Arbeitsgespräch von LRin Fischer mit Diakonie Flüchtlingsdienst

Existenzsicherung als Basis für weitere Integrationsschritte

  • Erster Bericht zum Projekt „Unabhängige Beratung Tirol, Sozial- und Rechtsberatung für Geflüchtete und MigrantInnen“
  • Niederschwellige Beratung durch ein multiprofessionelles Team aus SozialarbeiterInnen und JuristInnen
  • Land Tirol unterstützt Projekt mit 150.000 Euro

Im Juni dieses Jahres startete der Diakonie Flüchtlingsdienst mit einem verschränkten Beratungsangebot: Mit dem Projekt ,,Unabhängige Beratung Tirol, Sozial- und Rechtsberatung für Geflüchtete und MigrantInnen" können sich Menschen mit Fluchtgeschichte nicht nur rechtlich beraten lassen, sondern auch eine Sozialberatung in Anspruch nehmen. Im Rahmen eines Arbeitsgespräches informierte sich Integrationslandesrätin Gabriele Fischer über die ersten Erfahrungswerte des Projektes. „Der direkte Austausch mit den Beratungsstellen vor Ort ist wichtig und die Rückmeldungen zeigen: das Projekt funktioniert. Die umfangreiche Beratung, welche die grundlegenden Lebensbereiche der Betroffenen umfasst, hilft, zielgenau Existenzen und Lebensgrundlagen abzusichern. Das ist der die Basis für den Start in der neuen Heimat, worauf aufbauend weitere Integrationsschritte gesetzt werden können“, betont LRin Fischer.

Mit dem Projekt „Unabhängige Beratung Tirol, Sozial- und Rechtsberatung für Geflüchtete und MigrantInnen“, das mit 150.000 Euro vom Land Tirol gefördert wird, finden geflüchtete Menschen erstmals sowohl eine Sozial- als auch eine Rechtsberatung unter einem Dach wieder. „Mit dieser Verschränkung kann individuell auf die Situation der betroffenen Menschen eingegangen werden. Durch kurze Wege in Form eines 'One-Stop-Shop' werden Barrieren abgebaut und der Zugang zur passenden Beratung erleichtert“, umreißt Michael Kerber, Leiter der Unabhängigen Beratung Tirol, das Ziel des Projektes. „Die Auswirkungen der Covid19-Pandemie, die humanitären Krisen in Afghanistan und Syrien sowie der angespannte Wohnungsmarkt in Tirol sind gerade für geflüchtete Menschen stark spürbar. Damit sind auch die Beratungsstellen einmal mehr gefordert“, berichtet Kerber aus der Praxis.

 

4.000 Beratungsgespräche pro Jahr

Etwa 1.800 KlientInnen berät die Beratungsstelle der Diakonie in über 4.000 Beratungsgesprächen pro Jahr in Innsbruck, Wörgl und Imst. Gerade durch die Corona-Krise ist der Bedarf gestiegen. Viele Menschen, die jahrelang selbständig gelebt und gearbeitet haben, sind in den letzten Monaten durch unsichere Arbeitsverhältnisse und eine prekäre Wohnsituation in Notlagen geraten.

„Neben Fragen zum gesicherten Aufenthalt und zur existenziellen Absicherung als Grundlage für eine erfolgreiche Integration in Tirol sind Fragen der Wohnversorgung, eine psychosoziale Beratung, aber auch die Arbeitssuche sowie familiäre Belange Inhalte der Beratungsgespräche“, berichtet Simone Rabl von der der Unabhängigen Beratung Tirol der Diakonie. Themen wie ein gutes Zusammenleben, Arbeit, Ausbildung und gesellschaftliche Orientierung können von den Betroffenen nur dann angegangen werden, wenn die Deckung der Grundbedürfnisse sichergestellt ist.

 „Das Angebot des Diakonie Flüchtlingsdienstes ist daher breit aufgestellt und die Nachfrage ist da. Es ist wichtig, dass rat- und hilfesuchende Menschen hier eine qualitativ hochwertige Rechts- sowie Sozialberatung vorfinden. Durch die Verschränkung und die kurzen Wege können Betroffene schnell und unkompliziert Beratung in Anspruch nehmen. Die Verantwortlichen des Projektes haben mir bestätigt, dass hier ein gutes Projekt gelungen ist, das langfristig Menschen bei deren Existenzsicherung zur Seite steht und einen wesentlichen Beitrag zu langfristiger Integration leistet“, resümiert LRin Fischer.


Eine Erzählung aus dem Leben von Herrn M.

Im Rahmen des Arbeitsgespräches wurden neben den zentralen Handlungsfeldern auch Beispiele aus der Praxis besprochen. So auch der Fall von Herrn M: Herr M. ist aus Afghanistan geflüchtet und lebt bereits seit mehr als zehn Jahren in Österreich. Nach Erhalt des Aufenthaltstitels „subsidiärer Schutz“ und Erhalt der Arbeitserlaubnis hat Herr M. durchgehend gearbeitet: Als Reinigungskraft, Leiharbeiter, bei Produktionsfirmen und in der Gastronomie.

Bis zur Covid-19-Pandemie konnte er stets für seinen Unterhalt aufkommen. Durch die Corona-Krise verlor Herr M. seine Arbeit, seine sozialen Kontakte und damit seine Tagesstruktur. Er geriet dadurch in eine schwere psychische Krise und ging letztlich in die Unabhängige Beratung Tirol der Diakonie. „Unsere Rechtsberaterin hat erkannt, dass sie Herrn M. nicht beim Umstieg auf einen anderen Aufenthaltstitel helfen kann, solange er sich in einer so schwierigen psychischen Situation befindet“, berichtet Simone Rabl.

Die Sozialberaterin vermittelte ihm deshalb zuerst die notwendige fachärztliche Unterstützung sowie eine entlastende Psychotherapie im interkulturellen Psychotherapiezentrum ANKYRA der Diakonie. „Mit dem psychosozialen Angebot versuchen wir, in der Unabhängigen Beratung Tirol vielfältige Lebensbereiche zu ordnen. Oft geht es um komplizierte Interventionen, aber manchmal geht es auch nur darum, gemeinsam einen wichtigen Brief zu lesen oder das Rezept der Ärztin zu entziffern“, berichtet die Sozialberaterin.

Gleichzeitig konnte in Kooperation mit dem ÖIF (Österreichischer Integrationsfonds) und dem AMS (Arbeitsmarktservice) ein Platz in einem Alphabetisierungskurs organisiert werden. Durch die Beratung konnte auch der Verlust der Wohnung verhindert werden, was die dringend benötigte Sicherheit in seinem unsicheren Leben darstellt. Jetzt kann Herr M. wieder teilweise in seinem alten Job arbeiten während er den Deutschkurs besucht. Es ist sein Wunsch, dass sich seine Situation so weit stabilisiert, dass er danach wieder Vollzeit arbeiten kann.