Projekt „StoP – Stadtteile ohne PartnerInnengewalt“ startet in Tirol

Internationale Bewusstseinskampagne gegen häusliche Gewalt

  • Frauenhaus Tirol holt „StoP“ nach Tirol
  • Wilten als erster Stadtteil, in dem Projekt umgesetzt wird
  • Claudia Tischler ist neue „StoP“-Koordinatorin

„StoP“ – kurz für „Stadtteile ohne PartnerInnengewalt“ – ist ein Nachbarschaftsprojekt mit dem Ziel, Gewalt an Frauen und Kindern zu verhindern. Erreicht werden soll dies primär durch die Sensibilisierung und Stärkung der NachbarInnenschaften in Stadtteilen, Gemeinden und Bezirken, sodass häusliche Gewalt nicht mehr toleriert, verschwiegen oder ignoriert wird. Standbein für die in Deutschland gegründete Initiative in Tirol ist seit 2021 das Frauenhaus Tirol. Nach einer erfolgreichen ersten Vernetzungsarbeit geht „StoP“ im Stadtteil Wilten nun in die konkrete Umsetzung. Für die zwei Folgejahre fördert das Land Tirol im Rahmen des Gleichstellungspaketes das Projekt mit jährlich rund 62.500 Euro. Damit ist Tirol das erste Bundesland in Österreich, in dem die Weiterfinanzierung von „StoP“ bis inklusive 2023 gesichert ist.

„Das ‚StoP‘-Projekt ist deshalb so innovativ, weil es am Gemeinschaftsgedanken ansetzt. Wie die US-amerikanische Soziologin Carl Hagemann-White treffend formulierte, wirft Gewalt gegen Frauen nicht nur die Frage nach der Qualität einer Beziehung auf, sondern vielmehr die Frage nach der Qualität des Gemeinwesens. Gewaltschutz, der bei Gewaltprävention beginnt, geht uns nämlich alle an und ist nur dann erfolgreich, wenn wir miteinander füreinander da sind. Dazu gehört es, als Zeugin oder Zeuge von häuslicher Gewalt bzw. als Nachbarin oder Nachbar, hinzuschauen und einzugreifen“, betont Frauenlandesrätin Gabriele Fischer.

37 Stadtteile setzen „StoP“-Konzept um

Gegründet wurde das urheberrechtlich geschützte „StoP“-Konzept von Sabine Stövesand vom Department Soziale Arbeit an der HWA Hamburg. Seit 2010 wird das Projekt in verschiedenen deutschen Stadtteilen umgesetzt. In Österreich koordiniert der Verein „Autonome Österreichische Frauenhäuser“ „StoP“. Gabriele Plattner und Hannah Ringhofer vom Tiroler Frauenhaus brachten „StoP“ durch die Absolvierung der insgesamt vier mit dem Konzept verknüpften Ausbildungsmodule im vergangenen Jahr nach Tirol. Insgesamt ist die Bewusstseinskampagne gegen PartnerInnen- und häusliche Gewalt mittlerweile in 37 Stadtteilen in Österreich und Deutschland präsent – und damit auch in allen neun österreichischen Bundesländern. „‚StoP‘ ist für mich eine neue bereichernde gewaltpräventive Maßnahme. Das Potential des Handlungskonzepts liegt darin, dass das Projekt dort ansetzt, wo Gewalt passiert: im privaten Raum, in der eigenen Wohnung, in der Wohnung gegenüber oder im Stadtteil, in dem ich lebe oder arbeite“, so Plattner, Leiterin des Frauenhauses Tirol.

Schlüsselpersonen finden und Synergien nutzen

Mit Claudia Tischler ist seit September 2022 eine Koordinatorin für „StoP“ in Tirol gefunden. Zu ihren Aufgaben zählen die Kontaktaufnahme mit den Frauen und künftigen „Schlüsselpersonen“ im Stadtteil sowie die Vernetzung mit der Vielzahl bestehender Einrichtungen. „In einem ersten Schritt geht es darum, ‚StoP‘ im Stadtteil bekannt zu machen. Wir werden hierfür von Tür zu Tür gehen, aber auch bei Veranstaltungen und Aktionen im öffentlichen Raum, etwa Märkte oder Feste, informieren. Ziel ist es, interessierte Menschen zu finden, die sich aktiv als Nachbarinnen und Nachbarn bei ‚StoP‘ beteiligen möchten. Die Koordinatorin, die ‚StoP‘-MitarbeiterInnen und aktive Nachbarinnen und Nachbarn fungieren auch als Brückenbauerinnen und Brückenbauer zu Unterstützungseinrichtungen im Opferschutzbereich“, erklärt Tischler.

Als Pilot-Stadtteil zur Umsetzung des Projektes fiel die Wahl des Frauenhauses auf Wilten, da dort bereits zahlreiche Vernetzungslinien gegen Gewalt bestehen und damit Synergien genutzt werden können. „Der Stadtteiltreff Wilten ist ein Ort des Austausches und der Begegnung. Wir arbeiten mit den Menschen aus dem Stadtteil an den Themen aus dem Stadtteil und fördern Vernetzung und Informationsaustausch. Das ‚StoP‘-Projekt setzt in der Nachbarschaft an und arbeitet direkt mit den Menschen vor Ort. Als Stadtteiltreff, der in und mit der Nachbarschaft arbeitet, unterstützen wir dieses wichtige Projekt sehr gerne“, sagt die Leiterin des Stadtteiltreffs Wilten Florence Fritz.

Das zukünftige Ziel ist für das Frauenhaus Tirol der Ausbau des „StoP“-Projektes über den Stadtteil Wilten hinaus. „Visionäre Absicht ist, ‚StoP‘ in jeder Gemeinde und in jedem Bezirk mit einer langfristigen und gesicherten Finanzierung umsetzbar zu machen. Viel schöner wäre es jedoch, dass es irgendwann keine Gewalt an Frauen und Kindern mehr gibt, weil die Gesellschaft geschlechtergerecht geworden ist“, führt Plattner aus.

Mehr Infos zum Projekt finden sich unter www.stop-partnergewalt.at.