LH Platter: „Tirol erhebt Anspruch, bundesweiter Bevölkerung beste Pflege anbieten zu können“

26 Millionen Euro pro Jahr für Altenwohn- und Pflegeheime und noch bessere Versorgungsqualität

  • 26 Millionen Euro pro Jahr für Altenwohn- und Pflegeheime und noch bessere Versorgungsqualität
  • Tirolweit einheitliche Qualitätsstandards in Heimen durch neues Tarifmodell
  • Neue Ausbildungsmöglichkeiten für Pflegeberufe
  • Maßnahmenpaket für Um- und WiedereinsteigerInnen
  • Entlastung pflegender Angehöriger und 7.000 zusätzliche Pflegekräfte bis 2030

Aktuell sind knapp 140.000 Menschen in Tirol über 65 Jahre (18,5 Prozent), 2040 werden es bereits 26,3 Prozent sein. Die Zahl der über 85-Jährigen wird sich sogar verdoppeln – von aktuell 18.400 Personen auf 36.000. Grund genug für die Tiroler Landesregierung heute, Dienstag, einen Grundsatzbeschluss auf Antrag von LH Günther Platter und Gesundheits- und Pflegelandesrat Bernhard Tilg zu fassen, mit dem massiv in das Tiroler Pflegesystem investiert und die Qualität weiter ausgebaut wird. Dies betrifft vor allem die Bereiche Pflegepersonal (neue Ausbildungsmöglichkeiten, Maßnahmen für Um- und WiedereinsteigerInnen, Verbesserung Vereinbarkeit von Familie und Beruf), pflegende Angehörige (Entlastung, Beratung und Weiterbildung) sowie die Pflegestruktur (Ausbau Mobile Pflege, generationsübergreifende Wohnformen, Förderung der Digitalisierung). Gemeinsam mit LHStvinIngrid Felipe, Gemeindeverbandspräsident Ernst Schöpf und Georg Berger, Vorstand der ARGE Tiroler Altenheime, wurden heute die Eckpunkte von „Pflege Tirol 2030“ vorgestellt, dessen Kernstück ein neues Tarifmodell ist: Damit stehen allen Tiroler Altenwohn- und Pflegeheimen jährlich 26 Millionen Euro mehr für eine einheitliche Versorgungsqualität zur Verfügung. Die Kosten tragen Land Tirol, Tiroler Gemeinden und Stadt Innsbruck.

„Auf Basis von bisher Erreichtem stellen wir heute die Weichen für die Pflege der Zukunft in Tirol. Denn jene, die Betreuung und Unterstützung benötigen, müssen sich darauf verlassen können, dass diese zur Verfügung steht – und zwar flexibel, wohnortnahe und in höchster Qualität. Tirol soll bis zum Jahr 2030 jenes Bundesland sein, das die qualitativ beste Pflege für die Tirolerinnen und Tiroler anbieten kann. Wichtig ist es nun, dass wir uns für die Herausforderungen der Zukunft noch besser rüsten. Dafür werden in den kommenden zehn Jahren 4,7 Milliarden Euro in die Pflege investiert, wovon jeder einzelne Euro gut angelegt ist“, sagt LH Platter.

„Die Qualität der Alten- und Pflegeheime wird maßgeblich vom Personaleinsatz beeinflusst. Umso wichtiger ist es, dass ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, damit sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren können“, sind sich LH Platter und LR Tilg einig und bedanken sich „bei den Tiroler Heimen, den Tiroler Gemeinden und vor allem jenen, die in diesem wichtigen Bereich tätig sind. Sie bilden das Fundament der Pflege und unterstützen das Altern in Würde.“ LHStvin Felipe ergänzt: „Bei ‚Pflege Tirol 2030‘ steht der Mensch im Mittelpunkt. Wir wollen damit Menschen, die Pflege leisten – von den Fachkräften über Ehrenamtliche bis hin zu pflegenden Angehörigen, aber auch Menschen mit Pflegebedarf unterstützen. Es geht um eine angemessene Leistungsvergütung über die Nutzung der Digitalisierung bis hin zur Entlastung aller Betroffenen und der Attraktivierung des Berufs – eine Strategie, damit es auf keiner Ebene zu einer ‚Überlastung‘ kommt.“

Tarifmodell neu: mehr finanzielle Mittel, mehr Zeit, mehr Sozialbetreuung

Mit den zusätzlichen Finanzmitteln wird den Heimen auf Basis tirolweit einheitlicher Berechnungen ein wirtschaftlicheres Arbeiten ermöglicht – unabhängig davon, ob sich die Einrichtung in einer finanzstarken oder -schwachen Gemeinde befindet. „Das neue Lohnkostentarifmodell ist ein Leistungsmodell, hinter welchem Menschen stehen, die ihr Bestes geben. Es ist ein großer Wurf, mit welchem wir ein tragfähiges Konstrukt haben und die kommenden Jahrzehnte arbeiten können“, sagt Georg Berger und erklärt: Unter anderem werden Führungskräfte in der Pflege freigestellt, um sich ihrer Leitungsaufgabe widmen zu können. Zudem können in einigen Heimen vielfach noch nicht angebotene Qualifikationen der „sozialen und psychosozialen Betreuung“ durch speziell ausgebildete Fachkräfte wie ErgotherapeutInnen angeboten werden. Auch die Bemessung der Nachtdienste wird neugestaltet, wodurch mit einem Mehr an Personalflexibilität die Diensthabenden entlastet werden sollen. Konkret heißt das, dass die Dienstangebote vielfältiger gestaltet werden können und man zielgerichteter auf die Bedürfnisse der BewohnerInnen – beispielsweise auch hinsichtlich ihrer Freizeitgestaltungspräferenzen – eingehen kann. Die Arbeitslast (beispielsweise durch Verwaltungstätigkeiten) innerhalb der individuellen Arbeitszeiten wird verringert, die frei gewordene Zeit kommt den einzelnen BewohnerInnen zugute.

Mit dem Strukturplanpflege 2012 wurde der erste Rahmen zur Weiterentwicklung der Pflege in Tirol geschaffen. „Tirol war das erste Bundesland, welches die Gehälter in der Langzeitpflege an jene der Krankenhäuser angepasst hat. Zehn Jahre später setzen wir mit dem Tarifmodell Neu einen neuen Meilenstein“, so LR Tilg. „Gleiches Geld für gleiche Arbeit war damals Zentrum unseres Ehrgeizes. Damit die Pflege weiterentwickelt wird, schließen auch wir uns als Kommunen der Finanzierung an. Denn damit können die Kosten der Tiroler Heimlandschaft für die nächsten Jahre abgedeckt werden – das ist im Sinne aller Tiroler Gemeinden“, sagt Ernst Schöpf.

Pflegepersonal: neues motivieren, bestehendes fördern

Bis zum Jahr 2030 sollen 7.000 zusätzliche Pflegekräfte zur Verfügung stehen. Um diese zu finden, werden neue Ausbildungsmöglichkeiten initiiert und berufliche Umstiegsmöglichkeiten verbessert. „Die aktuellen Schulversuche an der Ferrarischule Innsbruck sowie an der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Rotholz und Imst werden sehr gut angenommen. Ziel ist es, ein Ausbildungssystem im Bereich 3- bis 5-jähriger Schulen als Ergänzung zu den Gesundheits- und Krankenpflegeschulen zu etablieren“, sagt LR Tilg. Auch Möglichkeiten wie Stipendien oder neue Entschädigungsformen für Praktika sind geplant. Um Teilzeitmodelle und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch besser zu fördern, sollen „Personalpools“ den MitarbeiterInnen ein breites und abwechslungsreiches Arbeitsfeld bieten.

Pflegende Angehörige in ihrer Aufgabe stärken

Die Pflege zuhause gilt es, durch die Verschränkung von Gesundheit und Pflege zu verbessern. Dazu zählt unter anderem die vertiefende Einbindung der Gesundheits- und Sozialsprengel, deren Strukturen nun evaluiert werden. „Wir wollen eine wohnortnahe und flexible Betreuung gewährleisten“, sagt LR Tilg. Unterstützung finden pflegende Angehörige bei den Care Management Bezirksstellen. Diese finden sich derzeit in Landeck, Kufstein, Imst und Reutte. Schwaz, Innsbruck-Land und Innsbruck-Stadt sollen 2022 folgen, die Gespräche mit Kitzbühel und Lienz laufen bereits. Mit der Einführung von Erholungswochen und -tagen sowie Schulungen werden pflegende Angehörige besser unterstützt werden. Dahingehend beschloss die Tiroler Landesregierung bereits die Richtlinie zur „Spezialisierten Kurzzeitpflege zuhause“, wodurch pflegende Angehörige je nach Bedarf Pflegeunterstützung für einen gewissen Zeitrahmen anfordern können.

Betreuungsformen erweitern – neue Modelle etablieren

Weiters soll auf die Digitalisierung in der Pflege (Telemedizin, Hotlines, Telepflege) gesetzt, das Ehrenamt gestärkt und die 24h-Betreuung durch neue Qualitätsstandards gefördert werden. „Tirol verzeichnet österreichweit eine der höchsten Lebenserwartungen. Viele bleiben rüstig und fit bis ins hohe Alter. Dennoch wird unsere Gesellschaft insgesamt älter. Deshalb muss unser Augenmerk auch auf jenen Phasen des Lebens liegen, in denen die persönliche Fitness altersbedingt nachlässt. Mit dem heutigen Beschluss sind jedenfalls die Weichen für die qualitätsvolle Pflege der Zukunft in Tirol gesetzt“, so LH Platter.