Ehrenamt – vor den Vorhang geholt

Soziallandesrätin Gabriele Fischer würdigt den freiwilligen Einsatz im Sozialbereich

  • Beispiele ehrenamtlicher Tätigkeit zugunsten von Flüchtlingen, Menschen mit Behinderungen und von Gewalt betroffenen Frauen

 

„Wir sind gerade an einem wichtigen Punkt, an dem entschieden wird, in welche Richtung sich unsere Gesellschaft entwickelt. Jene Mitbürgerinnen und Mitbürger, die sich ehrenamtlich engagieren, geben ein klares Statement ab: Sie wollen eine Gesellschaft mitgestalten, in der das ‚Wir‘ vor das ‚Ich‘ gestellt wird. Denn: Miteinander sind wir füreinander da“, würdigt Soziallandesrätin Gabriele Fischer den freiwilligen Einsatz, den viele Menschen in Tirol im Sozialbereich leisten und stellt einige Beispiele ehrenamtlicher Tätigkeit vor:

So vermittelt die Plattform Asyl Patenschaften zwischen freiwilligen PatInnen und geflüchteten Menschen: Im Rahmen des Projekts „ertebat“ – das bedeutet „Verbindung“ in der hauptsächlich in Afghanistan gesprochenen Sprache Dari – werden geflüchtete Jugendliche und geflüchtete junge Erwachsene mit in Tirol lebenden PatInnen zusammengebracht. Über „ertebat“ wurden in den letzten Jahren über 80 PatInnen für junge geflüchtete Menschen vermittelt und damit wichtige Integrationsarbeit geleistet.

Seit 2020 hat das Projekt eine kleine Schwester: Bei „ertebat kids“ erhalten mit ihren Familien geflüchtete Kinder eigene PatInnen. „Die von uns betreuten Patinnen und Paten, Kinder und Jugendlichen verbringen einen Teil ihrer Freizeit miteinander und bauen Brücken zwischen Menschen und Kulturen. Oft entstehen aus den Patenschaften richtige Freundschaften, die wiederum ein sozialer Kitt für unsere Gesellschaft sind“, berichtet Plattform-Geschäftsführerin Kathrin Heis. „Für uns als Plattform Asyl war es überraschend, dass sich auch während der Pandemie so viele Freiwillige gefunden haben – so wurden seit dem Start der Coronakrise knapp 30 Patenschaften vermittelt. Gerade für Kinder und Jugendliche, die zum Teil sehr unter der Situation gelitten haben, war und ist dieser Kontakt ‚nach außen‘ essentiell. Wir legen sehr viel Wert darauf, unsere Freiwilligen gut einzuschulen und zu begleiten: Das macht unser Angebot für alle Beteiligten nachhaltig wirksam“, ist Heis überzeugt.

Dass die Integration von geflüchteten Menschen in die Tiroler Gesellschaft auf vielfältige Weise gelingt, sei zu einem großen Teil den vielen ehrenamtlichen UnterstützerInnen in Tirol zu verdanken, betont auch Michael Kerber vom Diakonie Flüchtlingsdienst. Bei der Sozial- und Rechtsberatung des Diakonie Flüchtlingsdiensts kommt den ehrenamtlichen MitarbeiterInnen eine besondere Rolle zu: Drei pensionierte RichterInnen schenken AsylbewerberberInnen als RechtsberaterInnen ihre Zeit und unterstützen geflüchtete Menschen dabei, sich auf die Einvernahme beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzubereiten. „Der Wert dieser dolmetschunterstützten Vorbereitung auf die Einvernahme kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden: Den Klientinnen und Klienten wird einerseits die zentrale Bedeutung dieses Interviews erklärt, andererseits erfolgt eine strukturierte und chronologische Erarbeitung des Fluchtvorbringens. Nach Monaten und zum Teil Jahren des Wartens ist diese Vorbereitung unerlässlich für ein geordnetes und faires Verfahren und nimmt den Geflüchteten auch die große Anspannung“, weiß Kerber.

Ehrenamtliche Begleitung von Menschen mit Behinderungen

Mehr als 50 Personen begleiten ehrenamtlich Menschen mit Behinderungen im slw Innsbruck. Eine von ihnen ist Gabriele Goller, die seit 20 Jahren jeden Donnerstag ins slw Innsbruck kommt. „Eine Bekannte, die im slw Innsbruck gearbeitet hat, hat mich während eines gemeinsamen Spaziergangs vom Fleck weg für die musikalische Begleitung des Gottesdienstes engagiert. Unbefristet und ehrenamtlich“, erzählt die Profimusikerin, die bis zu ihrer Pensionierung als Musikschullehrerin gearbeitet hat. Die ehrenamtlich tätigen Personen haben im slw Innsbruck mit Siegmund Chwojan-Schneeberger einen erfahrenen Ansprechpartner: Der ausgebildete Ehrenamtsbegleiter klärt in einem ersten persönlichen Kennenlernen mit jede/r InteressentIn, welche Form der Besuchs- und Begleitdienste in Frage kommt. Im Anschluss wird überlegt, welche/r KlientIn von diesen Diensten am meisten profitieren könnte. Letztlich bestimmen die KlientInnen selbst, ob und wie sie von den Angeboten Gebrauch machen. Gabriele Goller freut sich jedenfalls auch nach 20 Jahren noch immer auf die Donnerstage im slw Innsbruck: „Weil die Menschen hier mit dem Herzen dabei sind.“

„Sie nehmen dich, wie du bist, und gehen gleich auf dich zu“ – Die Offenheit, mit der ihr Menschen mit Behinderungen begegnen, hat Angelika Pfister zu Beginn ihres freiwilligen sozialen Jahres überrascht. Seit ihrem Schulabschluss in Rotholz unterstützt sie Menschen mit Behinderungen im Alltag: Sie kocht, geht für sie einkaufen und unternimmt mit ihnen Spaziergänge. Dabei nimmt sie auch etwas für sich mit: „Man lernt, auch kleine Fortschritte viel mehr zu schätzen.“ Ähnliche Erfahrungen hat Dominic Hochrainer gemacht. Der Student wollte die Zeit, in der die Universität coronabedingt auf Fernlehre umgestellt hatte, sinnvoll nutzen: Im Rahmen seines freiwilligen sozialen Jahres unterstützt er einen Pensionisten, der in seiner eigenen Wohnung lebt, und begleitet Menschen mit Behinderungen bei ihrer Arbeit. Was ihm auffällt? „Es ist einfach ein ehrlicher, offener Umgang, wie man ihn so selten erlebt. Hinzu kommt, dass ich von ihnen gelernt habe, den Stress beziehungsweise das Hektische aus dem Alltag zu nehmen.“

Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen

Das Frauenhaus Tirol nutzt das Angebot der Freiwilligenpartnerschaft Tirol immer wieder gerne. „Der große Mehrwert der Freiwilligenpartnerschaft Tirol ist, dass wir auf der Homepage sehr zielgerichtet genau jenes freiwillige Engagement suchen können, das wir gerade benötigen“, erläutert Hannah Ringhofer vom Frauenhaus Tirol. So lebte eine von Gewalt betroffene Frau im Frauenhaus, die im Rollstuhl saß. Sie wurde von den Mitarbeiterinnen bei inhaltlichen Fragen und organisatorischen Angelegenheiten kompetent unterstützt. Für freizeitpädagogische Angebote oder die Strukturierung des Alltags blieb jedoch oft leider nicht genügend Zeit. „Über die Freiwilligenpartnerschaft Tirol ist es uns gelungen, zwei Frauen zu finden, die sich jeweils einmal die Woche Zeit für die Bewohnerin nahmen. Gemeinsame Spaziergänge, gemeinsames Malen oder Lesen brachten willkommene Abwechslung in den Alltag. Eine weitere Aktivität war das gemeinsame Einkaufen und Kochen. Die Freiwilligen unterstützten die betroffene Frau darin, sich Schritt für Schritt gut und gesund selbst zu versorgen“, berichtet Ringhofer.  

„Dies sind nur einige Beispiele vom vielfältigen ehrenamtlichem Engagement in Tirol. Ich bin überzeugt: Gäbe es niemanden, der sich ehrenamtlich engagiert, wäre unsere Gesellschaft um vieles ärmer: ärmer an Zusammenhalt, an Erfahrung, an Miteinander. Die Politik schafft die Rahmenbedingungen, um den hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen – die Ehrenamtlichen hingegen sind den hilfsbedürftigen Menschen ein freundliches Gesicht in schwierigen Lebenssituationen, sie begleiten die Menschen und geben ihnen Kraft“, betont LRin Fischer, die als Soziallandesrätin um den großen Wert dieser freiwilligen Tätigkeit weiß und sich bei allen Ehrenamtlichen herzlich bedankt.