Land Tirol und Tiroler Banken gegen Nachfolgeregelung der KIM-Verordnung

Eigentum schaffen: Banken brauchen mehr Spielraum, um auf KundInnen einzugehen

  • Antrittstermin: neuer Obmann der Sparte Bank und Versicherung, Patrick Götz, bei LH Anton Mattle
  • Kaum Kreditausfälle: TirolerInnen sind verlässlich und fleißig

Seit April vertritt der Vorstand der Tiroler Sparkasse, Patrick Götz, die Tiroler Banken und Versicherungen in der Tiroler Wirtschaftskammer. Heute, Mittwoch, hat sich der neue Spartenobmann gemeinsam mit Landeshauptmann Anton Mattle für einen leichteren Zugang zu Wohnungseigentum in Tirol und gelockerten Kreditvergaberegeln ausgesprochen. Das Land Tirol und die Tiroler Banken wehren sich gegen eine Nachfolgeregelung der KIM-Verordnung und fordern mehr Spielraum für die heimischen Banken. „Junge Tirolerinnen und Tiroler brauchen eine echte Chance auf die eigenen vier Wände. Wenn junge Menschen eine Perspektive haben, sich Eigentum zu schaffen, dann fördert das auch die Leistungsbereitschaft und die Unabhängigkeit. Es ist notwendig, leistbaren Wohnraum zur Verfügung zu stellen, indem Grund- und Baukosten möglichst gedrückt werden. Es braucht aber auch die passenden Finanzierungsinstrumente. Deshalb muss es mit dem Auslaufen der KIM-Verordnung im Juli zu einem Befreiungsschlag bei der Kreditvergabe kommen. In Tirol ist und bleibt die Ausfallquote bei privaten Wohnkrediten gering, denn die Tirolerinnen und Tiroler sind verantwortungsbewusst und gehen umsichtig mit ihren Finanzen um“, ist LH Mattle überzeugt. Dem pflichtet Spartenobmann Götz bei: „Die Tiroler Banken haben bewiesen, dass sie bei der Kreditvergabe auch vor Inkrafttreten der KIM-Verordnung mit dem notwendigen Augenmaß und der gebotenen Vorsicht im Rahmen der bestehenden Richtlinien agiert haben. Die stringenten Kriterien der KIM-Verordnung ließen nur sehr wenig Spielraum, um auf andere relevante Faktoren wie das Lebensalter, die zukünftige Einkommenserwartung oder die individuelle Vermögenssituation der Menschen einzugehen. Dadurch mussten wir in den letzten Jahren zahlreiche Anfragen von Jungfamilien und auch Besserverdienenden ablehnen, da wir im Rahmen der starren Kriterien keine Möglichkeit hatten, die individuelle Lebenssituation entsprechend zu berücksichtigen. Ausnahmekontingente waren zwar bis zu einem gewissen Grad zugelassen, aber die Prüfung im Vorhinein, die Dokumentation und die Berichterstattung stellten eine technische Herausforderung dar und waren administrativ sehr aufwendig, weshalb wir diesen theoretischen Spielraum nicht immer voll ausnutzen konnten.“

Auf KIM-Verordnung folgen VERA-Verordnung und neue FMA-Leitlinien

Mit 1. Juli 2025 läuft die sorgenannte Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung nach großem politischem Druck aus. Tirols Landeshauptmann war einer der ersten, der die strengen Vorgaben – wie die 20 prozentige Eigenmittelquote oder die maximale Rückzahlungsrate von 40 Prozent des Einkommens – kritisiert hat. Vielen jungen Menschen wurde dadurch der Traum von den eigenen Wänden verunmöglicht. Wirtschaftsexpertinnen und Wirtschaftsexperten machen die KIM-Verordnung auch für den Einbruch am Bausektor verantwortlich. „Der Traum junger Tirolerinnen und Tiroler zerplatzt am Bankschalter, weil die Finanzmarktaufsicht den Banken die Kreditvergabe an ihre Kunden verwehrt“, kritisiert der Landeshauptmann. LH Mattle hat sich gemeinsam mit Landeshauptmannstellvertreter Philip Wohlgemuth bereits gegen mögliche Nachfolgeregelungen gestemmt. Konkret wurden seitens des Landes zwei negative Stellungnahmen gegen die Vermögens-, Erfolgs- und Risikoausweis-Verordnung (VERA-V) und das Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht zur soliden Vergabe von privaten Wohnimmobilienkrediten abgegeben. In den beiden Regelwerken finden sich weite Teile der KIM-Verordnung wieder. Gefürchtet werden zudem enorme Berichtspflichten für Banken, die sich negativ auf die BankkundInnen auswirken. „Das Finanzmarktstabilitätsgremium hat im Dezember 2024 empfohlen, die KIM-Verordnung auslaufen zu lassen. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund, dieses Regelwerk zu verlängern, zumal bei privaten Wohnimmobilienfinanzierungen nachweislich kein Systemrisiko besteht. Zusätzliche aufsichtsbehördliche Maßnahmen in diesem Bereich würden nur zu einem Mehr an vermeidbarer Bürokratie führen, womit weder Kundinnen und Kunden noch Instituten oder der Bauwirtschaft geholfen wäre. Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung betrachten den Abbau von Bürokratie als einen der Schlüssel zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Unter diesem Gesichtspunkt soll der Regelungs- und Verwaltungsaufwand für Unternehmen spürbar reduziert werden. Wir wünschen uns daher wieder mehr Flexibilität in Bezug auf die Kreditvergabe – anstatt die bisherigen Regelungen starr fortzuführen“, ergänzt Bankenobmann Götz und fordert in diesem Zusammenhang Klarstellungen in Bezug auf Zinsvereinbarungen und Zwischenfinanzierungen.

Ungleichbehandlung zwischen Miete und Eigentum

LH Mattle verweist auf die Ergebnisse der Ö3-Jugendstudie, die deutlich zeigen, dass 86 Prozent der jungen Menschen, den Traum von Wohnungseigentum verfolgen und nimmt dabei die Finanzmarktaufsicht in die Pflicht: „Der Wunsch nach Eigentum ist in Tirol stärker als in anderen Bundesländern. Die Menschen in unserem Land sind fleißig. Besonders sichtbar werden die Werte Fleiß, Zusammenhalt und der Wunsch nach Unabhängigkeit, wenn es um die eigenen vier Wände geht. Wir wollen diesen starken Wunsch ermöglichen, denn Eigentum hilft gegen Altersarmut, weil Menschen nach ihrem Erwerbsleben und der erfolgreichen Rückzahlung in finanziell gesicherten Verhältnissen und den eigenen vier Wänden leben.“ Tirols Landeshauptmann kritisiert insbesondere, dass die Eigenmittel- sowie Beleihungsquote eine Ungleichbehandlung gegenüber der Miete darstellen: Bei einem Wohnkredit dürfen nicht mehr als 40 Prozent des Einkommens für die Rückzahlung aufgewendet werden. Beim Abschluss eines Mietverhältnisses sind keine Eigenmittel vorgeschrieben und es gibt keine Beschränkung, wodurch die Miete auch 40 Prozent oder mehr vom Einkommen ausmachen könne. „Die Ankündigung des Auslaufens der KIM-Verordnung war für viele Menschen in Tirol ein positives Signal. Die Nachfrage nach Wohnfinanzierungen hat sich in den letzten Monaten auch wieder etwas erholt. Es wäre daher kontraproduktiv, diesen positiven Trend in der aktuellen wirtschaftlichen Situation wieder einzubremsen. Der Wunsch der Menschen nach den eigenen vier Wänden ist in Tirol nach wie vor sehr hoch und im Sinne der finanziellen Altersvorsorge aus wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Sicht absolut sinnvoll“, merkt Bankenobmann Götz an. „Wir regen daher an, Vereinfachungen für bestimmte Arten von Finanzierungen in das Rundschreiben der Finanzmarktaufsicht aufzunehmen. Dadurch könnten positive Effekte für die Gesellschaft und die Umwelt erzielt werden. Beispiele wären Erleichterungen für das erste Eigenheim, für die Finanzierung energieeffizienter Immobilien oder Sanierungen. Um in diesem Sinne mehr Flexibilität zu ermöglichen, soll es den Instituten erlaubt sein, auf Basis individueller Risikovorgaben und der bestehenden regulatorischen Richtlinien entsprechende Ausnahmen zuzulassen. Die Banken müssen nach Auslaufen der KIM-Verordnung ohnehin sämtliche Leitlinien zur Kreditvergabe erfüllen. Damit wird einerseits eine solide Vergabe von privaten Wohnimmobilienkrediten sichergestellt und andererseits das Regelungsziel des geplanten Rundschreibens ohnehin erreicht. Darüber hinaus stellt das intensivierte Meldewesen zu privaten Wohnimmobilienkrediten in der VERA-V sicher, dass Risiken frühzeitig erkannt werden.“

Der Weg, Eigentum wieder leistbar zu machen, ist für das Land Tirol mit gelockerten Kreditvergaberegeln aber nicht zu Ende. „Es braucht ein konkretes leistbares Wohnbauprojekt nach dem anderen, damit sich jene, die sich Wohnungseigentum schaffen wollen, den Traum auch wirklich erfüllen können. Besonders, weil ich davon überzeugt bin, dass mehr Menschen in Eigentum auch bedeutet, dass weniger Menschen Mietwohnungen suchen, wodurch auch der Mietmarkt nachhaltig entlastet wird“, so LH Mattle abschließend.