Home Treatment stärkt psychisches Versorgungsangebot für Kinder und Jugendliche in Tirol

Mobiles Team des LKH Hall erweitert seit November kinder- und jugendpsychiatrische Versorgungslandschaft

  • Pro Jahr bedürfnisgerechte Behandlung von rund 30 psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen möglich
  • Land Tirol und Sozialversicherungen finanzieren Pilotprojekt mit insgesamt 760.000 Euro

Derzeit steht man in der österreichischen kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgungslandschaft im stationären sowie im niedergelassenen Bereich vor der Herausforderung, allen Kindern und Jugendlichen ausreichend Therapieplätze zur Verfügung stellen zu können. Das zeigt ein 2020 veröffentlichter Projektbericht des nationalen Gesundheitsinstituts Austrian Institute for Health Technology Assessment (AIHTA). Diese forcierte das Home Treatment als alternative Versorgungsform in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Beim Home Treatment werden Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen von einem multidisziplinären Team zuhause betreut und behandelt. Nun gibt es auch in Tirol dazu ein Pilotprojekt: Dieses präsentierten heute, Mittwoch, Gesundheitslandesrätin Cornelia Hagele, Direktorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hall Kathrin Sevecke und Landesstellenausschuss-Vorsitzender der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) Bernhard Achatz als Vertreter aller Sozialversicherungsträger.

Land Tirol und Sozialversicherungen stellen für das Projekt 760.000 Euro bereit. Gemeinsam mit den Systempartnern tirol kliniken und den Tiroler Sozialversicherungsträgern arbeitet das Land Tirol stetig an neuen Maßnahmen in der psychischen Versorgung. Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen eine rasche und qualitätsvolle Hilfe zu ermöglichen. „Durch die mobile Behandlungsform schaffen wir beim Home Treatment einen niederschwelligen Zugang für Patientinnen und Patienten, die ansonsten lange auf einen stationären Platz in der Klinik warten müssten. Zudem kann durch solche alternativen Versorgungsmöglichkeiten die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie verstärkt entlastet werden. Vorrangige Ziele des Projektes liegen vor allem in der Reduzierung von Wartezeiten, im Abbau von Barrieren zur Inanspruchnahme psychiatrischer Behandlung und der Schließung von bestehenden Lücken in der Versorgung“, betont die Gesundheitslandesrätin.

Nachhaltiger Behandlungserfolg durch Betreuung zuhause

Das zweijährige Pilotprojekt umfasst eine mobile Versorgung und Betreuung von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren. Dabei werden sie durch ein multidisziplinäres Team aus Kinder- und JugendpsychiaterIn, PsychologInnen, PsychotherapeutInnen, SozialpädagogInnen, ErgotherapeutIn, DiätologIn, PflegerInnen und SozialarbeiterInnen zuhause betreut. „Eine rechtzeitige Inanspruchnahme von kinder- und jugendpsychiatrischer Hilfe wird laut den Daten der österreichischen Studie ‚Mental Health in Austrian Teenagers‘ (MHAT) nur von jedem zweiten behandlungsbedürftigen Kind bzw. Jugendlichen wahrgenommen. Dies liegt einerseits an dem generell vorhandenen Mangel an fachärztlicher Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Erkrankungen. Andererseits stellt eine stationäre Behandlung mit eine hochschwellige Behandlungsform dar, die den Lebensalltag der Betroffenen verändert. Das Home Treatment bietet durch die Behandlung im Betreuungsumfeld eine niederschwellige Alternative, die durch die intensive Einbeziehung der Familien einen nachhaltigen und gleichwertigen Behandlungserfolg erzielen kann“, erläutert Sevecke.

Optimale Versorgungstrukturen schaffen – mobil, ambulant und stationär

Mit November hat das Home Treatment Team die Behandlungen aufgenommen. Dieses multidisziplinäre Team wird nun für eine längere Behandlungsepisode von etwa drei Monaten, mit Option auf Verlängerung, in Familien tätig. Es wird hierbei von drei bis fünf Kontakten pro Woche pro Familie ausgegangen. Dadurch soll bis August 2025 eine bedarfsgerechte Behandlung und Betreuung von rund 30 psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen pro Jahr umgesetzt werden. Mit diesem Konzept gilt es, optimale Übergänge und eine enge Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Behandlungssettings – von stationären zu ambulanten aber auch niedergelassenen Versorgungsstrukturen – im Sinne einer integrierten Versorgung zu gewährleisten. Die Anbindung des Home Treatment an die stationären und ambulanten Strukturen am Landeskrankenhaus Hall ermöglicht einerseits eine umfangreiche Betreuung, sowie andererseits im Fall akuter krisenhafter Verläufe rasche Interventionsmöglichkeiten.

Psychische Gesundheitsversorgung wird gefördert

„Kinder und Jugendliche leiden immer häufiger an psychischen Erkrankungen und gelten dabei als besonders vulnerable Gruppe. Dies führt zu einem steigenden Bedarf an entsprechenden Behandlungsangeboten. Daher freue ich mich ganz besonders, dass sich die Sozialversicherung und das Land Tirol dazu entschlossen haben, das Projekt Home Treatment in Tirol mit insgesamt 760.000 Euro zu fördern und somit eine innovative Erweiterung des Behandlungsangebotes für Kinder und Jugendliche mit psychischen Erkrankungen sicherstellen“, betont LSA-Vorsitzender Achatz. Das Pilotprojekt wurde im Arbeitsprogramm des Tiroler Gesundheitsfonds (TGF) für das Jahr 2023 im Bereich der psychischen Gesundheitsversorgung festgelegt. Dabei wurden die tirol kliniken mit der weiteren Umsetzung des Pilotprojektes beauftragt. Das Projekt sowie eine eventuell tirolweite Erweiterung wird während des Pilotzeitraumes in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Universität Innsbruck wissenschaftlich evaluiert.