Brüsselreise von LH Mattle zu Themen Transit und Wolfsmanagement

LH Mattle: „Von Großraubtieren bis zum Transit: Tiroler Anliegen müssen auf europäischer Ebene ernst genommen werden“

  • Brüsselreise: Für Tirol dringliche Themen Transit und Herabsetzung Schutzstatus Wolf auf Agenda
  • Treffen mit EU-Kommissar Johannes Hahn, Botschafter Nikolaus Marschik und Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens
  • Ausschuss der Regionen: Tirol fordert Berücksichtigung der Wasserkraft
  • Aktueller Verordnungsentwurf zur „Wiederherstellung der Natur“ für Tirol nicht hinnehmbar

Es waren für Tirol und Südtirol aktuell herausfordernde Themen, die von LH Anton Mattle diese Tage in Brüssel auf die Agenda gebracht wurden: Neben der Teilnahme beim heute stattgefundenen Ausschuss der Regionen (AdR) traf sich Tirols Landeshauptmann gemeinsam mit Südtirols LH Arno Kompatscher mit EU-Kommissar Johannes Hahn sowie Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens. LH Mattle stand auch mit Nikolaus Marschik, Botschafter und Leiter der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel, im Austausch. Zudem fanden sich gestern, Mittwochabend, ExpertInnen und politische VertreterInnen im Tirol-Büro in Brüssel ein, um über das Wolfsmanagement zu diskutieren. Begleitet wurde die Veranstaltung von einer Buchpräsentation zum Thema „Der Wolf im Visier. Konflikte und Lösungsansätze“.

„Es ging dieser Tage einmal mehr darum, gemeinsam mit Weggefährten und Verbündeten den Herausforderungen im Alpenraum auf europäischer Ebene Gehör zu verschaffen – sei es der Umgang mit Großraubtieren oder der überbordende Transitverkehr entlang des Brennerkorridors. Wir lassen keine Chance, kein Treffen und keine Sitzung ungenützt, um auch in Brüssel auf die aktuellen Herausforderungen und Anliegen der Bevölkerung in Tirol und Südtirol hinzuweisen. Für deren Lösung benötigt es jedoch vor allem auch Unterstützung auf europäischer Seite“, so LH Mattle.

Gerade im Hinblick auf eine nachhaltige Lösung für den steigenden Transitverkehr forderte LH Mattle einmal mehr EU-Unterstützung ein. Während die trilateralen Verhandlungen zwischen Österreich, Deutschland und Italien zuletzt durch blockierende Haltungen Italiens geprägt waren, verwies LH Mattle auf das starke Signal der „Kufstein-Erklärung“ zur Umsetzung eines Slot-Systems für LKW in Tirol, Bayern und Südtirol: „Als Regionen haben wir aktiv Bereitschaft gezeigt, gemeinsam an einer nachhaltigen Lösung zum Schutz der Bevölkerung, Natur und Umwelt zu arbeiten. Ein gegenseitiges ‚Mit-dem-Finger-zeigen‘ bringt niemanden weiter – ebenso wenig ein Hin-und-Her von Forderungen und Vorschlägen rund um die Aufhebung von Maßnahmen. Das Risiko für die weitere Zunahme des Transitverkehrs zulasten der Bevölkerung ist zu groß. Um der überdimensionalen Belastung des Brennerkorridors im Vergleich zu anderen Alpenquerungen endlich die Stirn zu bieten, braucht es Unterstützung auf europäischer Ebene – als übergeordnetes Ziel müssen wir gemeinsam an der Verlagerung von der Straße auf die Schiene arbeiten“, pochte LH Mattle bei allen in Brüssel geführten Gesprächen auf die Dringlichkeit von Transitlösungen.

„Oberstes Ziel muss es sein, die Lebensqualität in den Anrainergemeinden, den Umweltschutz und das Funktionieren der Wirtschaft vereinbaren zu können“, sagt auch LH Kompatscher: „Um ein gemeinsames Verkehrsmanagement zu ermöglichen, brauchen wir letztlich einen Staatsvertrag zwischen den drei anliegenden Staaten Italien, Österreich und Deutschland, die derzeit aber leider sehr unterschiedliche Positionen vertreten.“ 

„Brenner ohne Grenzen“ weiterer Schritt zur Transitentlastung

Das LKW-Verkehrsmanagementsystem stellt für LH Mattle „eine echte Chance für die aktive Transitlenkung dar, die zwischen Österreich, Deutschland und Italien nicht ungenutzt bleiben darf“, verweist Tirols Landeshauptmann unter anderem auch auf die von der EU bestehenden Absichtserklärungen: Diese definierte bereits im Jahr 2012 im „Weißbuch des Verkehrs“ das Ziel einer Verkehrsreduktion bis 2050 um 50 Prozent – „wenn wir weitermachen wie bisher, rückt dieses Ziel in weite Ferne“, so LH Mattle. Für ein „Neudenken“ des Verkehrs sei auch der Ausbau der Alternative Bahn wesentlich: „Eine Resolution zum Abbau von Hürden am Brenner bzw. dem grenzüberschreitenden Bahnverkehr haben wir kürzlich an Pat Cox übergeben. Sie beinhaltet konkrete Lösungsansätze, mit denen in einem Pilotprojekt die Fahrtzeit eines Güterzugs zwischen München und Verona bereits um eine Stunde verkürzt werden könnte. Das wäre bereits ein erster Schritt, um den Güterbahnverkehr zu attraktivieren. Aber auch hier braucht es die Unterstützung der EU-Kommission.“

Schutzstatus des Wolfs angesichts Verbreitung nicht nachvollziehbar

Dringlich ist nicht nur die Transitlösung, sondern auch die Herabsetzung des Schutzstatus von Wölfen in der Flora-Fauna-Habitatrichtlinie (FFH).

„Dass wir in Tirol derzeit drei aktive Abschussverordnungen vorliegen haben, ist das Ergebnis von unzureichenden Großraubtier-Regelungsmöglichkeiten auf europäischer Ebene. Wir verfügen in Tirol über eine überaus wertvolle, aber sensible Almwirtschafts- und Landwirtschaftsökologie. Bär und Wolf können diese zerstören. Das kann und darf nicht im Sinne einer zeitgemäßen Politik sein, in der gerade die Regionalität an sich, die regionale Lebensmittelproduktion und der Schutz der Ökologie im Zentrum stehen“, sagt LH Mattle, der zudem betont, dass man mit der seit 1. April geltenden Rechtsgrundlage eine Notmaßnahme zum Schutz der Alm- und Landwirtschaftsökologie in Tirol geschaffen habe.

„Das übergeordnete Ziel bleibt die Senkung des Schutzstatus des Wolfs in der FFH-Richtlinie. Eine Koexistenz zwischen Großraubtieren und der Almwirtschaft ist so nicht möglich. Der Schutzstatus des Wolfs kann im Hinblick auf seine Verbreitung in der jetzigen Form nicht mehr nachvollzogen werden.“ Dem pflichtet auch Südtirol LH Kompatscher bei: „Die Präsenz von Bär und Wolf ist in der heutigen Größenordnung mit dem Leben und Tätigkeit der Bevölkerung in vielen Teilen des Alpenraums nicht mehr vereinbar. Die Europäische Union muss die rechtliche Voraussetzung für die Regionen schaffen, selbst ein echtes Großraubwild-Management verwalten und regulierend eingreifen zu können – natürlich basierend auf belegten Zahlen, Fakten und Methoden.“ Mit einer Herabsetzung des Schutzstatus dieser Tierarten könne die gezielte Entnahme ermöglicht werden – wie es bei anderen geschützten Tierarten bereits der Fall sei.

Tirol jedenfalls habe in Bezug auf Großraubtiere alles rechtlich Mögliche getan: „Jetzt ist die EU am Zug“, betont LH Mattle.

Energie und Wiederherstellung der Natur

Bei den aktuell herausfordernden Themen ist auch die Energie wesentlich. Dass die in Tirol verbreitete Nutzung von Wasserkraft nicht in der energiepolitischen Neuausrichtung „RePower“ der EU berücksichtigt wird, stört LH Mattle: „Wir haben bereits in mehreren Beschlüssen des Ausschusses der Regionen die Wasserkraft als erneuerbare und nachhaltige Energiequelle hervorgehoben. Es ist auffallend, dass Wind- und Solarenergie in der EU stets forciert werden, aber von der effizienten, nachhaltigen und netzstabilisierenden Nutzung der Wasserkraft kaum etwas zu lesen ist. In einem Europa der Regionen müssen die individuellen Bedingungen aller Regionen berücksichtigt werden, weshalb wir nicht müde werden, die Rolle der Wasserkraft in die Beschlüsse hinein zu reklamieren.“

Zudem stand auch die EU-Verordnung über die „Wiederherstellung der Natur“ im Fokus, bei der die EU den Ländern rechtlich verbindliche Ziele zur Wiederherstellung der Natur vorgeben möchte. „Gerade im Ausschuss der Regionen muss eine besondere Achtsamkeit auf die Anliegen der Regionen gelegt werden. Es kann nicht sein, dass in Europa unter dem Deckmantel Naturschutz regionale Gegebenheiten völlig außer Acht gelassen werden können. So werden wir die Bürgerinnen und Bürger sicherlich nicht dafür gewinnen, gemeinsam für ein nachhaltiges Europa zu sorgen“, ist LH Mattle überzeugt. So gibt es aus Sicht Tirols zum aktuellen Entwurf rechtliche Bedenken, unklare Begriffsdefinitionen, unrealistische Zeitpläne, unverhältnismäßige Zielvorgaben und potenzielle Kompetenzkonflikte.