- Druck aus Regionen hat gewirkt: Abstufung des EU-Schutzstatus tritt demnächst in Kraft, nächster Schritt muss Anpassung im Bereich des günstigen Erhaltungszustandes sein
- Tirol ermöglichte bislang 37 Maßnahmenverordnungen, wodurch acht Wölfe entnommen werden konnten
- Europäischen Rechtsrahmen ausreizen: Konsequentes Wolfmanagement wird fortgesetzt, Tiroler Modell wird bis zur Almsaison 2026 rechtssicher weiterentwickelt
Tirol hat sich gegenüber der Europäischen Union immer für eine Änderung der FFH-Richtlinie ausgesprochen. Mit Beschluss des Europäischen Parlamentes vom 8. Mai 2025 und Beschluss des Rates der Europäischen Union vom 5. Juni 2025 wurde nun eine Herabstufung des Schutzstatus des Wolfs beschlossen. Die Senkung des Schutzstatus des Wolfs in der FFH-Richtlinie der Europäischen Union ist noch nicht amtlich, demnächst erfolgt aber die Kundmachung im Amtsblatt der Europäischen Union. Konkret wird dann der Schutzstatus Wolf in der FFH-Richtlinie von bisher Anhang IV (streng geschützt in) in Anhang V (geschützt) geändert. Die Tiroler Landesregierung hat deshalb heute, Dienstag, beschlossen, das bisherige Tiroler Wolfsmanagement auf Basis der neuen EU-rechtlichen Gegebenheiten abzusichern und weiterzuentwickeln. „Wir haben lange auf die Senkung des Schutzstatus hingearbeitet. Mit vereinten Kräften ist es schließlich gelungen, den Wolf von ‚streng geschützt‘ auf ‚geschützt‘ herabzustufen. Den gewonnenen rechtlichen Spielraum beim Umgang mit Risiko- und Schadwölfen wollen wir nützen, um das Tiroler Modell abzusichern und weiterzuentwickeln. Wir bleiben aber auf europäischer Ebene weiterhin hartnäckig, denn unser langfristiges Ziel ist eine reguläre Bejagung des Wolfes. Für uns geht es um den Schutz der Almtiere und der Almwirtschaft“, erklären Landeshauptmann Anton Mattle und Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler.
Tiroler Modell hat sich bewährt
Mit Amtsantritt der neuen Landesregierung wurde der Grundstein für ein neues Tiroler Jagdgesetz gelegt, welches Anfang des Jahres 2023 vom Tiroler Landtag verabschiedet wurde. Damit wurde eine praktikable Möglichkeit zur Entnahme von Schad- und Problemwölfen geschaffen. Zudem wurden die rund 2.000 Tiroler Almen durch die Tiroler Alpschutzgebietsverordnung als nicht schützbare Weideflächen ausgewiesen, wodurch eine Entnahme von Schadtieren rasch erfolgen kann. Durch das Tiroler Modell konnten im heurigen Jahr bereits vier Abschussverordnungen erlassen und zwei davon von der Jägerschaft erfüllt werden. Zwei Abschussverordnungen im Stubaital und im Ötztal sind bis Ende Juli bzw. Anfang August aufrecht. Zwei weitere Abschussverordnungen in Osttirol und im Ötztal sind aktuell in Vorbereitung. Insgesamt erließ die Tiroler Landesregierung seit 2023 insgesamt 37 Maßnahmenverordnungen, wodurch in Tirol acht Wölfe entnommen werden konnten. Die Entwicklung der Risszahlen deutet auf die Wirksamkeit des zunehmenden Jagddruckes durch das Tiroler Wolfsmanagement hin. Trotz steigender Wolfspräsenz sind die Risse und die Zahl der vermissten Tiere seit Inkrafttreten des novellierten Tiroler Jagdgesetzes um fast 60 Prozent zurückgegangen.
Im heurigen Jahr wurden mehr als 20 Schafe bereits nachweislich bei Wolfsangriffen getötet, weitere zehn verletzt. Eine Reihe von Rissen ist derzeit noch in Abklärung. Deshalb hält das Land Tirol an der Entnahme von Problem- und Schadwölfen fest. „Als ich als Landeshauptmann Verantwortung für dieses Land übernommen habe, habe ich den Bäuerinnen und Bauern meine volle Unterstützung in der Wolfsfrage zugesagt. Ich bin überzeugt davon, dass der Wolf nicht mehr vom Ausstreben bedroht ist und die enorme Zunahme insbesondere den Alpenraum vor große Herausforderungen stellt. Die Tiroler Landesregierung unternimmt alles rechtlich Durchführbare, um die traditionelle Almwirtschaft vor dem Wolf zu schützen und Entnahmemöglichkeiten zu schaffen. Weidetiere haben ebenso ein Anrecht auf Schutz, die kleinstrukturierte Landwirtschaft verdient unsere volle Solidarität. Mit der Novelle des Tiroler Jagdgesetzes haben wir deshalb zu Beginn der Periode das europäische Recht ausgereizt. Diesen Weg gehen wir weiter“, erklärt LH Mattle.
Neuen europarechtlichen Spielraum nützen
„Mit der Herabstufung des Schutzstatus sind gewisse Erleichterungen im Bereich Wolfsmanagement verbunden. Das betrifft vor allem die Kriterien sowie den Umfang der Einzelfallprüfungen bei der Entnahme von Risiko- oder Schadtieren. Eine reguläre Bejagung wie bei anderen Wildtieren ist EU-rechtlich bei Wölfen aber weiterhin nicht möglich“, informiert LHStv Geisler. Der neue europarechtliche Spielraum soll im Rahmen der landesgesetzlichen Möglichkeiten nun bestmöglich umgesetzt werden. Dazu ist ein Auftrag an die ExpertInnen und JuristInnen im Amt der Tiroler Landesregierung ergangen. Ziel ist, in diesem Sommer das bewährte Tiroler Modell der Entnahmeverordnungen auf Basis des geltenden Jagdgesetzes anzuwenden. Die Zeit bis zur Almsaison 2026 wird genützt, um das Wolfsmanagement weiterzuentwickeln. „Der politische Auftrag ist klar: Entnahmen müssen möglichst unbürokratisch, rasch und ohne unnötigen Verzögerungen stattfinden können – hierfür gilt es, den europäischen Rechtsrahmen auszureizen. Es braucht eine rechtssichere und nachhaltig haltbare Weiterentwicklung. Deshalb sind nun die Juristen mit der Ausarbeitung einer Novelle des Jagdgesetzes am Zug. Diese wird dann dem Tiroler Landtag zur Beschlussfassung vorgelegt“, zeigt LH Mattle den Weg auf.
Forderung nach Regulierung der alpinen Wolfpopulation
Trotz der lang geforderten Absenkung des Wolf-Schutzstatus wird der Druck aus Tirol nicht nachlassen. Ziel ist es, künftig ein Wolfsmanagement im Rahmen regulärer und unkomplizierter jagdlicher Maßnahmen, wie jährliche festgelegte Abschussquoten, umzusetzen. Das ist etwa bei anderen Tierarten wie der Gams, welche ebenfalls als geschützte Tierart in der der FFH-Richtlinie geführt ist, bereits möglich. Allerdings muss dazu der günstige Erhaltungszustand, also eine ausreichende Anzahl von Wölfen, nachgewiesen werden. Die aktuelle Regelung der Europäischen Union und insbesondere die Auslegung durch den EuGH sehen vor, dass der günstige Erhaltungszustand auf nationaler und Bundesländer-Ebene vorliegt. Deshalb fordert Tirol eine weitergehende Anpassung der FFH-Richtlinie, um den Erhaltungszustand überregional auf Populationsebene betrachten zu können.
Da der Wolf grenzüberschreitend aktiv ist, erstrecken sich Wolfspopulationen über mehrere Nationalstaaten. Die alpine Wolfspopulation erstreckt sich etwa über Frankreich, die Schweiz, Norditalien und Westösterreich und würde – staatsübergreifend betrachtet – den günstigen Erhaltungszustand bereits erfüllen. „Wichtig ist, dass wir im Anlassfall auch in Zukunft schnell reagieren und Abschüsse ohne langen bürokratischen Vorlauf veranlassen können. Die Senkung des Schutzstatus auf ‚geschützt‘ ist ein wichtiger Etappensieg. Was wir eigentlich wollen, ist aber eine reguläre Bejagung. Eine solche verhindert das EU-Recht nach wie vor, könnte mit einer überregionalen, grenzüberschreitenden Betrachtungsweise, die auch die Schweiz umfasst, beim Erhaltungszustand aber möglich gemacht werden.“ Diesbezüglich gibt es auch entsprechende Initiativen Tirols in der Arge Alp, der Arbeitsgemeinschaft der Alpenländer. „Wir arbeiten auf allen politischen Ebenen zum Schutz der Almtiere und der Almwirtschaft“, so LHStv Geisler abschließend.
Kurzmeldungen aus der Regierungssitzung
Schnellere Verfahren durch Projektvorbesprechungen – wöchentliches Update „Vereinfachung & Entbürokratisierung“: Als „Startvorteil für Projektwerber, die in Tirol etwas bewegen wollen“, bezeichnet Landeshauptmann Anton Mattle die Einführung des Angebots für eine Projektvorbesprechung bei Verfahren. Über diese Maßnahme im Zuge des Tirol Konvents hat er die Tiroler Landesregierung heute informiert. Damit baut das Land Tirol die Möglichkeiten für Vorabstimmungen und die Möglichkeit einer guten Projektvorbereitung weiter aus. Bezirkshauptmannschaften und Fachabteilungen stehen Projektwerbern nun bereits vor Verfahrensbeginn für Auskünfte, Informationen und Beratungen zur Verfügung. Zudem wird die Möglichkeit geschaffen, Sachverständige (z.B. im Brandschutz) in die Vorbesprechungen einzubinden. „Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete. Die Maßnahmen im Tirol Konvent dienen dazu, Verfahren Schritt für Schritt zu beschleunigen und zu vereinfachen. Dazu gehört etwa die Vollständigkeitsbestätigung, die Digitalisierung von Bescheiden für oder auch die Einführung einer einheitlichen Verfahrensplattform. Mit dem Angebot für eine Vorbesprechung können Verfahrenszeiten weiter reduziert und Konfliktpotential in Verfahren bereits im Vorhinein aus der Welt geräumt werden. Das spart Projektwerbern und Unternehmen, aber auch den Mitarbeitern in den Behörden Zeit, Geld und Nerven“, erklärt LH Mattle. Damit erwartet sich das Land, mögliche Hürden in einem Verfahren noch vor dem Start festzumachen, sich frühzeitig über notwendige Schritte im Verfahren abzustimmen und noch vor offizieller Einreichung bestmöglich zu reagieren. Auf die inhaltliche Entscheidung in einem Verfahren hat die Vorbesprechung keine Auswirkungen, sehr wohl aber auf die Geschwindigkeit. „Denn alles was vor Beginn schon geklärt ist, ist im Verfahren einfacher und schneller abzuhandeln“, ist LH Mattle überzeugt. Positive Erfahrungen mit Projektvorbesprechungen hat auch das führende Pharmaunternehmen Novartis gemacht. „Als einer der größten Industriebetriebe im Tiroler Unterland stehen Neuinvestitionen sowie Modernisierungen der Bestandsanlagen bei uns quasi auf der Tagesordnung. Dazu gibt es einen laufenden Austausch mit der Bezirkshauptmannschaft Kufstein als zentrale Schnittstelle. Dabei werden Projekte bereits im Vorfeld abgestimmt, um eine anschließend schnelle und reibungslose Umsetzung zu ermöglichen. Wir haben damit ausschließlich gute Erfahrungen gemacht“, so Roland Gander, Geschäftsführer Novartis Campus Kundl/Schaftenau.