„Fahrplan“ für besseren Schienenverkehr über den Brenner

Landesregierungen von Tirol und Südtirol beschließen Resolution für mehr und einfacheren grenzüberschreitenden Schienenverkehr

  • Unternehmen mit Verlagerungspotenzial sollen unterstützt werden
  • Grenzaufenthalte von Güterzügen sollen bis 2030 nicht mehr notwendig sein
  • Mehr Auslastung der ROLA durch einheitliche Wagenzahl
  • Durchgehender Personennahverkehr über den Brenner durch neue Zuggarnituren

„Tirol und Südtirol sind sich einig, dass eine nachhaltige Lösung für den Brennerkorridor nur durch die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene und durch die Verbesserung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs erreicht werden kann. Die nun beschlossene Vereinbarung zwischen Tirol und Südtirol legt weitere konkrete Ziele und Maßnahmen fest“, übergaben LH Anton Mattle und LR René Zumtobel eine unterzeichnete Resolution gestern, Dienstag, an den in der EU für den Skandinavien-Mittelmeer-Korridor zuständigen Koordinator Pat Cox. Dieselbe Resolution wurde zeitgleich von der Südtiroler Landesregierung beschlossen und fußt auf dem Pilotprojekt „Brenner ohne Grenzen“, das von der Tiroler Europaabgeordneten Barbara Thaler initiiert wurde.

Weniger Lkw auf der Straße durch mehr Verlagerung auf die Schiene

Die von den Ländern Tirol und Südtirol gemeinschaftlich erarbeitete Resolution sieht unter anderem vor, dass regionale Transport- und Wirtschaftsunternehmen bei der Umsetzung von Verlagerungsprojekten noch mehr Unterstützung erhalten sollen. „Die Schiene ist die Zukunft. Nur mit einer aktiven Verlagerungspolitik können wir die massive Transitbelastung entlang des Brennerkorridors eindämmen. Große Veränderungen fangen oft im Kleinen an. Verlagerungsberaterinnen und -berater, genannt ‚Railcoaches‘, sollen künftig zwischen Wirtschaft, Bahn, Gemeinden und FördergeberInnen vermitteln. Damit machen wir den Umstieg auf die Schiene für Unternehmen noch leichter. In Tirol und Südtirol gibt es viele Produzentinnen und Produzenten mit Verlagerungspotenzial. Wir möchten deshalb alles unternehmen, damit mehr Unternehmen den Schritt auf die Schienen wagen“, so LH Mattle.

Digitalisierung der Transportdokumente und einheitliche ROLA-Wagenanzahl von 23

Vor allem forcieren Tirol und Südtirol in der Resolution eine zeitliche Reduktion der Grenzaufenthalte von Güterzügen am Brenner – die Zuständigkeit liegt bei den Nationalstaaten. Dennoch gilt für LH Mattle und LR Zumtobel: Die Grenzaufenthalte sollen bis Ende 2025 maximal eine halbe Stunde betragen und bis Ende 2030 komplett entfallen. Dazu ist es unter anderem notwendig, die Digitalisierung der Transportdokumente grenzüberschreitend voranzutreiben. „Da auch künftig nicht alle Güter mit einem Kran vom Lkw auf die Bahn verladen werden können gilt es auch, die Rollende Landstraße (ROLA) bis zur Inbetriebnahme des Brenner-Basistunnels weiter zu stärken. Während in Österreich 23 Wägen als ROLA-Zug erlaubt sind, sind es in Italien am Brennerkorridor aktuell nur 21. Noch im Laufe des heurigen Jahres wollen wir erreichen, dass für beide Länder 23 Wagen möglich sind und wir damit die Strecke Wörgl-Trient besser auslasten“, sagt LR Zumtobel. Wie zwischen Deutschland und Österreich bereits möglich, sollen in Zukunft auch Fernverkehrszüge ohne Halt den Brenner passieren. Dazu sind umfassende Anpassungen bei der Technik und den geltenden Vorschriften notwendig, die noch vor der Eröffnung des Brenner-Basistunnels erfolgen müssen.

Verbesserungen im Personennahverkehr durch neue Zuggarnituren

Bis zum Fahrplanwechsel 2027 gelte es zudem, eine durchgehende Regionalverbindung im Halbstundentakt zwischen Innsbruck und Bozen zu realisieren. Durch neue moderne Mehrsystemzüge, für die die unterschiedlichen Netzspannungen der beiden Länder keine Hürde mehr sind, soll der längere Halt und das Umsteigen an der Grenze entfallen. „Eines der drei so oft zitierten ‚V‘s‘ bei der Umstellung auf einen nachhaltigen Verkehr steht neben Vermeiden und Verlagern für Verbessern. Insbesondere im grenzüberschreitenden Verkehr gibt es aktuell noch viele Hürden – auch auf technischer Seite durch unterschiedliche Bahnsysteme in Österreich und Italien. Die Bestellung der neuen Zuggarnituren wird schon bald erfolgen – ein weiterer Meilenstein im internationalen Öffi-Verkehr zwischen Tirol und Südtirol“, freut sich LR Zumtobel.

Auch auf EU-Ebene werden Schritte gefordert

Auf europäischer Ebene und in enger Zusammenarbeit verschiedener Regionen gibt es Projekte und Arbeitsgruppen, die sich dem Thema Schienenverkehr am Brennerkorridor widmen. Das EU-TEN-Projekt SCAN MED CORRIDOR (Skandinavien-Mittelmeer-Korridor) sieht den massiven Ausbau der Bahnverbindungen zwischen Skandinavien und Süditalien vor. Die Resolution von Tirol und Südtirol soll nun die Weichen für einen raschen Fortschritt im Gebiet der beiden Länder stellen: „Es stehen in naher Zukunft notwendige Sanierungsarbeiten auf der Brennerautobahn - nördlich und südlich des Brenners - an, die die Kapazitäten auf der Straße merklich einschränken werden. Daher ist es umso wichtiger, am Kapazitätsausbau auf der Schiene zu arbeiten. Wir werden unsere Forderungen entsprechend der Vereinbarung an die zuständige Ministerin richten, sodass wir die gesteckten Ziele in guter Abstimmung mit dem Bund und der ÖBB erreichen werden“, sind LH Mattle und LR Zumtobel überzeugt. "Neben dem tatsächlichen Aufbau der Infrastruktur, muss unser Augenmerk mehr und mehr auf den Abbau der bürokratischen Hürden gelegt werden. Hier kann mit verhältnismäßig wenig Mitteleinsatz sehr viel und sehr schnell verbessert werden. Die Europäisierung der Schiene, nach dem Vorbild der Straße und der Luftfahrt, ist eine wesentliche Stellschraube an der man drehen muss. Solange die Schiene national bleibt, solange wird sie nicht grenzüberschreitend funktionieren“, ergänzt die Tiroler Abgeordnete zum Europäischen Parlament, Barbara Thaler.