Umfangreiches psychosoziales Versorgungsangebot in Tirol

Psychische Erkrankungen: Land Tirol finanziert Unterstützungsangebote für 2.783 betroffene Menschen

  • Ziel der Angebote: individuelle Unterstützung und Begleitung hin zu einer möglichst selbstbestimmten Lebensführung
  • LRin Fischer besuchte arbeitsintegratives Projekt von start pro mente, Wohnformen des PSP Tirol und die Residenz Harterhof von pro mente tirol

„Menschen mit psychischen Krankheiten haben auch heute noch vielfach eine oft schwierige Position in unserer Leistungsgesellschaft. Zwar steigt die Akzeptanz für diverse Therapieformen langsam an, trotzdem werden Erkrankungen immer noch tabuisiert und sind mit jeder Menge Klischees behaftet. Dies zeigt sich vor allem bei der Suche nach einer Wohnung und einem Arbeitsplatz“, weiß Soziallandesrätin Gabriele Fischer, die im Rahmen ihrer Tour unter dem Motto „Hingehen, wo die Menschen sind“ kürzlich drei Einrichtungen in Innsbruck besuchte, in welchen Menschen mit psychischen Erkrankungen begleitet werden: start pro mente, Wohnformen vom Psychosozialen Pflegedienst Tirol (PSP) und die Residenz Harterhof von pro mente tirol. „Diese drei Unterstützungsangebote verfolgen unterschiedliche Ansätze und Schwerpunkte bei der Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, gleichzeitig eint sie das gemeinsame Ziel, individuell auf die Bedürfnisse der betroffenen Menschen einzugehen und sie in einer möglichst selbstbestimmten Lebensführung zu unterstützen“, fasst LRin Gabriele Fischer zusammen.

Die psychosoziale Versorgung ist in Tirol breit aufgestellt: Stationäre, ambulante und mobile Dienste arbeiten multidisziplinär zusammen, um Kinder, Jugendliche, Erwachsene und ältere Menschen mit psychischen Erkrankungen bedarfsgerecht zu begleiten. Das Land Tirol finanziert sozialpsychiatrische Leistungen für derzeit 2.783 betroffene Menschen.

Tagesstruktur und mobile Begleitung

So auch die start pro mente: „Wir bieten eine Tagesstruktur und mobile Begleitung für Menschen mit psychischen Erkrankungen“, erläutert der fachliche Leiter Robert Fiedler. „Ziel ist es, die betroffenen Menschen bei ihrer seelischen Stabilisierung und Genesung zu unterstützen und sie auf ihrem Weg zu einer selbstbestimmten Lebensführung zu begleiten.“ Dabei haben die Bedürfnisse der Menschen mit einer psychischen Erkrankung Priorität. In Form von Einzelbegleitung wird auf die individuellen Anliegen eingegangen, daneben bietet ein Tageszentrum die Möglichkeit des Austauschs und des sozialen Kontakts. Zusätzlich werden betroffene Menschen individuell bei eigenen Arbeitserfahrungen begleitet. „Ein besonderes Projekt von start pro mente ist ‚ess-start‘: Im Oberlandesgericht in Innsbruck betreiben wir eine Kantine für die dort arbeitenden Justizbediensteten, wo die von uns begleiteten Menschen Selbstbewusstsein für einen Berufseinstieg sammeln und mit Druck und Hektik umzugehen lernen“, berichtet Fiedler. Dieses arbeitsintegrative Angebot trägt der UN-Behindertenrechtskonvention Rechnung, die die barrierefreie Teilhabe von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens zum Ziel hat.

Vorreiterrolle Tirols bei Begleitung in häuslicher Umgebung

Die Einzelbegleitung von psychisch erkrankten Menschen im Form eines aufsuchenden Dienstes steht unter anderem im Fokus des Psychosozialen Pflegedienstes (PSP Tirol): „Was die Begleitung in der häuslichen Umgebung zur Bewältigung der aktuellen Lebenssituation betrifft, so nimmt Tirol sicherlich eine Vorreiterrolle in Österreich ein“, betont Geschäftsführer Karl-Heinz Alber. Je nach individuellem Bedarf werden durch den PSP unterschiedliche soziotherapeutische Aktivitäten angeboten, die die Basis des sozialpsychiatrischen Angebotes bilden: „Wir setzen in unserer Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen an unterschiedlichen Lebensbereichen an. Ziel ist der Abbau von Ängsten, damit sie sich aus ihrer sozialen Isolation befreien und selbstständig sowie selbstbestimmt leben können“. Als „Sprungbrett“ zur eigenen Wohnung bietet PSP Tirol auch betreute Wohnprojekte und Wohngemeinschaften an. Auch dort wird Selbstständigkeit und Realitätsbezug gefördert und Isolation und Rückzugstendenzen entgegengewirkt. So sind eine Wohngemeinschaft und drei Wohnungen, in denen vom PSP Tirol begleitete Menschen leben, im Mehrgenerationenhaus „Haus im Leben“ am Innsbrucker Fischerhäuslweg zu finden. Dieses ist speziell darauf ausgerichtet, Rahmenbedingungen für Begegnungen und Beziehungen zu schaffen.

Spezielle Wohnformen mit sozial-psychiatrischer Begleitung in Tirol

In der Residenz Harterhof der pro mente tirol leben im Innsbrucker Stadtteil Kranebitten elf Frauen und Männer mit psychischen Erkrankungen im Alter von 44 bis 67 Jahren in voneinander unabhängigen Einzimmerwohnungen. Das Angebot zielt auf ein eigenständiges Wohnen mit sozial-psychiatrischer Betreuung und Begleitung ab, gleichzeitig werden soziale Kontakte, Versorgung, Alltagsunterstützung, therapeutische und psychosoziale Angebote sowie im Bedarfsfall Krisenintervention geboten. „In dieser speziellen Wohnform werden Menschen mit dauerhaft erhöhtem sozial-psychiatrischen Betreuungsbedarf begleitet. Im Fokus steht die Verbesserung der Lebensqualität und die größtmögliche Selbstbestimmung ihres Lebens“, berichtet Markus Walpoth, fachlicher Geschäftsführer von pro mente tirol. Bewegungs- und Freizeitangebote sowie musiktherapeutische und künstlerisch kreative Angebote im Einzel- und Gruppensetting runden das Unterstützungsangebot ab