Psychosoziale Versorgung: Aufgaben warten auf künftigen Landtag

  • Kinder und Jugendliche seit Pandemie verstärkt unter Druck
  • Vielfältiges Maßnahmenbündel zur Verbesserung der Situation gefordert
  • Ergebnisse fließen in Arbeitspapier für neue Abgeordnete

Mehr Ressourcen, neue Konzepte und eine umfassendere Kommunikation der Angebote: damit würde man das existierende Netz an psychosozialen Einrichtungen für Kinder und Jugendliche in Tirol nachhaltig verbessern können. Auf diese Quintessenz konnten sich die anwesenden ExpertInnen, Betroffenen und InteressensvertreterInnen bei der gestrigen Enquete einigen. Sie waren auf Einladung des Tiroler Landtages ins Innsbrucker Landhaus gekommen, um vor rund 150 Gästen – SchülerInnen, PolitikerInnen und Angehörigen – zunächst die bestehende Versorgungslandschaft darzustellen und anschließend in Gesprächen sowie interaktiven Stationen Verbesserungspotentiale herauszuarbeiten.

Kinder und Jugendliche würden unter den aktuellen Krisen – Corona, Klima, Krieg, Inflation – besonders leiden, die psychische Gesundheit habe sich in den vergangenen Monaten verschlechtert, erläuterte Universitätsprofessorin Barbara Juen in ihrem einleitenden Impulsreferat. Daher begrüßten sie und ihre FachkollegInnen, dass die Enquete trotz vorgezogenen Wahlen stattfinden hat können, um möglichst rasch ins Handeln zu kommen.

Faktoren für Probleme, aber auch Lösungsvorschläge aufgezeigt

Tirol sei im Prinzip gut aufgestellt, so der Tenor, doch würden knapp bemessene Personalschlüssel, unbesetzte Stellen und der generell vorherrschende Fachkräftemangel das bestehende Angebot limitieren. Es wäre zudem notwendig, die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten zu verbessern, um etwa die MitarbeiterInnenfluktuation zu reduzieren. Berufsbegleitende Ausbildungen in der Sozialarbeit würden die berufliche Durchlässigkeit erhöhen. Die Politik sei hier gefragt, die nötigen strukturellen sowie finanziellen Rahmenbedingungen zu schaffen.

Zudem wurde angeregt, neue Versorgungskonzepte ins Leben zu rufen – Stichwort mobile Betreuung und Hometreatment. Mit einem niederschwelligen Angebot vor Ort könne man schnell agieren und stationäre Einrichtungen entlasten. Eine Forcierung von Präventionsarbeit in den Schulen, etwa (analog zu den schulärztlichen Untersuchungen) durch schulpsychologische Checks zu Beginn des Schuljahres, die Etablierung von Buddy-Programmen oder die Schulung in Psychischer Erster Hilfe zur Förderung der Resilienz wurden gefordert.

Potential wurde auch in der verstärkten Kommunikation der bestehenden Betreuungseinrichtungen geortet. Vielen Betroffenen sei schlicht nicht bewusst, wann sie sich mit welchen Anliegen an wen wenden könnten. Bei einer im Saal durchgeführten Umfrage gaben von den anwesenden SchülerInnen nur rund die Hälfte an, zu wissen, wer ihre Schulpsychologin bzw. Schulpsychologe sei. Zudem müssten Hemmschwellen abgebaut und Betroffene durch eine offene Gesprächsbasis entstigmatisiert werden.

Ergebnisse fließen in Arbeitspapier für neuen Landtag

 „Die Enquete hat die Erwartungen, die wir als Abgeordnete in sie gesetzt haben, voll erfüllt. Tirol verfügt zwar über ein vielfältiges psychosoziales Angebot für Kinder und Jugendliche, an einigen Stellen hakt es jedoch noch, um eine bestmögliche Versorgung bieten zu können. Dank der regen Beteiligung aller Anwesenden konnten konkrete Handlungsempfehlungen herausgearbeitet werden“, fasste Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann zusammen.

Die Ergebnisse werden nun von Moderatorin und Psychologin Birgit Oberhollenzer thematisch gegliedert und aufbereitet. Anschließend werden sie den in wenigen Wochen angelobten neuen Abgeordneten als Arbeitspapier zur Verfügung gestellt. „Wo die Herausforderungen für unsere Kinder und Jugendlichen liegen, wurde bei der Enquete deutlich aufgezeigt. Jetzt ist die Politik am Zug, zeitnah für Verbesserungen zu sorgen!“ so die beiden Vizepräsidentinnen Sophia Kircher und Stephanie Jicha.

Hier finden Sie die Aufzeichnung der Veranstaltung.