- Daten von rund 170 Freiwilligen bilden Grundlage für Hochwasserprognosen
- Messstellen in Steinach am Brenner seit 60 Jahren kontinuierlich betreut
- Über 1.000 Messstellen in Tirol zur Aufzeichnung des Wasserkreislaufs
Vor kurzem wurde Herrn Markus Baldemair eine besondere Anerkennung zuteil: Er wurde stellvertretend vom Land Tirol für die über 60-jährige ehrenamtliche Tätigkeit seiner Familie als hydrographische Beobachterfamilie ausgezeichnet. Als sichtbares Zeichen des Dankes und der Wertschätzung für jahrzehntelangen Einsatz stattete LHStv Josef Geisler der Familie einen Besuch ab und überreichte die Urkunde.
„Über 60 Jahre im Dienst der Allgemeinheit, bei jedem Wetter und an 365 Tagen im Jahr – das ist ein außergewöhnliches Engagement, das nicht hoch genug geschätzt werden kann“, betont LHStv Geisler und führt weiter aus: „Mit ihrer Arbeit hat die Familie Baldemair einen wertvollen Beitrag zur Erfassung des Wasserkreislaufs und zur Sicherheit unseres Landes geleistet und mit Markus Baldemair wird dies seit 23 Jahren fortgesetzt – insbesondere im Hinblick auf Hochwasserprognosen und den Schutz vor Naturgefahren. Dafür gebührt unser aufrichtiger Dank.“
Tägliche Messungen als Familienaufgabe
Seit dem Jahr 1965 erfolgt die Betreuung der hydrographischen Messstellen durch die Familie Baldemair offiziell als hydrographische Beobachter in Steinach am Brenner. Bereits vor 1965 finden sich Protokolle, die auch auf ein Mitwirken der Familie Baldemair sowie der Familie Fritz hinweisen. Zu bestimmten Zeiten erfolgen an den Pegelstellen Puig/Sill und Mühlen/Navisbach Kontrollmessungen des Wasserstandes und der Wassertemperatur durch Markus Baldemair. Die gesammelten Daten werden sorgfältig protokolliert und regelmäßig an den Hydrographischen Dienst des Landes Tirol übermittelt.
Franz Baldemair, der Vater von Markus Baldemair, hatte damals mit den Pegelmessungen begonnen. Nach seinem Ableben übernahm seine Frau, Theresia Baldemair, die Messungen. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Sohn Markus Baldemair, der die Messungen im Jahr 2002 gänzlich übernahm. Als besonderes Ereignis ist ihm das Hochwasser an der Sill im Jahr 2023 in Erinnerung geblieben. „Auch große Schneefallmengen in den Wintermonaten führen zu erschwerten Ablesungen und extreme Kälteperioden sorgen immer wieder für starkes Randeis“, so Baldemair und führt weiter aus: „Die Pegelstelle Puig/Sill kennzeichnet vor allem das großzügige Pegelhaus mit Seilkrananlage zur Durchflussmessung und dass sich der vormalige Standort der Pegelstelle direkt neben meinem Elternhaus befand.“
Langfristige Daten – wertvoll für Wissenschaft und Katastrophenschutz
Die langjährige Betreuung der Messstelle durch die Familie Baldemair liefert nicht nur aktuelle Messwerte, sondern stellt auch eine wertvolle Datengrundlage für wissenschaftliche Auswertungen dar. Standortbezogene Langzeitbeobachtungen ermöglichen Rückschlüsse auf hydrologische Veränderungen und Witterungsentwicklungen über Jahrzehnte hinweg. „Eine Messhistorie über sechs Jahrzehnte – noch dazu am selben Standort – ist ein wertvoller Schatz. Die Daten fließen unter anderem in die Hochwasserprognosen ein und tragen dazu bei, frühzeitig vor Gefahren zu warnen. Trotz aller technischer Fortschritte bleibt das persönliche Engagement der Beobachterinnen und Beobachter unverzichtbar, insbesondere für die Qualitätssicherung und die kontinuierliche Datengewinnung“, erklärt Klaus Niedertscheider, Leiter des Sachgebiets Hydrographie und Hydrologie beim Land Tirol.
Der Hydrographische Dienst Tirol betreibt gemeinsam mit Partnern über 1.000 Messstellen im Bundesland im Bereich Niederschlag, Lufttemperatur, Verdunstung, Wasserstände an Oberflächengewässern und im Grundwasser, Wassertemperatur und Feststoffe – davon 650 landeseigene. Rund 170 ehrenamtliche BeobachterInnen unterstützen die tägliche Erhebung von hydrologischen Daten – eine Aufgabe, die Erfahrung, Verlässlichkeit und Engagement erfordert.
Factbox:
Pegelmessstellen in Steinach am Brenner, Familie Baldemair
Pegel Puig/Sill:
Errichtung 1947, damals nur Wasserstandsbeobachtung
1951 Ermittlungsbeginn Abfluss
Einzugsgebiet 341,8 km²
Pegelnullpunkt 1004,97 m ü. A
Erste Beobachterin 1947 Sofie Baldemair, später Familie Fritz (1951-1965) und ab 1965 wieder Familie Baldemair
Pegel Mühlen/Navisbach:
Errichtung 1947,
1969 Ermittlungsbeginn Abfluss
Einzugsgebiet 61,5 km²
Pegelnullpunkt 1009,23 m ü. A
Ab 1947 Beobachter Franz Obojes am Pegel Mühlen/Navisbach, später Familie Baldemair
Ab 1951 (Puig/Sill) /1969 (Mühlen/Navisbach) kontinuierliche Aufzeichnung des Wasserstandes mittels Registrierung (damalige Beobachtung um 7 Uhr täglich, mechanische Schreibgeräte zur Ganglinienaufzeichnung des Wasserstandes). Ab dem Jahr 1984 Umstellung auf Datensammler und elektronische Messwerterfassung.