Förderprojekt stellt weiteren Meilenstein für Quantenphysik in Tirol in Aussicht

Land Tirol fördert Projekt der experimentellen Quantenphysik mit 77.000 Euro

  • Projekt erforscht neuartige Quelle von Quantenmaterie durch ultrakalte Gase
  • Universität Innsbruck seit den 90er Jahren federführend in der Quantenphysik

Die Innsbrucker Quantenphysik hat sich seit den 90er Jahren zu einem der Aushängeschilder der Universität Innsbruck sowie des Forschungsstandorts Tirol entwickelt. Dabei konnten viele bahnbrechende Forschungsresultate im Bereich der modernen theoretischen und experimentellen Physik in Innsbruck erzielt werden: beispielsweise das Konzept des Quantencomputers und die Realisierung der Quantenverschränkung – sprich, dass zwei räumlich voneinander getrennte Teilchen Informationen über ihre Eigenschaften ohne Zeitverzögerung austauschen können. Die frühen Arbeiten aus den 90er Jahren zur Quantenverschränkung sind bereits mit dem Nobelpreis für Anton Zeilinger im Jahr 2022 gewürdigt worden. Auf Antrag von Wissenschaftslandesrätin Cornelia Hagele werden für ein Projekt zur Forschung an ultrakalten Quantengasen der Universität Innsbruck bis 2025 insgesamt rund 77.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Tirol bei weltweitem Wettlauf mit dabei

Die Entwicklung dieser neuartigen Quelle von Quantenmaterie auf Basis des Bose-Einstein-Kondensats (BEC) für die künftige Forschung stellt einen weiteren Meilenstein in der Quantenphysik dar. Unter Gruppen an Top-Forschungsinstitutionen, insbesondere in den USA, Deutschland und England, unter anderem am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der Princeton University, findet derzeit weltweit ein Wettlauf statt, welche Forschungsgruppe das erste wechselwirkende molekulare BEC erzeugen wird. „Mit dem hochgradig innovativen Forschungsprojekt zeigt die Universität Innsbruck und vor allem das Institut für Experimentalphysik unter der Leitung von Hanns-Christoph Nägerl einmal mehr den exzellenten Status, den die Innsbrucker Quantenphysik im internationalen Vergleich innehat“, betont LRin Hagele.

Experimentelle Spitzenforschung in Tirol

Im Rahmen des Projekts wird eine neue Experimentierplattform aufgebaut, die auf solchen molekularen Bose-Einstein-Kondensaten basiert. Eine Plattform für Quantensimulation ist eine Art Experimentieraufbau, der es WissenschaftlerInnen ermöglicht, die komplexen Eigenschaften zu untersuchen und zu verstehen. In den letzten zwei Jahrzehnten ist die Innsbrucker Physik federführend bei der Entwicklung solcher experimentellen Quantensimulationsplattformen gewesen.

Das Bose-Einstein-Kondensat ist ein extremer Aggregatzustand eines Systems: Kommt eine Gruppe von superkalten Atomen zusammen, die so kalt sind, dass sie sich nicht mehr voneinander unterscheiden lassen, verhalten sie sich wie ein Kollektiv, das sich gemeinsam bewegt. Diese kollektiven Atome verhalten sich dann ähnlich wie Lichtteilchen in einem Laser – aber anstelle von Lichtstrahlen werden Atomstrahlen erzeugt. Die Plattformen verwenden verschiedene physikalische Systeme, wie zum Beispiel einzelne Atome, Ionen oder wie in dem aktuellen Projekt der Universität Innsbruck ultrakalte Gase, die nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt wurden, um Quanteneffekte zu demonstrieren und zu kontrollieren.

Über das Institut für Experimentalphysik Innsbruck

Am Institut für Experimentalphysik wird experimentell auf vielen Gebieten geforscht, darunter Quanteninformation, Spektroskopie, Quantenoptik, kalte Atome, Quantengase, Festkörperphysik, Photonik und supraleitende Quantenschaltkreise. „Derzeit wird an der konkreten Realisierung eines Quantencomputers und an der Implementierung von Quantensimulationsprotokollen geforscht. Bei ersterem handelt es sich um eine neuartige Methode, um komplizierte Berechnungen quantenphysikalisch auszuführen und damit in wichtigen Fällen überhaupt erst durchführbar zu machen. Im Falle von letzterem gilt es, quantenphysikalische Prozesse, die nicht verstanden sind bzw. theoretisch aufgrund ihrer Komplexität nicht berechnet werden können, auf einem realen experimentellen Simulator quantenphysikalisch zu simulieren und damit begreifbar zu machen“, erläutert Rainer Blatt, Professor für Experimentalphysik, bei einem Besuch am Institut.