Artenschutz

Vielfältige Projekte zum Schutz seltener Tier- und Pflanzenarten in Tirol

  • Tag des Artenschutzes am 3. März
  • Land Tirol fördert Erhalt von Flora und Fauna
  • Zahlreiche Projekte in den Tiroler Naturparken und im Nationalpark Hohe Tauern

Tirols einzigartige Landschaft mit Bergen, Tälern und Flüssen im Zentrum der Alpen bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Doch die Topografie des Landes mit einem begrenzten Raum für Natur auf der einen und Besiedelung, landwirtschaftlicher Nutzung und Infrastruktur auf der anderen Seite sowie klimatische Veränderungen bedeuten auch häufig einen Rückgang der Arten. Damit die Artenvielfalt erhalten bleibt und die einzigartige Flora und Fauna geschützt wird, werden bereits seit Jahrzehnten zahlreiche Maßnahmen vonseiten des Landes umgesetzt und unterstützt.

Mit fünf Naturparken und dem Nationalpark Hohe Tauern sowie zahlreichen weiteren Schutzgebieten – wie Natura 2000, Ruhegebiete, Landschaftsschutzgebiete und vielem mehr – sind aktuell rund 27 Prozent der Fläche Tirols geschützt. „Ob Säugetiere, Vögel, Fische oder Pflanzen – die Bedeutung jeder einzelnen Art muss anerkannt werden. Denn die Natur ist ein Kreislauf, der auch durch geringe Beeinflussungen wie dem Wegfallen einer Tier- oder Pflanzenart, aus dem Gleichgewicht geraten kann“, weiß Naturschutzlandesrat René Zumtobel.

Neben regionalen Maßnahmen ist jedoch auch ein Blick über die Landesgrenzen notwendig. In Tirol setzt man dabei auf internationale Zusammenarbeit, um die weltweiten Bestände an bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu ermitteln und zu verfolgen. Vonseiten des Landes gibt es außerdem eigene Beauftragte für Biber, Amphibien, Fledermäuse und Wiesenvögel, die die Bestände überwachen, Maßnahmen zum Schutz der Arten vorantreiben und mit Rat und Tat zur Seite stehen.

„Weltweit sterben täglich rund 150 Arten aus. Schuld daran sind zu einem großen Teil wir Menschen. Dabei bedrohen wir damit nicht nur die Tier- und Pflanzenarten selbst, sondern letztlich auch unsere eigenen Lebensgrundlagen. Ich bin daher von der immensen Bedeutung des Artenschutzes überzeugt. Neben politischen Maßnahmen wie der Schaffung weiterer Schutzgebiete und der Förderung von Artenschutzprojekten braucht es auch das Engagement der Gesellschaft. Viele Menschen engagieren sich bereits und ich appelliere an jede und jeden, selbst einen Beitrag zu leisten. Das kann schon eine kleine Blumenwiese im Garten als Lebens- und Nahrungsraum für Insekten sein oder eine Brutmöglichkeit für Vögel. Ob im Rahmen großer Naturschutzprojekte oder im privaten Bereich – mein Dank gilt all jenen, die sich für den Artenschutz einsetzen“, so Zumtobel.


 

Naturpark Karwendel: Von Uhu bis Trompetenmoos

Artenschutz hat im Naturpark Karwendel eine lange Tradition. Bereits 1996 gab es beispielsweise erste Schutzmaßnahmen für den störempfindlichen Flussuferläufer (Kiesbankbrüter) im Rißtal. 2020 hat der Naturpark Karwendel gemeinsam mit der Universität Innsbruck eine umfassende Artenschutzstudie für das Karwendel erstellt. Darin wurden aus 341 Arten 24 als prioritär eingestuft, für die der Naturpark nun spezielle Maßnahmen umsetzen will. Darunter sind bekannte Tierarten wie der Uhu, der in mehreren talnahen Felswänden brütet, aber auch extrem seltene und eher unbekannte Pflanzenarten wie Rudolphis Trompetenmoose, das weltweit am Großen Ahornboden die größte Population besitzt. Die getroffenen Schutzmaßnahmen reichen der Besucherlenkung für Kletterer zum Schutz des Uhus bis zum Düngeverzicht in Kooperation mit der Almwirtschaft in der unmittelbaren Umgebung der Moose. „Durch konkrete Schutzmaßnahmen für diese 24 Arten schützen wir auch zahlreiche andere Arten, die den gleichen sensiblen Lebensräum bewohnen. „Diese Arten bilden also einen Schutzschirm für ganze Artengemeinschaften“, erklärt Hermann Sonntag, Geschäftsführer des Naturpark Karwendel

Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen: Schluchtwälder und Froschleitern

Die „Glocke“ ist ein alpenweit einzigartiger Schluchtwald im Bereich der Tuxbachklamm und Heimat des Smaragdgrünen Regenwurms. Um diesen Lebensraum zu erhalten wurden und werden im Hochgebirgs-Naturpark Zillertaler Alpen zahlreiche Maßnahmen gesetzt: So wurden im letzten Jahr wieder Fichten aus dem eigentlichen Laubmischwald entfernt, Maßnahmen zur Einhaltung des geltenden Radfahrverbots gesetzt und Pflanzaktionen durchgeführt, um die ursprüngliche Fauna zu stärken. Besonderes Highlight war die bodenschonende Entfernung gefällter Bäume mit einem Rückpferd. Auch im heurigen Jahr wird weiter an diesem großen Artenschutzprojekt gearbeitet.
Ein echtes Paradies für Amphibien ist das Stilluptal – eines der wasserreichsten Seitentäler des hinteren Zillertal. Damit sich Almwirtschaft und Artenschutz nicht im Weg stehen, wurde letztes Jahr damit begonnen, „Aufstiegshilfen“ für Frösche, Kröten und Co in Weiderosten zu installieren. „Bisher waren die Weideroste und ihre Auffangbecken leider oft tödliche Fallen für Amphibien und kleine Wirbeltiere. Mit den nun installierten Aufstiegshilfen gelangen sie wieder in die Freiheit. Aktuell gibt es bereits zehn solcher Kleintierleitern und es hat sich gezeigt, wie wirkungsvoll diese Methode ist. Wir werden heuer in einem anderen Seitental weitere Leitern montieren“, berichtet Geschäftsführer Willi Seifert.

Naturpark Kaunergrat: Das Piller Moor als wichtiger Lebensraum

Das 1,5 Hektar große Piller Moor bildet die größte zusammenhängende Moorfläche im Naturpark Kaunergrat. Der nördliche Teil des Moors wurde bis zum Ende der 1960er-Jahre zum Torfabbau genutzt. Die vom Abbau verschonten Bereiche sind seit 1971 als Naturdenkmal geschützt. Mit der Gründung des Naturparks wurden seither laufend Maßnahmen zur Besucherlenkung und zur Renaturierung gesetzt. Im Jahr 2022 starteten viele fleißige Hände mit der Renaturierung eines weiteren Abschnitts. Dabei wurden wasserführende Gräben, die früher der Entwässerung des Moores dienten, mit Spundwänden aus Holz und Torfziegeln verschlossen. So wird das Wasser zurückgehalten und der ausgetrocknete Torfköper reichert sich wieder mit Wasser an. Langfristig wird auf diese Weise die Torfbildung wieder in Gang gebracht. Nicht weniger aufwendig war es, bereits verwaldete Bereiche wieder aufzulockern und typische Strukturen für den Lebensraum von seltenen Schmetterlingsarten, Libellen, Spinnen und typischen Pflanzen wie dem Wollgras zu schaffen.

Im heurigen Jahr geht die Renaturierung weiter: Zusätzliche Gräben sollen geschlossen und weitere Moorbereiche entbuscht werden. „Die herausragende Bedeutung von noch existierenden Mooren kommt daher, dass sie letzte Rückzugsgebiete für sehr spezialisierte Tier- und Pflanzenarten sind, wie etwa dem wie dem Rundblättrigen Sonnentau. Mit unseren Renaturierungsbemühungen sichern wir das Vorkommen dieser seltengewordenen Arten in unserem Schutzgebiet, erklärt Ernst Partl, Geschäftsführer des Naturparks Kaunergrat.

Naturpark Ötztal: Kleiner Schmetterling ganz groß

Ein Relikt aus der Eiszeit ist der zwischen drei und vier Zentimeter große Matterhorn-Bärenspinner. Dieser seltene Schmetterling lebt in hochalpinen, vegetationsarmen Lebensräumen und ist nur noch selten zu finden – auch im Naturpark Ötztal, wo er vereinzelt im Bereich der höchsten Gipfel rund um Vent vorkommt. „Der Falter ist eine geschützte Tierart und durch die fortschreitende Klimaveränderung akut bedroht“, weiß der Geschäftsführer des Naturpark Ötztal, Thomas Schmarda. „Als Klimaflüchtling muss sich der Falter immer weiter in die Höhe zurückziehen, der Lebensraum schrumpft. Die Weibchen sind flugunfähig und somit ist die Art nicht mobil genug, um sich schneller und weiter zu verbreiten. Die Entwicklung vom Ei zum erwachsenen Falter kann manchmal bis zu drei Jahre dauern, denn die Sommer im hochalpinen Gelände sind kurz“, erklärt Schmarda. Im Naturpark Ötztal wird ein entsprechendes Monitoring betrieben, um die Verbreitung und Entwicklung dieser sehr sensiblen Art zu dokumentieren.

Nationalpark Hohe Tauern: Dem Schneehuhn auf der Spur

Das Alpenschneehuhn ist eine Vogelart, die man als Mensch nur selten zu Gesicht bekommt. Für den Nationalpark Hohe Tauern hat diese für den Klimawandel besonders anfällige und sensible Art jedoch große Priorität. Auch wenn das Alpenschneehuhn von der Weltnaturschutzunion (IUCN) aktuell nicht als gefährdete Tierart eingestuft wird, könnte sich der potenzielle Lebensraum der Vögel in den nächsten Jahrzehnten aufgrund der höheren Durchschnittstemperaturen drastisch verkleinern, die Tiere müssen immer höhere Gebiete aufsuchen. Mit einem eigenen Monitoringprojekt möchte man nun mehr über das Vorkommen der seltenen Vögel erfahren: „Über die genauen Zusammenhänge von Klimaveränderungen und der Schneehuhn-Population ist noch zu wenig bekannt. Wir wissen auch nicht, wie viele dieser Tiere im Nationalpark leben. Bis 2026 läuft daher noch unser umfassendes Monitoring, das uns wichtige Daten liefern wird“, erklärt der Tiroler Nationalparkdirektor Hermann Stotter. In ausgewählten Referenzgebieten, die in unterschiedlichem Ausmaß von „Störungen“, also menschlichen Faktoren, beeinflusst werden, wird seit 2022 nach streng festgelegten Parametern die Dichte an Hähnen ermittelt. Das Monitoring erfolgt einerseits akustisch über Rufnachweise und andererseits optisch über Sichtungen. Die gesammelten Daten bilden die Grundlage für weitere Schutzmaßnahmen des Alpenschneehuhns.

Naturpark Tiroler Lech: Artenvielfalt am Fluss

Insgesamt 13 flussbauliche Maßnahmen und zahlreiche Artenschutzmaßnahmen konnten im Rahmen des LIFE Lech-Projekts „Dynamic River System Lech“ mit Ende 2022 abgeschlossen werden. Dabei wurden unter anderem 38 neue Laichgewässer für Amphibien geschaffen – darunter auch die Kreuzkröte, die weiterhin im Fokus des Naturparks steht. Zudem setzt man am Lech auf den Schutz der bedrohten Tagfalterart „Wald-Wiesenvögelchen“. Sowohl Kröte als auch Schmetterling sind vom Aussterben bedroht und kommen fast nur noch am Lech vor. Arten wie die Kreuzkröte, das Wald-Wiesenvögelchen und andere Tierarten benötigen vegetationsarme Flächen mit natürlicher Flussdynamik. „Den Auenlebensräumen des Tiroler Lech kommt eine wichtige Rolle zu. Selten gewordene Wildflusssystem sind wichtige Lebensräume für seltene Arten. Der Erhalt der Landschaft trägt somit wesentlich zur Artenvielfalt bei“, weiß Isabella Hilti, Geschäftsführerin des Naturparks.