Tiroler Monitoringausschuss befasste sich mit der psychosozialen und sozialpsychiatrischen Versorgung in Tirol

Eine Presseaussendung des unabhängigen Tiroler Monitoringausschusses

  • Umfangreiche Stellungnahme beinhaltet zwölf Empfehlungen
  • Neue Wege der medizinischen Behandlung und Nachsorge von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen notwendig
  • Sensibilisierungs- und Bewusstseinsbildung sowie präventive Maßnahmen zur Förderung der psychischen Gesundheit sind essentiell

„Die Unterstützung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist dem Tiroler Monitoringausschuss ein großes Anliegen“, betont Isolde Kafka, Vorsitzende des Tiroler Monitoringausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Neben den Themen Wohnen und Corona war die Versorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen eine zentrale Fragestellung in den Beratungen der vergangenen Jahre. „Der Tiroler Monitoringausschuss hat dazu nun eine umfassende Stellungnahme verfasst – diese bezieht auch die Entwicklungen der vergangenen zwei Jahre und damit die Auswirkungen der Pandemie auf Menschen mit Behinderungen mit ein“, berichtet Kafka.

Die bisher umfangreichste Stellungnahme des Monitoringausschusses mit dem Titel „Psychosoziale und sozialpsychiatrische Versorgung in Tirol“ beinhaltet zwölf Empfehlungen und stellt die Umsetzung dieser Empfehlungen in der Praxis dar. „Wenn es um die Versorgung von Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen geht, braucht es zuallererst Bewusstseinsbildung, Entstigmatisierung und den Willen, neue Wege zu gehen. Denn die Betroffenen brauchen neue Wege der medizinischen Behandlung und Nachsorge. Sie wollen Arbeit, sie wollen ernst genommen werden und sie wollen nicht ständig dem Druck der Gesellschaft ausgesetzt sein, in vorgefasste Normen und Rollen passen zu müssen“, stellt Kafka klar.

Tatsache ist: viele Menschen sind im Laufe ihres Lebens von einer psychischen Erkrankung betroffen oder haben Betroffene in ihrem Verwandten- oder Bekanntenkreis. „Nichtsdestotrotz gibt es immer noch erschreckend viel Unkenntnis über und Ängste vor dieser Beeinträchtigung. Aufklärungsarbeit ist daher das A und O, um Vorurteile auszuräumen. Gleichzeitig müssen präventive Maßnahmen zum Erhalt der psychischen Gesundheit gesetzt werden“, erläutert Kafka eine der Empfehlungen des Monitoringausschusses.

Neue Formen der Versorgung notwendig

„Zwang, Gewalt und übermäßige Medikamentengabe haben in der Psychiatrie nichts verloren“, stellt Kafka klar. Vielmehr müsse weiterhin ein Fokus auf neue Formen der Versorgung gelegt werden, wobei gerade der gemeindenahen Versorgung eine große Rolle zukommen solle. Innovative Beispiele aus der Praxis gibt es genug. „Eine zukunftsweisende Psychiatrie muss sich mit neuen Konzepten auseinandersetzen“, ist Kafka überzeugt und verweist in diesem Zusammenhang auf die Abschnitte 3 bis 5 der Stellungnahme, die neue Wege in der Psychiatrie auch in Tirol aufzeigen.

Die Stellungnahme des Tiroler Monitoringausschusses beleuchtet und bearbeitet das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln – daher kommen darin auch Betroffene, Interessensvertretungen, Peers aber auch ÄrztInnen zu Wort. „Wir hoffen, mit dieser Stellungnahme allen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, aber auch Behandlungs- und Unterstützungspersonen sowie Dienstleistern eine wichtige Grundlage für eine positive/nachhaltige Entwicklung der psychosozialen und sozialpsychiatrischen Versorgung in Tirol im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention in die Hände gelegt zu haben“, spricht Isolde Kafka für die Mitglieder des Monitoringausschusses.

 

Die zwölf Empfehlungen der Stellungnahme „Psychosoziale und sozialpsychiatrische Versorgung in Tirol – wohin?“

  1. Barrieren abschaffen – Bewusstsein schaffen
  2. Gesundheitsfördernde Wohnsituationen schaffen
  3. Ausbau von gemeindenahmen Hilfs- und Unterstützungsangeboten
  4. Information und Zusammenarbeit aller AkteurInnen
  5. Förderung von Unterstützungsstrukturen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention – Deinstutionalisierungsstrategien
  6. Die medizinische Behandlung muss neue Wege gehen – soziales Modell, Recovery-Konzept, Selbstermächtigung/Selbstbestimmung
  7. Ausbau, gesetzliche und faktische Verankerung sowie Anerkennung von Peerarbeit
  8. Ausbau von Mitsprecherechten für und Respekt gegenüber Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen
  9. Einführung eines professionellen Entlassungsmanagements mit gesicherter Nachsorge
  10. Arbeit für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen
  11. Angemessene Vorkehrungen bei Mehrfachdiagnosen
  12. Beachtung der Situation von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Beeinträchtigungen

 

Die Stellungnahme „Psychosoziale und sozialpsychiatrische Versorgung in Tirol – wohin?“ ist unter www.tirol.gv.at/tiroler-monitoringausschuss/stellungnahmen abrufbar.