • Sieben Plätze für Mädchen und Burschen zwischen zwölf und 21 Jahren mit Anorexie und Bulimie
  • Betreuung rund um die Uhr durch multiprofessionelles Team
  • Diakoniewerk betreibt Einrichtung im Auftrag des Landes

Heute, Mittwoch, wurde in Innsbruck die neue Wohngemeinschaft für junge Menschen mit Essstörungen eröffnet. Es ist die erste Einrichtung dieser Art in Tirol und in Westösterreich, mit der Kinder und Jugendliche künftig eine wohnortnahe Begleitung in Anspruch nehmen können. Bisher wurden Betroffene, für die nach einem Klinikaufenthalt eine weiterführende Begleitung erforderlich war, im benachbarten Ausland oder in Oberösterreich versorgt. Die Wohngemeinschaft wird im Auftrag des Landes Tirol vom Diakoniewerk betrieben. Sie bietet Platz für sieben Mädchen und Burschen zwischen zwölf und 21 Jahren mit Anorexie („Magersucht“) und Bulimie („Ess-Brech-Sucht“). Sie werden von einem multiprofessionellen Team rund um die Uhr betreut.

„Essstörungen sind ernsthafte psychische Erkrankungen, die das Leben junger Menschen – vielfach Mädchen – und ihrer Familien tiefgreifend belasten. Die neue Wohngemeinschaft bietet einen geschützten Rahmen und ermöglicht zugleich, das soziale Umfeld aufrechtzuerhalten. Das ist ein entscheidender Vorteil für die langfristige Genesung. Mit diesem Angebot stärken wir die Versorgung in Tirol und ganz Westösterreich und entlasten die Familien“, betont die für Inklusion und Kinder- und Jugendhilfe zuständige Landesrätin Eva Pawlata und verweist dabei auch auf den internationalen Aktionsmonat „Yellow September“. Er rückt die Bedeutung psychosozialer Gesundheit in den Mittelpunkt und reicht vom 10. September, dem Welttag der Suizidprävention, bis zum 10. Oktober, dem Welttag der psychischen Gesundheit.

„Mit der neuen Wohngruppe Gramartstraße schließen wir eine entscheidende Lücke in der Gesundheitsversorgung für junge Menschen mit Essstörungen. Das Angebot ermöglicht professionelle Begleitung und entlastet damit auch die betroffenen Familien“, erklärt Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele und fährt fort: „Zugleich darf man nicht vergessen: Prävention ist wie in vielen Gesundheitsbereichen ein weiterer wichtiger Baustein. Deshalb setzen wir in Tirol seit Jahren auf eine Vielzahl an Ernährungsprogrammen in unseren Schulen. Sie vermitteln Kindern und Jugendlichen außerdem früh ein positives Körper- und Selbstbild. Mit dieser Kombination aus Vorsorge und spezialisierter Betreuung stärken wir langfristig die psychische Gesundheit in unserem Land.“

Von PsychologInnen bis DiätologInnen

Begleitend zu den sozialtherapeutischen Maßnahmen können die Kinder und Jugendlichen die Schule besuchen, ihre Ausbildung weiterführen oder arbeiten gehen – sofern ihre Gesundheit dies zulässt. Das 14-köpfige Team der Wohngemeinschaft besteht aus PsychologInnen, SozialbetreuerInnen, SozialpädagogInnen, DiätologInnen und Pflege-Fachkräften.

„Wir wollen das Selbstbild der jungen Menschen stärken und sie auf ihrem Weg zurück zu einem symptomfreien Alltag begleiten. Das Leben in der Wohngemeinschaft soll ihnen helfen, ein gesundes und genussvolles Essverhalten wiederzuerlangen“, sagt Stephan Mader, Geschäftsführer der Diakoniewerk Soziale Dienstleistung GmbH in Tirol. Auch mit dem vom Diakoniewerk betriebenem forKIDS Therapiezentren wird eng zusammengearbeitet. 

Wachsende Zahl an PatientInnen

„Die Warteliste für eine Aufnahme an der Essstörungsstation in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall hat sich seit 2020 deutlich verlängert. Auch sind die Patientinnen und Patienten oft jünger und in schlechterem körperlichem Zustand. Die neue Essstörungs-WG ist eine dringend notwendige Ergänzung in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen. Sie schließt die Versorgungslücke nach der stationären Behandlung und bietet einen geschützten, gut strukturierten Rahmen, der es den Kindern und Jugendlichen ermöglicht, das Erreichte zu festigen und eine nachhaltige Stabilisierung zu entwickeln“, erklärt Kathrin Sevecke, Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall und Innsbruck.

Die Wohngemeinschaft ist im Haus der Freundschaft in der Gramartstraße untergebracht. Der Zimmerbereich des Beherbergungsbetriebs wurde hierfür umgebaut. Zum Areal mit Blick über die Stadt gehört auch ein weitläufiger Grünbereich. Die Kosten für die Wohngemeinschaft trägt das Land Tirol, je nach Einkommensverhältnissen ist für die Familien ein Selbstkostenbeitrag möglich. Betroffene und Angehörige können sich bei Bedarf direkt bei der Wohngemeinschaft melden. Nach einem Kennenlerngespräch werden die weiteren Schritte geklärt.

Mehr Informationen dazu finden sich auf der Website der Diakonie.