Eintauchen in die Praxis bei Sozialeinrichtungen

LRin Gabriele Fischer bei Einrichtungsbesuchen in Innsbruck, Buch in Tirol und Kitzbühel

  • Im Fokus: Die Themen Arbeit und Tagesstruktur
  • Berufsvorbereitung, Qualifizierung und integrative Beschäftigung als wichtige Schritte in Richtung gesellschaftlicher Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Tagesstruktur und die Vorbereitung auf den ersten, regulären, Arbeitsmarkt standen im Zentrum der Einrichtungsbesuche von Soziallandesrätin Gabriele Fischer im Rahmen ihrer Tour „Hingehen, wo die Menschen sind“.

Erste Station war der Verein Emmaus in Innsbruck, der suchtkranken Menschen nach der Entwöhnung Wohnung, Arbeit und Zuflucht gibt. „Wir bieten Dienstleistungen rund um Haus und Garten an“, berichtet der Geschäftsführer des Vereins Benedikt Zecha. Das Arbeitsangebot reicht von Garten- und Sanierungsarbeiten über Übersiedlungen, Reinigungsdienste, Objektbetreuung, Bügelservice und Grabpflege sowie Schneeräumungen im Winter. Gleichzeitig werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf ihrem Weg in ein suchtfreies Leben begleitet: Sie erhalten einen Platz zum Wohnen, professionelle Hilfe, eine vollversicherte Anstellung und den Halt einer Gemeinschaft. „Mir ist wichtig, dass eine chronische Suchterkrankung auch als das gesehen wird, was sie ist: eine chronische Erkrankung. Ziel des Vereins Emmaus ist es, die betroffenen Menschen zurück ins Arbeitsleben zu führen“, erläutert LRin Fischer.

Berufsvorbereitung und Qualifizierung

Stichwort Landwirtschaft: ein „inklusives bäuerliches Bildungs- und Arbeitsprojekt“ (IBBA) findet sich in Buch in Tirol. Dort erhalten Jugendliche und junge Erwachsene mit Lernschwierigkeiten oder Behinderungen eine Berufsvorbereitung und Qualifizierung. „Wir bereiten die jungen Menschen auf einen Lehr- oder Arbeitsplatz in der freien Wirtschaft vor“, informiert Geschäftsführer und Landwirt Georg Moser über das Projektziel. „Dabei legen wir einen Fokus auf den Erwerb von Schlüsselqualifikationen wie Selbständigkeit, Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit, Belastbarkeit und Ausdauer.“ Gleichzeitig werden handwerkliche und hauswirtschaftliche Fertigkeiten vermittelt und Arbeitsabläufe in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen des Bauernhofs geübt. Während der Zeit bei IBBA können von den KlientInnen auch externe Praktika absolviert werden, um die Entscheidung über ihr individuelles Berufsziel zu erleichtern. „Junge Menschen mit Lernschwierigkeiten oder einer Behinderung finden ein unterstützendes Lernumfeld vor, das sie auf dem Weg ins Berufsleben individuell begleitet“, betont LRin Fischer. „Mithilfe des multiprofessionellen Teams des Projekts IBBA können sie in geschütztem Rahmen ihre Fähigkeiten und Potenziale erkennen und weiterentwickeln.“

Sprung in den ersten Arbeitsmarkt und integrative Beschäftigung

Auf Berufsvorbereitung auf der einen und integrative Beschäftigung auf der anderen Seite zielen das Café & Bistro Kowalski sowie das Cateringservice Kulinarium des Diakoniewerkes in Kitzbühel ab: „Im Café & Bistro Kowalski ermöglichen wir Menschen mit Behinderungen durch die Vermittlung von praktischen und theoretischen Lehrinhalten den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt“, berichtet die pädagogische Leiterin Barbara Eberharter-Lanner. Die Berufsvorbereitung im Kowalski basiert auf drei Säulen: Das praktische Arbeiten im Café & Bistro, externe Praktika zur Berufsorientierung sowie Modularbeit, um Kenntnisse wie KundInnenkontakt oder Hygienemaßnahmen zu vertiefen und Berufsziele zu definieren.

Das Mittagsmenü des Cafés & Bistros Kowalski wird im Kulinarium Kitzbühel zubereitet, das integrative Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen bietet – das Angebot umfasst ein Cateringservice für größere und kleinere Anlässe, aber auch Mittagstisch und Jausenbuffets für Schulen und Firmen sowie Essen auf Rädern im Großraum Kitzbühel. „Menschen mit Behinderungen können bei uns ihre Talente und Fähigkeiten im Bereich Küche und Gastronomie einbringen und ausbauen und erhalten eine Tagesstruktur“, erläutert Küchenleiter Walter Laiminger.

Arbeit als eine Grundlage für gesellschaftliche Teilhabe

„Berufsvorbereitung, Qualifizierung und Beschäftigung sind für Menschen mit Behinderungen ein wichtiger Schritt in Richtung gesellschaftlicher Teilhabe“, stellt LRin Fischer klar und verweist auf die in der UN-Konvention verankerten Rechte von Menschen mit Behinderungen: Artikel 27 der UN-Behindertenrechtskonvention beschreibt das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Arbeit basierend auf dem Recht auf Gleichberechtigung. Das Recht auf Arbeit beinhaltet die Möglichkeit, den Lebensunterhalt durch Arbeit zu verdienen, die frei gewählt oder frei angenommen wird. „Aus diesem Grund führt auch an Lohn statt Taschengeld kein Weg vorbei, wenn wir Inklusion ernst nehmen“, ist LRin Fischer überzeugt. Dafür brauche es einen offenen, integrativen und für Menschen mit Behinderungen zugänglichen barrierefreien Arbeitsmarkt. Da sowohl das Arbeitsrecht als auch das Sozialversicherungswesen beim Bund angesiedelt sind, müsse auf Bundesebene auch eine adäquate sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Absicherung gewährleistet werden. „Nur so können bestehende Benachteiligungen für Menschen mit Behinderungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt abgeschafft werden“, sagt LRin Fischer. Neben der Unfallversicherung sei auch eine eigene Sozial- und in weiterer Folge eine eigene Pensionsversicherung für Menschen mit Behinderungen einzuführen.