Studie des Tiroler Monitoringausschusses zu selbstbestimmtem Wohnen

Dies ist eine Aussendung des unabhängigen Tiroler Monitoringausschusses

  • Internationaler Tag der Menschen mit Behinderungen am 3. Dezember
  • Monitoringausschuss gab Studie zum Wohnalltag von Menschen mit und ohne Behinderungen in Auftrag
  • Ergebnisse zeigen vielfältige Einschränkungen bei Wahlfreiheit von Menschen mit Behinderungen

Am Sonntag, den 3. Dezember, findet der alljährliche Internationale Tag der Menschen mit Behinderungen statt. Die Vereinten Nationen haben ihn ins Leben gerufen, um das Bewusstsein für die Belange von Menschen mit Behinderungen zu schärfen und die Inklusion in allen Lebensbereichen zu fördern. Speziell im Bereich des Wohnens identifiziert der Tiroler Monitoringausschuss zur Förderung, zum Schutz und zur Überwachung der UN-Behindertenrechtskonvention Barrieren im Sinne eines selbstbestimmten Lebens für Menschen mit Behinderungen. So verfasste er bereits drei ausführliche Stellungnahmen, die die fehlende Barrierefreiheit und die fehlenden Wahlmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen im Zusammenhang mit dem Wohnen aufzeigen. Eine in Auftrag gegebene Studie, die nun vorliegt, beschäftigt sich mit dem Wohnalltag von Menschen mit und ohne Behinderungen in Tirol.

„Wir haben die Studie in Auftrag gegeben, um die Anwendung unserer Handreichung für ein selbstbestimmtes und inklusives Wohnen in der Praxis zu überprüfen. Die Ergebnisse zeigen einmal mehr: Es besteht ein dringender Handlungsbedarf auf verschiedenen Ebenen, um die in der UN-Behindertenrechtskonvention verankerten Rechte auf ein selbstbestimmtes Leben in Tirol zu ermöglichen“, betont Vorsitzende Isolde Kafka. Bereits im Sommer wurden bei der kombinierten zweiten und dritten Staatenprüfung Österreichs des Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen der Vereinten Nationen strengere Bestimmungen beim barrierefreien Wohnungsbau in Tirol gefordert. Darüber hinaus soll es für Menschen mit Behinderungen ein einklagbares Recht auf selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft geben.

Menschen mit Behinderungen können sich nicht aussuchen, mit wem sie zusammenleben

Die explorative Studie wurde von der freiberuflichen Sozialwissenschaftlerin Petra Flieger durchgeführt. In Interviews wurden Frauen und Männern mit und ohne Behinderungen dieselben Fragen gestellt. Die Ergebnisse deuten auf wesentliche Unterschiede in Bezug auf selbstbestimmtes Wohnen hin. „Die befragten Personen ohne Behinderungen, die nicht alleine leben, gaben alle an, mit Familienangehörigen zusammenzuwohnen und sich dies selbst ausgesucht zu haben. Das war bei keiner der befragten Personen mit Behinderungen der Fall – sie wohnen alle mit anderen Personen mit Behinderungen zusammen und konnten sich ihre Mitbewohnerinnen und Mitbewohner in den meisten Fällen nicht aussuchen. Darüber hinaus bestätigen die Ergebnisse neuerlich, dass das Recht auf eine selbstbestimmte Sexualität und das Leben von Partnerschaft für Frauen und Männer mit Behinderungen stark eingeschränkt sind“, fasst Petra Flieger die Ergebnisse der Studie zusammen.

Vor allem für Menschen mit Behinderungen, die in Wohneinrichtungen leben, sei der Alltag daher deutlich stärker durch Fremdbestimmung geprägt. Dies betrifft beispielsweise die Erstellung des Speiseplans genauso wie die Freizeit- und Urlaubsplanung.

Unterstützungsleistungen sind an Wohnort gekoppelt

Problematisch sieht Petra Flieger die direkte Koppelung von Unterstützungsleistungen an den Wohnort. „Für individuelle, den Interessen und Bedürfnissen der einzelnen Personen entsprechende Freizeit- und andere Aktivitäten außerhalb der Einrichtungen gibt es oft keine Hilfestellung. Das verstärkt die Abhängigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner und erhöht den Anpassungsdruck.“

Für den Tiroler Monitoringausschuss sind die Ergebnisse der Studie ein wichtiger Auftrag zur Weiterarbeit. „Selbstbestimmtes Wohnen ist ein zentrales Menschenrecht. Dazu braucht es eine zentrale Strategie für den systematischen Abbau aller Barrieren und konkrete Schritte zu einer tatsächlichen Deinstitutionalisierung, wie sie von der UNO gefordert wird“, resümiert Isolde Kafka.

Die Ergebnisse der Studie sowie die Stellungnahmen des Tiroler Monitoringausschusses sind auf der Website des Monitoringausschusses unter Veröffentlichungen des Monitoringausschusses - Bauen und Wohnen nachzulesen.