Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) im Fokus

Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz der Länder in Wien

  • Kindeswohl hat Vorrang bei Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen – auch bei Überstellungsfahrten
  • Best-Practice-Beispiel: Tiroler Fachteam umF österreichweit einzigartig

Die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen (umF) stand im Zentrum der Tiroler Anträge bei der heute, Freitag, stattfindenden Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz der Länder in Wien: „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge kommen nach Flucht vor Krieg oder kriegerischen Auseinandersetzungen ohne ihre Eltern nach Österreich und hoffen auf Perspektive, Zukunft, Frieden, Sicherheit und Schutz vor Verfolgung. Sie sind auf sich alleine gestellt, haben ihre Heimat, ihre Familie und ihr soziales Umfeld verlassen und finden sich nach einer oft traumatischen Flucht in einem ihnen unbekannten Land wieder“, beschreibt die für Kinder- und Jugendhilfe zuständige Landesrätin Gabriele Fischer die Ankunft von unbegleiteten geflüchteten Kindern und Jugendlichen in Österreich. Ab diesem Zeitpunkt sei schnelles Handeln notwendig, denn umF zählen zu den vulnerabelsten Gruppen, die oft besonderen Risiken ausgesetzt sind, darunter Ausbeutung und sexuelle Gewalt, Menschenhandel, militärische Ausbeutung oder Kinderarbeit. „Die Flucht ohne Familie oder enge Bezugspersonen hinterlässt tiefe Spuren, aber ein passendes Betreuungsangebot kann wieder Stabilität und Sicherheit in ihr Leben bringen. Der Aufenthalt von unbegleiteten Kindern und Jugendlichen in Betreuungseinrichtungen des Bundes muss möglichst kurzgehalten werden – dort muss auf eine kindgerechte Betreuung und die Vorrangigkeit des Kindeswohls geachtet werden. Im Einvernehmen mit den Ländern muss eine zeitnahe Überstellung in Betreuungseinrichtungen der Länder erfolgen, um eine rasche Obsorgeübernahme durch die jeweilige Kinder- und Jugendhilfe zu gewährleisten“, fordert LRin Fischer, denn nur so könne die rechtliche Verantwortung für Pflege, Erziehung, Vermögensverwaltung und gesetzliche Vertretung sichergestellt sein. „Für die Fahrten zur Erstbefragung sowie für Überstellungsfahrten in die Länder dürfen keine Arrestantenfahrzeuge verwendet werden, da dies der Kinderrechtekonvention widerspricht“, stellt LRin Fischer klar. Sollte ein geflüchtetes unbegleitetes Kind oder ein/e geflüchtete/r unbegleitete Jugendliche/r in einem Bundesland aufgefunden werden, so sollen diese im jeweiligen Bundesland bzw. in den Erstaufnahmestellen erstbefragt werden.

Fachteam umf stellt umfassenden Kinderschutz sicher

In Tirol wird dieser Verantwortung sofort und vor der Übertragung der Obsorge durch das zuständige Pflegschaftsgericht nachgekommen: Das Fachteam umF, das bei der Kinder- und Jugendhilfe des Landes Tirol angesiedelt ist, trägt die Obsorge schon von Beginn an, also direkt nach der Ankunft der umF in Tirol. „Damit wird erreicht, dass die Kinder- und Jugendhilfe von Beginn an als gesetzlicher Vertreter der Kinder tätig wird“, erläutert LRinFischer. „Das Wohl der Kinder und Jugendlichen steht dabei im Vordergrund.“ Diese Vorgehensweise wurde im Bericht der Kindeswohlkommission unter der Leitung der ehemaligen OGH-Präsidentin Irmgard Griss lobend hervorgehoben.

Im Rahmen der Kinder- und JugendhilfereferentInnenkonferenz der Länder stellte LRin Fischer die Organisationsform des Fachteams umF als Best-Practice-Beispiel vor: Ein multidisziplinär zusammengesetztes Team, das in drei Aufgabenbereiche aufgeteilt ist, kümmert sich um die Agenden der umF. Die SozialarbeiterInnen des Team Obsorge arbeiten mit den Minderjährigen und kümmern sich um Pflege, Erziehung sowie Vermögensverwaltung. Die JuristInnen des Teams Recht fungieren als gesetzliche VertreterInnen, insbesondere in asyl- und fremdenrechtlichen Verfahren. Das Mobile Team, bestehend aus SozialarbeiterInnen, SozialpädagogInnen und ErziehungswissenschafterInnen berät, begleitet und unterstützt jene umF, die volljährig werden/wurden, auf ihrem Weg in die Selbstständigkeit. „Die umfassende Unterstützung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die ‚unter einem Dach‘ gebündelt zur Verfügung steht, ist in dieser Form österreichweit einzigartig und ermöglicht eine rasche Reaktion im Krisenfall oder wenn ein Kind oder Jugendlicher in Tirol aufgefunden wird“, erläutert LRin Fischer und verweist darauf, dass diese spezialisierte Organisationseinheit für einen umfassend verstandenen Kinderschutz ausdrücklich vom Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) empfohlen wird.