Grenzüberschreitender Verkehr und Mobilität
Die Alpen mit ihrer Lage im Herzen Europas sind seit jeher nicht nur ein beliebtes Reiseziel sondern auch ein Durchzugsraum, sowohl für den Personen- als auch für den Transitverkehr. Tirol ist, wie auch viele andere Regionen im Alpenraum, besonders stark von steigenden Verkehrsströmen und deren negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt betroffen. Dazu gehören verringerte Luftqualität, Lärmbelastung, Verkehrsstaus oder auch infrastrukturelle Eingriffe ins Landschaftsbild. Aus diesen Gründen bedarf es besonders im Alpenraum einer koordinierten Vorgehensweise, um einerseits die Mobilität der BürgerInnen zu gewährleisten und Warenströme nachhaltig effizient sicherzustellen, aber andererseits auch schonend mit der empfindlichen alpinen Umwelt umzugehen. Nur so kann der Alpenraum sich weiterhin auf sozialer, wirtschaftlicher und ökologischer Basis weiterentwickeln. Das Land Tirol setzt sich ganz nach dem Leitbild der drei V „Vermeiden – Verlagern – Verbessern“ für eine Veränderung der Situation vor Ort ein und ist deshalb in einigen internationalen Kooperationen zu den Themen Verkehr und Mobilität engagiert, wie zum Beispiel der EUSALP Action Group 4 Mobility oder iMONITRAF!. In beiden Netzwerken übernimmt das Land Tirol federführende Rollen. Zudem engagiert sich Tirol in der Aktionsgemeinschaft Brennerbahn, die sich für die Verbesserung des Schienenverkehrs auf dem Brennerkorridor, also der bedeutenden Strecke zwischen München und Verona einsetzt.
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EUSALP & Aktionsgruppe 4 Mobilität
EUSALP, die Europäische Strategie für den Alpenraum, ist eine von vier makroregionalen Strategien der Europäischen Union (EU). Das Gebiet der EUSALP erstreckt sich über insgesamt sieben Alpenländer (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Österreich, Schweiz und Slowenien) und umfasst über 80 Mio. Menschen. Der Alpenraum zählt zu den wirtschaftlich dynamischsten, innovativsten und wettbewerbsfähigen Gebieten Europas. Allerdings sieht sich dieser mit großen Herausforderungen konfrontiert, die von der Alpenraumstrategie in Angriff genommen werden. So legt die Alpenraumstrategie den Fokus auf folgende Bereiche:
- Wirtschaftswachstum und Innovation,
- Mobilität und Erreichbarkeit, sowie
- Umwelt und Energie.
Die EUSALP besteht aus insgesamt 9 Aktionsgruppen (AGs). Die AG4 ist für den Bereich Mobilität bzw. Verkehr zuständig. Die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino leitet seit 2016 die Aktionsgruppe 4 Mobilität. Die Abteilung Mobilitätsplanung des Landes Tirol wurde mit der federführenden Abwicklung und strategischen Umsetzung der Leitfunktion betraut. Seit 2019 in Co-Leitung mit der französischen Région Sud Provence-Alpes Cote d´Azur.
Die AG4 ist eine Kooperationsplattform zwischen Regionen, Staaten und Interessensvertretern mit der Aufgabe, ein gemeinsames Verständnis für Verkehrspolitik und Mobilität zu entwickeln und in Projekten und politischen Beschlüssen umzusetzen. Die übergreifenden Ziele lauten folgendermaßen:
- Förderung von Intermodalität und Interoperabilität im Personen- und Güterverkehr,
- Unterstützung der Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene, und
- Ausbau der Zusammenarbeit zwischen bestehenden Projekten und Strukturen im Verkehrsbereich.
Neuigkeiten aus der EUSALP und der AG4:
Die EUSALP feiert heuer ihr 10-Jähriges Bestehen, welches am Jahresforum im November 2025 in Innsbruck unter der Österreichisch- Liechtensteinischen Präsidentschaft gewürdigt wird. Anlässlich dieses Jubiläums wird zudem der Aktionsplan, also das konstituierende Dokument der Makrostrategie einem Revisionsprozess unterzogen, um die sich verändernden Rahmenbedingungen widerspiegeln zu können.
2025 markiert zudem auch das Ende des aktuellen dreijährigen Arbeitsplans 2023-25 der Aktionsgruppen, was auch die laufende Arbeit der AG4 für diese Periode zu einem Abschluss bringen wird. Die AG4 hat einige Studien zu verkehrsbezogenen Themen beauftragt und durchgeführt, welche ebenfalls zum Abschluss der Arbeitsperiode präsentiert werden. Zudem wurde 2025 die nunmehr dritte Edition des Projektlabellings durchgeführt, bei dem Mitglieder der AG4 lokale Mobilitätsprojekte zur Empfehlung durch die Aktionsgruppe einreichen können. Fachkundige, unabhängige Evaluatoren bewerten diese Projekte nach einem innerhalb der AG4 entwickelten Kriterienkatalog, wonach bei Erreichen einer zuvor definierten Punktzahl von der Aktionsgruppe ein Empfehlungsschreiben ausgestellt wird.
Im November 2025 wird sich die Österreichisch Liechtensteinische Präsidentschaft dann ihrem Ende neigen und Bayern wird den Vorsitz der EUSALP übernehmen. Zuvor werden in Innsbruck aber noch die Hauptversammlung sowie das Jahres-Forum abgehalten, bei denen die Mitglieder zusammenkommen werden, um ihre Ergebnisse aus den auslaufenden Arbeitsplänen zu präsentieren und sich über die aktuellen Themen ihrer Regionen grenzüberschreitend auszutauschen. Die AG4 wird im Zuge dessen ihre nun 7. Ausgabe der Mobility Conference ebenfalls in Innsbruck abhalten und erwartet neben den VertreterInnen der EUSALP und der Wirtschaft auch zahlreiche politische VertreterInnen der Regionen und Länder, wie auch der Union.
iMONITRAF!
Zahlreiche Regionen entlang der wichtigsten Alpenkorridore sind sehr stark vom täglichen Transitverkehr betroffen. Dies stellt die AnwohnerInnen der entsprechenden Korridore wie auch die Natur vor Ort vor große Herausforderungen, deren Lösung einer abgestimmten grenzüberschreitenden Vorgehensweise bedarf. Aus diesem Grund haben sich die am stärksten betroffenen Alpenregionen seit 2009 im Netzwerk iMONITRAF! zusammengeschlossen.
Seit 2018 leitet das Land Tirol diese Partnerschaft federführend. Das Projekt verfolgt drei Ziele:
- Wirken als politisches Netzwerk zum gegenseitigen Austausch und zur Stärkung der gemeinsamen Stimme der Alpenregionen,
- Datenerfassung und Darstellung von verkehrsrelevanten Indikatoren und von Auswirkungen künftiger Szenarien in der Verkehrsentwicklung, und
- Erarbeitung einer gemeinsamen Strategie zur Harmonisierung bestehender Verkehrslenkungsmaßnahmen und zur Einführung eines Steuerungsinstrumentes.
iMONITRAF! veröffentlich neben dem jährlichen Bericht zur Verkehrsentwicklung auch Factsheets zu ausgewählten Themen und Indikatoren, sowie Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen auf europäischer Ebene. Diese und zahlreiche weitere Dokumente finden Sie auf der neu gestalteten Homepage: www.iMONITRAF.org
Der iMONITRAF! Jahresbericht 2024
Das iMONITRAF! Netzwerk veröffentlich einen jährlichen Bericht, in dem die Verkehrsentwicklung, aber auch die damit einhergehende Belastung für Mensch und Umwelt umfassend erhoben und aufbereitet werden, zudem enthält der Bericht weitere Angaben zu den Aktivitäten und Positionen des Netzwerks. Auch für die letzte Berichtsperiode 2023 lässt sich feststellen, dass der Handlungsbedarf für die Anrainerregionen und Staaten der Alpentransitkorridore weiterhin hoch bleibt: Im Jahr 2023 lag das Verkehrsvolumen auf den sieben wichtigsten Straßentransitkorridoren der Alpen 5% über dem Niveau von 2019, dem letzten Jahr vor der COVID-Pandemie. Das steigende Verkehrsaufkommen setzt nicht nur die Straßeninfrastrukturen unter Druck, sondern auch die Kapazitätsplanung auf der Schiene. Dies erfordert noch stärkere Anstrengungen von iMONITRAF! für eine koordinierte Verkehrspolitik. Auch im Hinblick auf die Rahmenbedingungen auf europäischer Ebene wird die gemeinsame Stimme von iMONITRAF! benötigt, um die Forderungen der Alpen in den laufenden Diskussionen, insbesondere der Richtlinie über den kombinierten Verkehr, sichtbar zu machen.
Weitere Informationen zu den iMONITRAF-Vorschlägen für verbesserte Rahmenbedingungen für die Verkehrsverlagerung und zu den damit verbundenen Netzwerkaktivitäten auf EU- und nationaler Ebene sind im iMONITRAF! Jahresbericht 2024 zusammengefasst. Er zeigt zudem die wichtigsten Trends bei den Verkehrs- und Umweltindikatoren des gemeinsamen Monitoring-Systems und gibt einen Überblick über regionale Best Practices im Bereich Güter- und Personenverkehr.
Im Folgenden finden Sie den englischen Jahresbericht, sowie die neu aufgelegte Kurzfassung auf Deutsch und Italienisch zum direkten Download.
Neue Factsheets: Indicator in Spotlight
2025 startete iMONITRAF! diese neue Serie von Factsheets (Infoblättern), bei der jeweils ein ausgewählter Indikator der umfassenden Datenreihen des Netzwerkes besonders beleuchtet wird. Im März dieses Jahres wurde das erste Factsheet der neuen Reihe zum Thema Preisbestandteile – Anreize für schadstoffarme LKW veröffentlicht und ist hier einsehbar. Voraussichtlich Ende 2025 wird ein weiteres Factsheet diese Reihe fortsetzen. Hier geht's direkt zu den neuen Factsheets: https://www.imonitraf.org/publications/factsheets/
Aktionsgemeinschaft Brennerbahn (AGB)
Die im Jahr 1991 gegründete Kooperation Aktionsgemeinschaft Brennerbahn (AGB) schließt sich aus den Provinzen und Ländern mit den Handelskammern von Verona, Trient, Bozen, Tirol und Bayern, sowie den nationalen Schieneninfrastrukturbetreibern zusammen. Das Ziel der AGB ist die Verbesserung des Schienenverkehrs auf der bestehenden Eisenbahnstrecke München - Verona sowie die Mitwirkung am Neubau einer Verbindung mit Basistunnel.
Neues aus der AGB
Die AGB sieht eine zwei-jährlich rotierende Präsidentschaft vor, welche für das Land Tirol von Verkehrslandesrat René Zumtobel von 2023 bis 2024 federführend übernommen und im November 2024 an das Trentino übergeben wurde. In dieser Zeit konnten zahlreiche Projekte zur Stärkung der Schienenverbindung über den Brenner umgesetzt und somit ein wertvoller Beitrag zur Verbesserung der verkehrlichen Situation an diesem hoch belasteten Korridor geleistet werden.
Bereits zu Beginn der Tiroler Präsidentschaft wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Land Südtirol ein Vorzeigeprojekt realisiert: Schadholztransporte vom Pustertal bis ins Zillertal erfolgen seit Frühling 2023 auf der Schiene statt auf der Straße. Der bereits 2021 erfolgte Bau eines Verladeterminals in Jenbach sowie der 2022/2023 erfolgte notwendige Umbau am Bahnhof in Bozen machen es möglich, dass bis zu 200.000 Tonnen Holz pro Jahr mit der Bahn transportiert werden können. „Ein Vorzeigebeispiel dafür, dass vieles möglich ist, wenn alle an einem Strang ziehen. Der Schienentransport ist planbarer, energieeffizienter und natürlich auch klimafreundlicher“, hielt LR Zumtobel fest.
Hand in Hand gehen Wirtschaftskammer Tirol und Land Tirol im Rahmen der AGB auch bei der Information: Ein Verlagerungsberater steht Tiroler Unternehmen kostenlos zur Verfügung und unterstützt bei der bürokratisch durchaus herausfordernden Umstellung vom Straßen- auf den Schienentransport. Zudem steht seit September 2023 eine interaktive Karte für Unternehmen zur Verfügung, die im Rahmen einer Potenzialerhebung erstellt wurde. Darauf ist ersichtlich, welche Terminal- und Anschlussgleisangebote es am Korridor zwischen München und Verona gibt. 2024 führte das Land zudem erstmals eine Förderung für sogenannte „Einzelwagen“ ein: Unternehmen, die im Zeitraum April bis Oktober einen einzelnen Wagon für ihren Warentransport gebucht haben, erhielten 200 Euro Förderung pro Einzelwagen vom Land Tirol.
Auch während der nun laufenden Trentiner Präsidentschaft werden zahlreiche wichtige Maßnahmen zur Stärkung der Brennerbahn angeleitet: „Die Intermodalität ist der Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität der Zukunft und das Trentino arbeitet daran, dass die Infrastrukturen des Gebiets zur Erreichung dieses Ziels beitragen. Wir denken dabei an die Eisenbahnumfahrung von Trient, die sich bereits in der Ausführungsphase befindet, an die Stärkung des intermodalen Knotens in der Provinzhauptstadt und an das Projekt der Umfahrung von Rovereto. Die synergetische Zusammenarbeit zwischen den grenzüberschreitenden Regionen ist nach wie vor von grundlegender Bedeutung und das Trentino wird in den nächsten zwei Jahren versuchen, konkrete Vorschläge organisatorischer Art zu entwickeln“, so der Trentiner Landeshauptmann Maurizio Fugatti während der Übergabe der Präsidentschaft im November 2024.