Aussprache mit österreichischen MEPs im Tiroler Landtag

Zum ersten Mal fanden sich heute insgesamt vier österreichische Mitglieder des Europäischen Parlamentes zu einem  Meinungs- und Informationsaustausch mit den Landtagsabgeordneten im Plenarsitzungsaal des Tiroler Landtages ein. Landtagspräsident Herwig van Staa unterbrach dafür in den Mittagsstunden die gerade laufende Sitzung. „Ich freue mich, dass – ausgehend von einer von mir bereits im vergangenen Jahr gestarteten Initiative – heute diese Aussprache möglich geworden ist und unsere österreichischen Kolleginnen im EP meine Einladung angenommen haben“, so LTP van Staa in seiner Begrüßung. „Der Tiroler Landtag kommt damit gerne dem an mich herangetragenen Wunsch der Vizepräsidentin des EP Ulrike Lunacek (Grüne) nach, die Gelegenheit zu bekommen, nicht nur im Parlament in Wien, sondern auch im Tiroler Landtag über spezifisch europäische Fragen zu diskutieren“.  Neben Ulrike Lunacek nützten noch Karoline Graswander-Hainz (SPÖ), Barbara Kappel (FPÖ) und Angelika Mlinar (NEOS) die Gelegenheit zum etwas mehr als einstündigen Dialog im Hohen Haus in Innsbruck.

Die breite Palette an angesprochenen Themen erstreckte sich von den möglichen Folgen des seit gestern fixen Austrittes Großbritanniens aus der EU, dem CETA-Abkommen der EU mit Kanada, der aktuellen Natura 2000-Debatte und der Aufforderung der Europäischen Kommission, neuerlich Nachnominierungen in Tirol vorzunehmen, über die europäische Verkehrspolitik mit Fragen zur geplanten deutschen PKW-Maut, dem BBT und der notwendigen Fortschreibung der Wegekostenrichtlinie bis hin zur gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik mit der nach wie virulenten Flüchtlingsproblematik.

Vizepräsidentin Lunacek sieht sehr gute Chancen, die Wegekostenrichtlinie der EU mit Hilfe des EP in eine für Tirol gute Richtung - also mit der Berücksichtigung relevanter Punkte wie Kostenwahrheit oder Verlagerung auf die Schiene - zu bringen. Zur Nachnominierung neuer Natura 2000-Gebiete in Tirol betont sie, dass der zugrundeliegenden Habitatrichtlinie der EU auch Österreich zugestimmt habe und diese umzusetzen sei. MEP Graswander-Hainz hofft auf noch mögliche Nachbesserungen beim CETA-Abkommen. In der Verkehrsfrage betont sie die Wichtigkeit der Kostenwahrheit zwischen Straße und Schiene, die geplante deutsche PKW-Maut werde strikt abgelehnt. Für den BBT sei wichtig, dass es für die Zulaufstrecken sowohl in Bayern als auch in Italien Abmachungen gebe, die auch einzuhalten sind.  MEP Kappel sieht im Austritt Großbritanniens und dem Juncker-Plan eine große Chance dafür, Europa handlungsfähiger zu machen und auch in die Richtung verschiedener Geschwindigkeiten zu gehen. Für MEP Mlinar ist das CETA-Abkommen richtungsweisend für zukünftige Wirtschaftsabkommen der EU. In der Asylpolitik sieht sie vor allem auch die Nationalstaaten zum Handeln aufgerufen. Gerade die immer noch bestehende mangelnde Kooperationsbereitschaft der Polizeieinrichtungen in den Mitgliedstaaten erschwere hier ein gezieltes gemeinsames Vorgehen.

Einhellig sprachen sich alle anwesenden Mitglieder des Europäischen Parlamentes dafür aus, den Dialog mit dem Tiroler Landtag vertiefen zu wollen und erklärten ihre Bereitschaft, zukünftig regelmäßig zu solchen Treffen nach Innsbruck zu kommen. LTP van Staa stellte in Aussicht, dass er den Obleuterat zur Erarbeitung eines strukturierten Dialoges mit den österreichischen Mitgliedern des EP befassen werde. „Die heutige Diskussion hat gezeigt, dass in sehr vielen Themenbereichen ein breiter Konsens und eine gemeinsame Linie über die Parteigrenzen hinweg erkennbar war. Ich freue mich daher auf eine baldige Fortsetzung dieses Dialoges“, so LTP van Staa.