Tirol geht neue Wege im Management großer Beutegreifer: Almschutz- und Jagdgesetz in Kraft

Spielräume auf Landesebene ausgereizt, Anpassung der FFH-Richtlinie mit Berücksichtigung der Almwirtschaft bleiben Ziel

  • Fünfköpfiges unabhängiges Fachkuratorium und Ausweisung von Weideschutzgebieten zentrale Elemente für raschere, EU-konforme Entnahme
  • Vergangene Wochen wurden bereits für Vorarbeiten genutzt

Mit Samstag, den 21. August 2021 treten die im Juli vom Tiroler Landtag beschlossenen neuen Bestimmungen im Tiroler Almschutz- und im Tiroler Jagdgesetz in Kraft. Diese sollen eine raschere und EU-konforme Entnahme von Wölfen und Bären in jenen Almgebieten ermöglichen, in denen Herdenschutzmaßnahmen nicht umsetzbar sind. Zentrale Elemente sind dabei die Einrichtung eines unabhängigen, weisungsfreien Fachkuratoriums, das das Verhalten von großen Beutegreifern laufend beurteilt und Maßnahmen bis hin zur Entnahme empfiehlt. Ein weiterer Eckpfeiler ist die Ausweisung von Weideschutzgebieten, also nicht schützbaren Almen, sowie Almgebieten, in denen Herdenschutzmaßnahmen machbar sind. Das öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung der Almflächen wurde gesetzlich verankert.

„Wir sind die ersten in Österreich, die diesen Weg gehen und betreten damit Neuland. Wir reizen alle Spielräume aus, die uns der EU-Rechtsrahmen auf Landesebene bietet. Wir wollen insbesondere jenen Almen einen Perspektive bieten, auf denen Herdenschutz nicht umsetzbar ist“, sieht LHStv Josef Geisler Tirol in einer Pionierrolle. Unabhängig davon müssten die Bemühungen auf europäischer Ebene hinsichtlich der Anpassung des Schutzstatus insbesondere des Wolfes in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) und der Berücksichtigung der in Europa einzigartigen Almwirtschaft intensiv fortgesetzt werden.

Seitens des Landes hat man in den vergangenen Wochen intensiv daran gearbeitet, dass das unabhängige Fachkuratorium möglichst rasch seine Arbeit aufnehmen kann. Nach Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung soll demnächst der Regierungsbeschluss für die Geschäftsordnung des Kuratoriums erfolgen. Eine informelle Sitzung des Gremiums hat bereits stattgefunden. Unterlagen zur Beurteilung der Situation wurden übermittelt. Unter der Federführung Tirols hat auch bereits eine österreichweite Arbeitsgruppe zur Erarbeitung und Festlegung von einheitlichen Parametern für die Ausweisung von Weideschutzgebieten getagt.

Das weisungsfreie Fachkuratorium besteht aus vier stimmberechtigten ExpertInnen aus den Bereichen Tierwohl (zwei Mitglieder), Agrarwirtschaft und Naturschutz sowie einem/einer Vorsitzenden. Die Namen der Mitglieder werden zu deren Schutz nicht veröffentlicht. Das Fachkuratorium beurteilt das Verhalten eines großen Beutegreifers und spricht in Übereinstimmung mit dem Österreichischen Wolfsmanagementplan Empfehlungen für Maßnahmen bis hin zur Entnahme aus. Beschlüsse bedürfen einer einfachen Mehrheit.

Die Landesregierung als Kollegialorgan folgt dieser Empfehlung und stellt dann in einer Verordnung umgehend fest, dass von einem bestimmten Wolf oder Bären eine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit von Personen oder eine unmittelbare, erhebliche Gefahr für Weidetiere ausgeht. Die Jagdbehörde nimmt in weiterer Folge einen bestimmten Wolf oder Bär per Bescheid von der jagdlichen Schonzeit aus. Bei Bedarf werden andere geeignete Personen mit der Durchführung der erforderlichen Maßnahme beauftragt.